Alasea 03 - Das Buch der Rache
dem Basar entdeckt. Krals Faust ballte sich von selbst zusammen bei dem Gedanken, die Axt in dieses dicke Fell zu wickeln und die Nacht als jagende Riesenkatze zu verbringen. Das Blut pochte in seinen Lenden, wenn er nur daran dachte sein Meister war großzügig gewesen in jener Nacht, in der er Krals feigen Geist verbrannt und ihn zu einem seiner Bösewächter gemacht hatte. In dieser Nacht seiner zweiten Geburt hatte der gothanische Herrscher ihm den Namen Legion gegeben und ihn großzügig mit schwarzer Magik ausgestattet. Mit welcher Haut oder welchem Fell auch immer er das schwarze Herz seiner Axt ummantelte, Kral konnte die Gestalt des Tieres annehmen und besaß damit auch dessen Fähigkeiten. Er war nicht nur ein Wesen, sondern eine ganze Legion !
Mit noch immer brodelndem Blut in den Adern sammelte Kral seine Kleider auf und zog sich an.
Als er sich die Axt in den Gürtel steckte, fuhr er mit den Fingern über das neu geschmiedete Eisen. Seine ursprüngliche Waffe war zerstört worden, zerschmettert an der Steinhaut des Dämons des Herrn der Dunklen Mächte in Schattenbach. In jener Nacht in dem Keller hatte er die Eisenscherben vom schlammigen Boden aufgelesen und in einer Schmiede am Fluss seine Axt neu geschmiedet. Doch in dieser neuen Axt war mehr enthalten als nur Eisen. Im Unrat des Kellers hatte Kral auch ein Stück Schwarzstein gefunden. Blut aus seinem abgetrennten Finger hatte den Stein in dieser Nacht gesalbt. Seine vierfingrige Hand streichelte zärtlich über die Axt, während er an die glatte Oberfläche des Steins dachte. Unter der Anleitung des Herrn der Dunklen Mächte hatte er den Splitter des Schwarzsteins mit eingeschmolzen und ein neues schwarzes Herz für seine Waffe geschmiedet. Das äußere Eisen an seiner Axt, noch immer verfärbt vom Blut eines getöteten Skal’tums, würde Krals Geheimnis vor den neugierigen Augen eines jeden Suchers verbergen, auch vor Mikela.
Ohne es zu wissen, würde die Schwertkämpferin ihn zu seiner letzten Beute führen.
Nun, da er wieder vollständig angezogen und bewaffnet war, machte sich Kral auf den weiten Weg quer durch die Stadt. Verkleidet als Freund, war er eine Falle, aufgestellt, um die Hexe zu töten. Das Herz pochte ihm bis zum Hals bei der Aussicht, seine Zähne in Elenas zartes Herz zu bohren. Sie würde so lange keinen Verdacht schöpfen, bis seine Pranken an ihrem weichen Hals liegen würden.
Sei es nun als Hund, Bär, Schnüffler oder Panther Legion
würde seine Beute bekommen. 4
Elena rappelte sich auf zur Kabinentür. Durch das winzige Bullauge über ihrem Bett starrte sie in zwei glutrote Augen. Verzerrt durch das dicke Glas, schienen Hass und Hunger aus den schlitzförmigen Augen zu triefen.
Vor wenigen Sekunden war sie aufgewacht aus einem leichten Schlummer, weil diese glühenden Augen sie beobachteten. Wie ein Kratzen auf der Haut hatte sie der starrende Blick aus dem Schlaf geholt. Einen Atemzug lang hatte sie ihn wie gelähmt erwidert, vollkommen regungslos, bis die scharfen Krallen anfingen, an dem Glas zu kratzen. Das aufgeregte Scharren hatte Elenas Herz in Panik versetzt. Mit einem entsetzlichen Angstschrei war sie aus dem Bett gefallen.
Ihre Finger nestelten an dem Türschloss herum. Einen Augenblick lang dachte sie, Er’ril hätte sie eingeschlossen. Dann, beinahe im gleichen Moment, als dieser Gedanke in ihr aufgekommen war, löste sich der Riegel, und die Eichentür ging auf. Elena stolperte in den Gang, während das Scharren hinter ihr immer heftiger und wütender wurde. Das Untier wusste, dass seine Beute flüchtete. Plötzlich verstummte das kratzende Geräusch. Elena warf einen Blick zurück in die Kabine. Ihre Augen blickten geradewegs in die der Bestie; dann ertönte ein wildes Fauchen, ein wütendes Zischen, auf der anderen Seite des Bullauges.
Elena blieb stehen. Sie kannte dieses Geräusch. Sie hatte es vor langer Zeit schon einmal gehört und würde es niemals verwechseln. Es klang wie das Zischen von tausend Schlangen. Wieder guckte sie dem Satan in die Augen, und diesmal erkannten sie einander. Elena nannte das Ding, das sich da an den Rumpf der Meereswind klammerte, mit kalten Lippen beim Namen: »Kobold.«
Dieses geflüsterte Wort brach schließlich den Bann. Die Augen des Scheusals verschwanden schon im nächsten Augenblick, als wäre es nur ein sekundenschneller Albtraum gewesen, der sich nun im Land der Finsternis auflöste. Aber das Echo des Zischens hallte noch in Elenas Ohren. Dies war kein
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