Alasea 04 - Das Buch der Prophezeiung
Wüste.«
»Aber ich verstehe nichts von Sand Magik.«
Parthus nickte. »Das weiß ich. Aber alles, was träumt, versetzt deine Seele in Schwingungen. Nicht der Sand hat dich angezogen, sondern sein Traum.«
Joach sah sich stirnrunzelnd um. Nichts regte sich, kein Lüftchen wehte. Doch in dieser Stille spürte er einen gewaltigen Druck von allen Seiten, als stünde er in den Tiefen des Meeres und würde von einem Riesengeschöpf als Beute ins Visier genommen. Wieder schlang er die Arme um den nackten Oberkörper; und wünschte, er wäre noch rasch in ein Hemd geschlüpft, bann wandte er sich dem Schamanen zu und fragte: »Aber wo genau sind wir? Warum hast du mich hierher gebracht?«
»Folge mir.« Parthus warf sich seinen Umhang um die schmalen Schultern und ging in die glatte Landschaft hinein.
Joach blieb an seiner Seite. Nach einer Weile spürte er, dass sie mit jedem Schritt gewaltige Entfernungen zurücklegten. »Wohin führst du mich?«
»Ins Herz des Traumes … Direkt zum Südwall.«
Joach zuckte zusammen. »Ist das nicht gefährlich?«
»Nicht, solange du bei mir bleibst. Also lauf nicht weg.«
Joach betrachtete die weiten, leuchtenden Sandflächen und den leeren Himmel. Wo sollte er schon hin?
Parthus sagte, als hätte er seine Gedanken gelesen: »Es kann dich den Verstand kosten, hier allein umherzuirren. Gelegentlich kreuzen andere Träume diese Landschaft und hinterlassen im Sand ihre Angstvisionen, die hier enorme Kräfte entfalten. Sie können töten oder noch Schlimmeres.«
»Schlimmeres?«
»Gerät man in das Traumgebilde einer anderen Nacht, kann es geschehen, dass man aus dieser Landschaft heraus und in den Geist des Träumers gerissen wird. In diesem Fall ist man für immer verloren.«
Joach wurde es ein wenig flau im Magen. Er betrachtete die Sandflächen genauer. Hatte sich da am Rand seines Blickfelds nicht etwas bewegt? Seine Augen huschten unruhig hin und her.
»Sieh nicht zu genau hin. Damit gibst du den Gebilden Macht über dich, sie nutzen deine Aufmerksamkeit aus, um an deine Seele zu gelangen. Konzentriere dich lieber auf dein eigenes Ziel. Lass dich nicht ablenken.«
Joach nickte, doch in diesem Moment sah er links von sich etwas flimmern und drehte den Kopf zur Seite. Eine wunderschöne silbrig glänzende Frau entstieg dem Sand. Sie war in feinste Seide gehüllt, die den geschmeidigen Körper, die langen Beine, die aufreizenden Kurven kaum verbarg. Joach starrte sie unverhohlen an.
Die Schöne bemerkte seinen Blick und lächelte ihm zu. Wie von selbst hoben sich seine Mundwinkel, um das Lächeln zu erwidern. Sie hob den schlanken Arm, streckte einen Zeigefinger mit rotem Fingernagel aus und winkte ihn zu sich.
Joach machte einen Schritt zur Seite doch da krallte sich eine knochige Hand um seinen Ellbogen und hielt ihn fest. »Sieh ganz genau hin, mein Junge«, zischte ihm Parthus ins Ohr.
Joach blinzelte und wollte protestieren, doch bei den Worten des Schamanen fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Die schlanke Frau stand immer noch da, sie war verführerisch, sie winkte ihm zu aber jetzt sah er, dass sich von der Hüfte abwärts ein abscheulicher Schlangenleib im Sand ringelte.
Erschrocken sprang er zurück und prallte gegen den Schamanen.
Der Albtraum zischte ihn an und fletschte silbrige Raubtierzähne.
»Nicht stehen bleiben«, mahnte der Schamane und schob ihn weiter. »Es ist nichts. Nur ein Traumgebilde. Aber noch einen Augenblick länger, und du hättest es mit deiner Aufmerksamkeit vollends aus dem Sand geholt.«
Joach war das Entsetzen auf den Magen geschlagen, plötzlich wurde ihm übel.
Der Schamane legte ihm die Hand auf die Schulter und stützte ihn. »Atme tief durch. Das Gebilde hat dir Energie entzogen. Du brauchst ein wenig Zeit, um sie wieder zu erneuern.«
Joach nickte und marschierte weiter. Nach ein paar tiefen Atemzügen ließ die Übelkeit tatsächlich nach. »Es geht mir wieder besser«, murmelte er, indes Parthus neben ihn trat.
»Gut, wir haben den Wall fast erreicht.«
Joach sah ihn fragend an. Die Wüste erstreckte sich unverändert gleichförmig nach allen Seiten. »Wo ist er?«
Der Schamane legte den Finger auf den Mund. »Von jetzt an kein Wort mehr.« Dann nahm er Joachs Hand in die seine.
Gemeinsam gingen sie weiter. Joach hatte noch immer das merkwürdige Gefühl, ungeheure Entfernungen zurückzulegen, doch jetzt wurde es allmählich schwächer. Obwohl sie weitergingen wie bisher, kam es ihm vor, als würden sie
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