Alasea 03 - Das Buch der Rache
der wahren Wünsche seines Meisters zu verhindern. Kral fand ein wenig Genugtuung in dem Wissen, dass dieser Mann noch sehr würde leiden müssen, wenn das Schwarze Herz von diesem Zwischenfall erführe.
Der Anführer der Wache richtete sich hoch auf. »Fesselt dieses Monstrum, und bringt sie alle zusammen in die Garnison!«
»Sir«, fragte einer der Soldaten, »was soll mit der toten Frau geschehen?« Kral sah, wie der Stiefel des Soldaten Mikela in die Seite stieß.
»Meine Vögel sind noch immer hungrig«, sagte der Anführer und winkte sie herbei. »Sie wird eine sättigende Mahlzeit sein.« Auf ein Zeichen ließ sich der gesamte Schwarm auf Mikela nieder.
»Meister Parak…« Es war Mama Freda, die den Anführer der Bösewächter beim Namen nannte. »Du solltest wissen, dass die Frau Gift nahm. Sie tötete sich selbst. Wenn deine schönen Vögel ihr Fleisch und Blut fressen, könnten auch sie vergiftet werden.«
Kral sah den entsetzten Ausdruck im Gesicht des Mannes. Parak schnippte mit den Fingern und holte so seine Vögel von dem Leichnam herunter. Erst dann packten die Männer Krals Arme und zerrten ihn auf die Beine. Als er halb aufrecht in ihrem Griff hing, konnte Kral die Lage im Raum besser erfassen. Einige Männer machten sich mit Eisenketten an Tol’chuk zu schaffen, während Mogwied bereits mit Seilen gefesselt war.
Mama Freda stand mit gesenktem Haupt neben dem hageren Parak. Ihr Tamrink, Tikal, kauerte auf ihrer Schulter, den Schwanz um den Hals der alten Frau geschlungen. Das Tier starrte mit großen schwarzen Augen in den Raum und zitterte. Es versuchte krampfhaft, seine Angst im Zaum zu halten, und gab klägliche jaulende Laute von sich.
»Danke, Mama Freda«, sagte der Anführer der Wache. »Als Liebhaberin wilder Tiere kannst du verstehen, wie viel mir meine Vögel bedeuten.«
Mama Freda kratzte ihren Tamrink geistesabwesend hinterm Ohr, um das Tierchen zu beruhigen. »Natürlich. Mein Dienst gilt stets der Stadt und dem Wohlergehen ihrer Bürger.«
»Aber dennoch hättest du uns vor den Fremden warnen müssen. Du kennst die neuen Statuten. Keiner von ihnen war bei der zuständigen Kaste registriert oder hat seinen Zehnten bezahlt. Wenn unser einarmiger Freund da drüben nicht gewesen wäre… « Parak deutete auf den Soldaten in der Uniform der Torhüter, der tot im Zimmer lag. »… der die Schwertkämpferin so geschickt beschattete und uns von ihrem Aufenthaltsort berichtete, hätten wir diese Verbrecherbande niemals entdeckt. Und als solche sind sie nun Sklaven der Garnison.«
Krals Blut rauschte in seinen Ohren. Dann diente dieser Angriff also keinem anderen Zweck, als sie zu Sklaven zu machen. Wie alle anderen in Port Raul, so schienen auch die Bösewächter vom Glitzern der Goldmünzen geleitet zu werden.
»Entschuldige, Meister Parak. Aber du kennst meinen Grundsatz: Ich heile und stelle keine Fragen.«
Parak schnaubte amüsiert. »Ja. Deshalb wirst du auch von allen so geschätzt.« Er wandte sich an seine Männer, die Krals Arme fertig gefesselt hatten. »Bringt sie in die Garnison!«
»Was ist mit dem Kranken im Bett?« fragte einer der Soldaten.
»Lasst ihn hier. So wie der aussieht, liegt er ohnehin schon halb im Grab. Für ihn würden wir nicht viel bekommen.« Parak sah sich im Zimmer um. »Der Rest dieses Haufens wird uns allerdings auf dem Sklavenmarkt einen guten Preis einbringen.«
Die Soldaten zogen und schleppten ihre Beute zur Tür. Sie zerrten auf gröbste Art an Krals Armen und Beinen, aber die Taubheit in seinen Gliedern nahm ihm die Schmerzen.
Parak sah Mama Freda an und deutete mit einer ausholenden Handbewegung in den Raum. »Ich entschuldige mich für die Störung, Mama Freda. Ich werde morgen früh jemanden schicken, der hier aufräumt.«
Mama Freda stand zwischen den vielen Toten, inmitten des Gestanks von Blut und Exkrementen. Sie senkte den Kopf. »Du bist zu freundlich, wie immer.« Er’ril kniete neben Elenas Bett nieder. Die wohlriechenden Öle des Holzes verliehen der Luft in der Kabine eine besondere Note, aber unter dem herben Duft befand sich auch der Geruch von Blut und Medizin. Verschmutzte Verbände häuften sich am Fuß der schmalen Koje, und Töpfe mit Weidenrinde und Wundsalben reihten sich auf den Planken aneinander.
Elena schlief, und Er’ril hielt die Hand des Mädchens in der seinen. Sie fühlte sich so kalt an, ihre Lippen waren blass. Sie antwortete nicht, als er ihre Handflächen rieb nur ein leises Stöhnen, nicht
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