Alasea 03 - Das Buch der Rache
verdrängen, die sich in ihrer Brust breit machte. Obwohl sie sich seiner Loyalität nicht sicher war, hatte Elena Angst um den Präriemann.
Tränen stiegen ihr plötzlich in die Augen, und sie sah alles nur noch verschwommen. Nachdem sie Er’ril schon einmal an die schwarze Magik der Statue verloren hatte, würde sie einen solchen Verlust nicht noch einmal ertragen können. Die Wunden waren noch zu frisch. Sie suchte den Turm nach einem Hinweis auf den Präriemann ab.
»Sei vorsichtig, Er’ril«, flüsterte sie, während der Wind durch den zerstörten Burghof seufzte. »Komm zu mir zurück.« In den leeren Hallen der Ordensburg beschleunigte Er’ril seinen Schritt. Da ihm die Burg vertraut war, kannte er auch den kürzesten Weg zum Turm des Prätors. Seine Beine trugen ihn dem Ziel rasch entgegen, während er das Feuer in seinem Herzen weiter schürte. Im Kampf gegen seinen Bruder konnte er ein von Verzweiflung geschwächtes Herz nicht gebrauchen. Da Schorkans schwarze Magik gegenwärtig eine Ebbe durchlief, würde dies Er’rils letzte und einzige Gelegenheit sein, das Land von seinem bösen Bruder zu befreien.
Er’ril nahm stets drei Stufen auf einmal und rannte durch dunkle Gänge. Es dauerte nicht lange, und er fand sich auf der Wendeltreppe zum Turm wieder. Er verlangsamte sein Tempo gerade so, dass er durch die schmalen Fensterschlitze in der Wand immer wieder einen Blick nach draußen werfen konnte. So konnte er die Schlacht verfolgen, die noch immer um die Insel herum wütete. Die Sonne war bereits am Horizont untergegangen und beleuchtete den Himmel feuerrot. Auf dem Meer wurde der Krieg fortgesetzt.
Als Er’ril ein höher gelegenes Fenster des Turmes passierte, stach ihm etwas Grelles ins Auge, und er blieb stehen. Was war das? Dämmerlicht senkte sich langsam übers Meer, und er beobachtete, wie Blitze aus einem der großen fliegenden Schiffe fuhren. Wie grelle Lanzen und Speere zuckten die Blitze zwischen die kämpfenden Boote und brüllenden Drachen, zerstörten Schiffe und töteten Schwärme von Skal’ten. Das Schiff schwebte gemächlich durch die Lüfte und richtete großen Schaden unter den Feinden an, die sich unter seinen Kiel wagten. Grollender Donner folgte seinem Weg.
Er’ril dankte diesen unbekannten Verbündeten ein zweites Mal und erlaubte sich, einen Gedanken an einen möglichen Sieg zu verschwenden. Die Verzweiflung in seinem Herzen ließ nach. Mit neuem Schwung erklomm er die Treppe und erreichte bald die oberste Stufe. Die Tür zu Schorkans Gemächern stand offen. Er’ril verlangsamte den Schritt und nahm sein Schwert fest in die Hand. Einer so offenen Einladung traute er nicht.
Vorsichtig übertrat er die Schwelle zu Schorkans Arbeitszimmer. Es stand leer, der Kamin war kalt. Er’ril hielt die Klinge schützend vor sich ausgestreckt und suchte auch die benachbarten Räume ab. Das kleine Schlafgemach war ebenfalls leer, genauso wie die Badekammer. Er fühlte, dass beide Räume längere Zeit nicht benutzt worden waren. Vielleicht war Schorkan nach dem Kampf gar nicht hierher zurückgekehrt. Als Er’ril wieder im Hauptraum stand, nahm er das Zimmer etwas genauer in Augenschein. Auf einem breiten Teppich blieb er stehen und versuchte, irgendeinen Laut zu erhaschen, der auf den Dunkelmagiker hinwies.
Und dann hörte und sah er es gleichzeitig: Ein Stück Stoff des Wandbehangs bewegte sich leise; es klang wie das Flügelschlagen eines kleinen Vogels. Er’ril schlich sich lautlos zur Wand. Mit der Schwertspitze schob er die Stoffbahn aus Seide zur Seite.
Hinter dem Wandbehang stand eine Eichentür angelehnt. Durch den schmalen Spalt roch Er’ril das Meer und Rauch. Er drückte die Tür etwas weiter auf und entdeckte eine Geheimtreppe, die hinauf zu einer Falltür führte. Licht fiel durch die Öffnung. Er’ril wusste, wohin die Tür führte. Das Herz klopfte ihm bis zum Hals.
Der Präriemann vermied es, die quietschenden alten Scharniere zu bemühen. Er zwängte sich durch den schmalen Spalt und stieg die Treppe hinauf. Er nahm immer nur eine Stufe und achtete peinlich genau darauf, wo er den Fuß aufsetzte. Die Falltür über ihm stand weit offen. Er’ril schlich hinauf und hielt für einen Augenblick den Atem an. In der rechten Hand rollte er das Schwertheft hin und her, mit der anderen Hand holte er den Dolch aus dem Gürtel.
Sobald beide Fäuste bewaffnet waren, sprang Er’ril zur Falltür hinaus und machte eine Rolle über die Steine. Dann kam er wieder auf die
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