Alasea 03 - Das Buch der Rache
Er’ril hoffte nur, dass Schorkan noch nicht vertrieben worden war.
Als er die kühlen Katakomben verließ, begann Er’ril in der Hitze des Hofes sofort zu schwitzen. Jetzt erst konnte er das gesamte Ausmaß der Zerstörung des Ostturmes erkennen. Durch den zerstörten Flügel der Burg konnte er auf die Stadt und das Meer dahinter blicken, wo die Schiffe nach wie vor kämpften. Die Schlacht um die Insel war noch in vollem Gange.
Mehr, als ihnen von hier aus Glück zu wünschen, konnte er allerdings für seine Gefährten nicht tun, also wandte er sich ab. Sein eigenes Ziel lag näher. Er sah zum Westturm hinüber zu Schorkans Refugium. Ganz oben, dort wo die letzten Strahlen der untergehenden Sonne hingelangten, saß eine schwarze Gestalt zwischen den Zinnen der Brüstung. Zuerst hielt Er’ril sie für ein lebendiges Wesen, aber dann erkannte er das Ding. Es handelte sich um die Schwarzsteinstatue. Es war der Wyvern. Und wenn man Greschym Glauben schenken durfte, dann war dieser Wyvern eines der vier Wehrtore, die Zugang zur Machtquelle des Herrn der Dunklen Mächte gewährten.
Er’ril blieb noch einmal stehen, um einer der verbrannten Burgwachen das lange Schwert zu entwenden. Wenn er Schorkan nicht fand, konnte er zumindest die Statue von ihrem Sockel stoßen. Vielleicht würde ein Sturz aus solcher Höhe die verfluchte Skulptur in tausend Stücke sprengen und zerstören.
Er ging an dem Krater entlang, der in der Mitte des Hofes entstanden war, und stieg über einige dunkel gewandete Leichen, die völlig verrußt auf den schwarzen Pflastersteinen lagen. Er’ril blickte die Jünger der Dunkelmagiker mit finsterem Gesicht an.
Während er über den Hof marschierte, überkam ihn plötzlich das Gefühl, als hätte er ein unterdrücktes Keuchen und ein seltsames Geräusch gehört, als wäre einige Schritte hinter ihm etwas auf die Steine gefallen. Er fuhr herum, duckte sich und untersuchte schnellen Blickes die Leichen auf dem Hof. Aber nichts bewegte sich. Er’ril richtete sich wieder auf. Der Wind in der Burgruine spielte ihm wahrscheinlich einen Streich.
Er betrachtete die Leichen noch einige Atemzüge lang, dann wandte er sich ab. Er eilte zum anderen Ende des Hofes und fühlte sich von unsichtbaren Augen aus den hunderten von dunklen Fenstern der Burg beobachtet. Doch weder traf ihn ein Pfeil, noch protestierte jemand lautstark gegen sein Eindringen. Bald konnte er die verkohlte und zersplitterte Haupttür aufstoßen, die in die eigentliche Burg führte.
Als Elena sicher war, dass Er’ril in der dunklen Burg verschwunden war, stand sie auf und rieb sich das Knie, das sie sich verdreht hatte, als sie über einen losen Stein gestolpert war. Er’ril hätte sie beinahe erwischt. Als der Präriemann herumgefahren war, war Elena wie ein verschreckter Hase erstarrt, das Gesicht nur eine Handspanne von einer der verkohlten Leichen entfernt. Sogar jetzt hatte sie den Gestank von verkohltem Fleisch noch in der Nase.
Elena richtete sich auf und machte einen Schritt auf die Burg zu. Ihr Knie protestierte heftig, der Schmerz strahlte bis in den Oberschenkel aus. Gehen konnte sie zwar, jedoch nur langsam. Elena betrachtete die bedrohlich aufragenden Überreste der Ordensburg, die altehrwürdige Zitadelle von A’loatal. Die schwarzen Fenster starrten auf ihre Nacktheit. Obwohl niemand sie sehen konnte, fühlte sie sich ungeschützt. Seufzend musste sie sich eingestehen, dass sie dem Präriemann so nicht folgen konnte, nicht bei dem Tempo, das er vorlegte. Er war bestimmt schon irgendwo tief in die Gänge der Burg vorgedrungen. Sie würde ihn niemals mehr finden. Hätte sie nur etwas mehr auf den Weg vor sich geachtet…
Sie presste die Lippen zusammen und hüpfte trotz der Schmerzen in ihrem verletzten Bein zurück. Sie legte den Kopf in den Nacken. Wohin wollte Er’ril? Er hatte gesagt, er würde seinen Bruder suchen. Aber war das die Wahrheit? Sie richtete den Blick auf den Turm, der Er’rils Aufmerksamkeit erregt hatte. Die Strahlen der untergehenden Sonne tauchten die westliche Brüstung des Turmes in goldenes Licht.
Hoch über dem zerstörten Hof entdeckte schließlich auch Elena, was Er’rils Interesse erweckt hatte. Dort oben stand die geflügelte Figur des schwarzen Wyvern, die Schwarzsteinstatue der Dunkelmagiker, die sie schon einmal gesehen hatte.
Während sie hinaufstarrte, ließ ein Windstoß ihre nackte Haut erzittern. Elena schlang die Arme um den Oberkörper und versuchte die Furcht zu
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