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Alasea 03 - Das Buch der Rache

Alasea 03 - Das Buch der Rache

Titel: Alasea 03 - Das Buch der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clemens
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folgte, schien den Nachthimmel zu spalten. Er’ril wurde mit voller Wucht gegen die Tür zum Treppenhaus geworfen und Joach gegen die Steine der Brüstung. Der Junge blieb auf dem Bauch liegen, die Arme hielt er schützend über den Kopf.
    Er’ril verbarg sein Gesicht nicht. Er stützte sich auf die Ellbogen und sah zu, wie Elena von den Steinen des Turmes abhob. Schlaff und regungslos schwebte sie in der Luft und wurde von einem grellen, blendenden Licht beschienen. Es strahlte aus dem Buch, das Elena noch immer in ihren Händen hielt, ein Stern, der aus dem Nachthimmel gefallen zu sein schien. Das herrliche Licht musste bis zur Küste sichtbar sein.
    »Joach! Sieh dir das an!«
    Langsam hob Joach erst den Kopf, dann setzte er sich auf, um sich in dem Schein zu sonnen.
    Elenas Körper richtete sich im Licht langsam auf, und Er’ril sah, wie sie sich bewegte. Sie nahm eine Hand vom Buch und rieb sich das Gesicht, als würde sie gerade aus einem Mittagsschlaf erwachen. Allmählich zog sich der Lichtstrahl in das Buch zurück, und Elenas Beine näherten sich dem Boden, bis ihre Zehen das Dach des Turmes berührten. Schließlich stand sie da und zog das Buch verwundert an ihre Brust. Ihre Augen waren weit aufgerissen und reflektierten den letzten Lichtschein aus dem Buch. Sie wirkten so lebendig! Und ihr Haar schien wie ein Tuch aus Feuer über ihren Rücken zu fallen.
    Er’ril hatte sie noch niemals so wunderschön gesehen.
    Elena wandte sich ihm zu. Ihre Lippen formten ein sanftes Lächeln der Erleichterung und der Freude. Sie hob das Buch mit beiden Händen hoch. Die goldene Rose auf dem Ledereinband strahlte noch grell, aber auch dieser Schein verblasste allmählich. »Das Buch des Blutes.«
    Er’ril neigte den Kopf und legte die Arme über Kreuz auf die Brust, eine Geste der Ehrerbietung eines Paladins gegenüber seinem Magiker. »Die Hexe und das Buch sind endlich vereint.« Trotz all der Verehrung, die er durch seine Haltung ausdrückte, konnte er sich ein Lachen nicht verkneifen.
    Zu seiner Freude erwiderte Elena das Lächeln.
    Als sie das Buch herunternahm, stockte Er’ril allerdings. Der schwarze Kreis aus verbrannter Haut verunstaltete noch immer ihre Brust. Sein Starren machte Elena darauf aufmerksam. Sie runzelte die Stirn und befühlte die Verletzung. Unter ihren Finger zerfiel die verbrannte Haut jedoch. Sie schwebte in Flocken fort und hinterließ nur weiche und makellose Haut.
    »Ich bin geheilt«, stellte Elena verwundert fest.
    »Das Buch wird dich von jetzt an beschützen«, erklärte Er’ril sanft, doch sein Bedauern konnte er dabei nicht vollständig verbergen. Die verschiedensten Gefühle brachten sein Herz in Aufruhr. Er’ril wusste, dass er nichts daran ändern konnte, dass Elena ihn von nun an nicht mehr brauchte. Er’rils Ehrbezeugung war also auch ein Abschied gewesen. Von diesem Tag an würde Elena außerdem nicht mehr altern, er selbst jedoch schon. Die Übergabe des Buches bezeichnete das Ende seines unsterblichen Lebens.
    Während Joach seiner Schwester die dünne Decke um die Schultern legte, besah sich Er’ril seine Hände. Er starrte auf die Knochen und Venen seiner Hand. Er konnte das Gewicht der Zeit beinahe fühlen, das sich langsam auf ihn herabsenkte.
    Bruder und Schwester waren wieder vereint, doch Er’ril nahm ihre geflüsterten Entschuldigungen und Vergebungen kaum wahr. Tränen glänzten auf ihren Wangen. Joach umarmte seine Schwester fest. Er hatte eine Heilung genauso dringend nötig wie Elena und Er’ril war sich sicher, dass die Wunden des Jungen mit der Zeit heilen würden.
    Er’ril ließ die Hände sinken. Zeit. Von jetzt an war seine Zeit nicht mehr grenzenlos. Er würde wie jeder andere Mensch altern. Nach fünfhundert Wintern durfte er sich nicht über den unvermeidlichen Lauf der Zeit beschweren. Er’ril schaute zu Elena, und ihre Blicke trafen sich. Sie lächelte ihn im Mondlicht an.
    Da wünschte sich Er’ril ein letztes Mal, dass die Zeit stehen bleiben möge.
    Elena entzog sich Joachs Umarmung und gab ihm das Buch. Nun hatte sie die Hände frei und konnte sich die dünne Decke von den Schultern ziehen. Sie schlang sie sich um den Leib, zog den Stoff zurecht und verknotete ihn vor der Brust. Elena fand dieses Stück Sittsamkeit fast albern, nachdem sie so viele Stunden nackt wie ein Neugeborenes quer durch A’loatal gelaufen war. Aber als das Feuer ihrer Prüfungen erloschen war, hatte sie gespürt, dass Joach und Er’ril sich beim Anblick ihrer

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