Alasea 03 - Das Buch der Rache
tiefer Schatten auf die Welt gelegt, ein Vorzeichen der kommenden Nacht. Überall rund um die Insel schwebten nun die Kriegsschiffe der Elv’en über dem Meer. Gelegentlich zuckten Blitze wie Speere durch den Nachthimmel und spiegelten sich auf den Wellen wider, wodurch die Segel und Relinge ihrer vielen Schiffe hell erleuchtet wurden.
Merik hatte es geschafft. Er hatte die Elv’en davon überzeugen können, den Angriff auf die Insel zu beenden und ihre Energien auf die Schlacht um die Insel zu richten. Das Meer war nahezu erobert. Aber was war mit der Insel?
Diese ernste Frage ließ Joachs Blick vom Meer abschweifen. Er sah, dass Elena ihn anstarrte. Sie wandte den Blick nicht von seinem Stab. Joach wusste, was sie dachte. Gemäß der Vision würde sein Stab sie auf dem Turm beschützen. Es lag nun an ihm, für Elenas Sicherheit zu sorgen.
Ihre Hände schienen zwar prall mit rubinroter Magik gefüllt zu sein, doch Elena war zu schwach, um sich selbst zu verteidigen. Der Aufstieg über die Turmtreppe hatte sie völlig erschöpft. Joach konnte sich gar nicht erinnern, sie schon einmal so geschwächt gesehen zu haben.
Auf dem Weg hierher war es ihm nicht gelungen, Elena etwas darüber zu entlocken, was sie nach ihrer Trennung erlebt hatte. Es musste etwas Entsetzliches geschehen sein, und ihre Wunden waren wohl noch zu frisch, um darüber zu sprechen. Dennoch musste er sie um etwas bitten.
»Wir müssen das Signal geben, Elena«, sagte er und ging zu ihr. »Glaubst du, du besitzt noch genug Magik, um Ragnar’k ein Zeichen geben zu können?«
Die Erwähnung des Drachennamens rüttelte sie aus den Tagträumen, in die sie offenbar verfallen war. »Nein, noch nicht.« Sie machte eine schlaffe Handbewegung. »Vielleicht kann dein Stab…«
»Ich wage es nicht, seine Magik zu verschwenden«, erklärte Joach. »Du kennst doch meinen Traum.«
Diese Worte riefen bei Elena jedoch nur einen verwirrten Gesichtsausdruck hervor. Geschwächt griff sie nach dem Stab. »Lass es mich versuchen.«
Joach zog den Poi’holz Stab zurück. »Du bist so starrköpfig, Elena. Du weißt genau, dass ich diese Last allein tragen muss.« Er schüttelte den Kopf über die Tapferkeit seiner Schwester und ihre Bereitschaft, sich sogar für ihn zu opfern. Das war bereits ihr vierter Versuch gewesen, ihm die Verantwortung abzunehmen. Aber das würde er nicht zulassen. Es war sein Schicksal.
Er hielt den Stab in der verbundenen Hand und fuhr mit der anderen, behandschuhten Hand über das Holz, wodurch die Magik an die Oberfläche gezogen wurde. Dünne Rinnsale aus Dunkelfeuer liefen über den Stab. Er musste vorbereitet sein. Wieder suchte Joach den Himmel ab, aber noch immer war kein Zeichen von dem dunklen Schattenungeheuer zu sehen.
Aus dem Augenwinkel sah Joach, dass Elena ihn genau beobachtete, wie er den Stab vorbereitete. Sehnsucht und Zorn leuchteten aus ihren Augen. Nachdem sie so viel Macht ausgeübt hatte, weigerte sich Elena nun offenbar, sich der Unabwendbarkeit ihres Schicksals zu ergeben.
Joach versuchte, sie abzulenken. »Ich weiß, was dir Kummer bereitet, Elena.« Er sah sie an, dann wandte er den Blick ab. »Es ist Er’ril. Ich weiß, wie sehr du dir wünschst, er wäre rein. Aber ich habe ihn getroffen.«
Elena zuckte zusammen.
»Es tut mir Leid, ich wollte es dir eigentlich nicht sagen. Du warst so erschöpft, und ich hatte gehofft, ich könnte dich damit verschonen. Aber vielleicht ist es besser, dass du es erfährst. Sie haben Er’ril auf ihre Seite gezogen. Er dient den Dunkelmagikern.« Joach sah Elena erneut an. »Wenn ich ihn nun töte, musst du nicht trauern. Der Er’ril, den du kanntest, wäre lieber gestorben, als dir Schaden zuzufügen. Ich muss ihn töten.«
»Er’ril? Du hast Er’ril gesehen?«
»Ja.« Es schmerzte Joach, so viel Hoffnung in ihren Worten zu hören. Er senkte die Stimme, als er ihr auch noch sein letztes Geheimnis enthüllte. »Und er hat zwei Arme. Er versuchte sogar, mich mit einer gefälschten Kopie des Blutbuches zu täuschen. Er dachte wirklich, dass mich eine so billige Fälschung über seinen Verrat hinwegtäuschen könnte.«
Elena stolperte auf Joach zu. »Das Buch…?«
Joach klopfte sich auf die Brust, wo er das alte, zerfledderte Tagebuch unter dem Hemd versteckt hielt.
Elena hob die Hand, um nach ihm zu greifen, aber da gellte ein durchdringender Schrei durch den Abendhimmel. Joach fuhr herum und schob Elena unsanft hinter sich. Sie landete mit einem Fluch auf den
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