Alasea 03 - Das Buch der Rache
gestanden. Was stimmte nicht? Ihre Hand berührte die Eisenklinke. Es gab nur einen Weg, um das herauszufinden.
Gerade als sie die Tür aufschieben wollte, hörte sie das eilige Stampfen schwerer Stiefel unter sich. Rasch zog sie die Hand zurück und starrte in die Düsternis des Turmes hinunter. Sie trug weder eine Fackel noch eine Laterne bei sich. Nur die wenigen Fenster entlang der Treppe hatten ihren Weg beleuchtet. Sie schlich sich weg von der Tür, stieg ein paar Stufen hinunter und versuchte, die Dunkelheit zu durchdringen. In ihrem Herzen wusste sie bereits, wer da heraufgelaufen kam. Sie drückte sich an die Wand und wartete auf Er’ril. Dabei hielt sie den Atem an und presste die Eisenfaust gegen ihre Brust.
Heraus aus der Dunkelheit platzte Er’ril wie ein donnernder Sturm. Er hielt ein langes Schwert in der rechten Hand und keuchte durch die zusammengebissenen Zähne. Seine Augen funkelten; die Muskeln an Armen und Brust waren angespannt Er’ril musste seine Wut mit Gewalt unterdrücken. Er glühte förmlich vor Rage.
Elena presste sich gegen die Wand, aber Er’ril war blind für alles außer der Tür. Er hätte sie auch nicht gesehen, wenn sie sichtbar gewesen wäre, vermutete Elena, so in Eile war er.
Er fegte so schnell an Elena vorbei, dass sie die Hitze seines Körpers wie einen Schlag ins Gesicht empfand. Oben auf dem Treppenabsatz blieb er jedoch stehen. Elena trat einen Schritt auf ihn zu. Er hob das Schwert und kühlte an der kalten Klinge seine Stirn. Elena näherte sich noch einen Schritt. Sie sah den Schmerz hinter seiner Wut. Er’ril ließ das Schwert sinken und holte tief Luft. Seine Augen sagten ihr alles, was sie wissen musste. Er’ril war sich bewusst, dass jenseits dieser Tür der Tod auf ihn wartete, aber trotzdem musste er sie durchschreiten.
Er nahm die Klinke, und sein Griff um das Schwertheft festigte sich. »Verflucht sollst du sein, Joach. Ich werde dich für den Verrat an deiner Schwester töten!«
Elena erstarrte, entsetzt über seine Worte. Er wollte Joach umbringen!
Irgendwie musste Er’ril ihre Gegenwart gespürt haben. Er warf einen Blick über die Schulter, sein Gesichtsausdruck wirkte plötzlich verwirrt. Dann schüttelte er den Kopf, drückte die Klinke endgültig herunter und schob die Tür auf.
Nach der Düsternis des Treppenhauses wurde Elena von der Helligkeit des Abendrotes regelrecht geblendet. Für Er’ril musste es genauso hell sein. Er hob den freien Arm, um seine Augen zu beschatten, und trat hinaus auf das Dach des Turmes.
Elena folgte ihm und schlüpfte an seine Seite.
Da krächzte plötzlich eine Stimme: »Ich habe auf dich gewartet, Er’ril!«
Als Elenas Augen sich blinzelnd an die Helligkeit gewöhnt hatten, erkannte sie ihren Bruder, der nur wenige Schritte von ihnen entfernt stand. Die Hand, in der er den Stab trug, war nur noch halb vorhanden. Aber es war nicht dieser Anblick, der sie erschreckt einatmen ließ. Hinter Joach erkannte sie die zusammengekauerte schwarz gewandete Gestalt des Dunkelmagikers Greschym.
Er’ril schloss die Tür zum Turm, und seine wütenden Worte überdeckten ihren Seufzer. »Joach, du Verräter! Du hast deine Schwester verraten, nur um mehr Macht zu erlangen!«
Aber diese Worte erreichten bei Joach nicht die gewünschte Wirkung.
Ihr Bruder zeigte sich außergewöhnlich gelassen, und das mit einem Dunkelmagiker hinter seinem Rücken. Joach streckte dem Magiker warnend die Handfläche entgegen. »Bleib zurück, Elena. Das hier muss geschehen!«
Joach wirbelte den Stab herum, und Elena fühlte deutlich die Welle der Macht.
Elenas Blick fiel auf den Dunkelmagiker, und ihre Augen wurden groß. Plötzlich verstand sie Joachs Traum und die Täuschung darin. Mit einem Satz sprang sie zwischen ihren Bruder und Er’ril, gerade als die beiden Männer aufeinander losgingen.
Sie fühlte den Stich von Er’rils Schwert im Rücken, während sich Joachs dunkler Speer von vorn in ihre Brust bohrte. Sie schrie vor Qual, als die Klinge ihre Rippen traf und die Knochen splitterten. Aber dies war nur ein schwaches Kneifen verglichen mit dem entsetzlichen Brennen der schwarzen Magik. Ihre Haut stand in Flammen, die Brust verkohlte.
Die Berührung der schwarzen Magik fegte den Geistbann fort. Elena sah die Fassungslosigkeit in Joachs Augen, als ihr Leib sichtbar wurde. Die Quelle der schwarzen Energien in ihm versiegte augenblicklich, und er stürzte zu ihr.
Aber ihr Bruder kam zu spät. Elena sank in Er’rils Arme,
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