Alasea 03 - Das Buch der Rache
Es scheint fast, mein Traum von damals ist doch wahr.« Er hob den Stab hoch, und kleine Dunkelfeuerflammen loderten über die Oberfläche. »Vielleicht war es doch ein Gewebe.«
»Das haben wir doch alles schon mit Flint und Moris beratschlagt. Warum fängst du nun wieder damit an? Willst du mir Angst einjagen?«
Joachs Augen wurden hart. »Ja, Elena. Genau das will ich.«
Elena wollte sich gerade wegdrehen und ihren Bruder mit einer Handbewegung abweisen, da griff Joach nach ihrem Arm. »Hör mir zu«, flüsterte er. »Ich sage dir das…. weil… weil…« Er warf einen Blick übers Deck, um sicherzugehen, dass niemand ihm zuhörte. »Weil ich gerade vorhin in meiner Koje lag, um mich auszuruhen… als ich diesen Traum noch einmal träumte. Denselben Traum! Der Wyvern griff an. Mit einem Blitz aus meinem Stab jagte ich ihn fort. Er’ril versperrte uns den Fluchtweg vom Turm und kam mit Blutgier in den Augen auf uns zu.«
Elena schüttelte den Kopf. »Nein…«
Joach drückte ihren Arm. »Nimm dich zumindest vor ihm in Acht. Um mehr bitte ich dich nicht!« Dann ließ er sie los.
Noch bevor Elena antworten konnte, ertönte ein lauter Ruf vom Heck des Schiffes. Es war Flint. Er stand am Ruder und deutete nach vorn. »Der Eingang zur Grotte! Wir sind gleich da! Holt eure Sachen, und haltet euch bereit. Wir gehen bald von Bord!«
Elena machte einen Schritt zum Bug. Sie wollte sich die Grotte ansehen, aber Joach hielt sie zurück. »Elena?«
Sie konnte ihm nicht in die Augen blicken. »Ich weiß, Joach. Ich werde vorsichtig sein.« Sie ballte die Hand zur Faust und fixierte den Rauch, der in der Ferne über der Insel A’loatal schwebte. »Aber wenn Er’ril mit einem Bann belegt ist, dann werden sie alle dafür bezahlen, dann werde ich die Insel in Trümmer legen.«
Joach schreckte vor dieser Rücksichtslosigkeit zurück.
Aber die Schwester achtete nicht auf seinen verstörten Gesichtsausdruck. So weh es ihr auch tat, sie wusste, dass Joach Recht hatte. Wenn Merik sie verraten konnte, warum dann nicht auch die anderen? War nicht Tante Mikela mit Kral und den Gestaltwandlern ebenfalls einfach fortgegangen? Elena drehte sich um und betrachtete die Gefährten. Wem konnte sie im bevorstehenden Kampf noch trauen? Tol’chuk stand mit verdrießlichem Gesichtsausdruck da, verloren in seinem eigenen Gram. Mama Freda kannte sie kaum. Selbst der zuverlässige Flint war nur ein Mensch; er konnte einer Täuschung erliegen oder unter der Gewalt eines anderen stehen, so wie Joach Greschym hörig gewesen war. Und was war mit ihrem eigenen Bruder? Sie betrachtete Joach aus den Augenwinkeln, während er den Stab herumschwang, der ihre Eltern getötet hatte. Wann würde die schwarze Magik die Oberhand über ihn gewinnen?
Mit einem Kopfschütteln wandte sich Elena ab. Sie stellte sich Er’rils Gesicht und seine ruhigen, grauen Augen vor. Ein kleiner Teil ihres Herzens starb in ihrer Brust. Sie konnte es sich nun nicht mehr erlauben, das verängstigte Kind zu sein, das stets allen vertraute. In Zukunft würde sie ihrer Umwelt gegenüber misstrauischer sein müssen.
Elena warf einen letzten Blick in den dunklen Himmel über A’loatal. »Es tut mir Leid, Er’ril.«
Joach sah Elena hinterher, die übers Deck schritt. Er wusste, dass seine Worte sie verletzt hatten, aber er hatte nicht anders gekonnt, er hatte es ihr sagen müssen. Sie mussten jetzt sehr vorsichtig sein. Äußerlich wirkte sie zwar wie eine erwachsene Frau, doch Joach hatte in ihr immer noch etwas von der großäugigen kleinen Schwester gesehen. Nun aber, da er Elena fortgehen sah, wusste er, dass das nicht mehr stimmte. Das Kind in ihr und damit ihre Unschuld war fort. Elena hatte sich jetzt auch innerlich in die Frau verwandelt, die sie äußerlich schon lange war.
Joach schluckte und drehte sich um, und für einen Moment bedauerte er es, dass er ihr von seinem Traum erzählt hatte. Aber dann fiel ihm ein, wie Greschym ihn einst in der Gewalt gehabt hatte, wie er seinen Geist eingesperrt hatte, und da wusste er, dass seine Entscheidung richtig gewesen war. Auch Er’ril konnte unter den Einfluss eines Bannes geraten. Und ganz gleich, was die anderen auch behaupten mochten, Joach war überzeugt davon, dass es sich bei seinem Traum um ein wahres Gewebe handelte, um einen Blick in die Zukunft. Und da er die Zukunft kannte, hatte er seine Schwester warnen müssen.
Wild entschlossen packte Joach seinen Stab und ging hinüber zur Reling, wo die anderen gespannt
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