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Alasea 04 - Das Buch der Prophezeiung

Alasea 04 - Das Buch der Prophezeiung

Titel: Alasea 04 - Das Buch der Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clemens
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Doch nicht nur für diese beiden wurde die Zeit knapp, sondern auch für alle anderen.
    Mikela ging um das Lager herum, bis sie Ni’lahn fand. Die kleine Nyphai sah zu ihr auf. Sie hatte dunkle Ringe unter den Augen, und ihr Blick wirkte gehetzt. Sie musste Tag und Nacht auf ihrer Laute spielen, um die Geister fern zu halten. Nur wenn der Wald frei war, konnte sie ein kurzes Nickerchen machen. Allmählich forderte die Anstrengung ihren Tribut.
    Mikela legte ihr die Hand auf die Schulter. »Du kannst dich ausruhen. Ferndal sagt, der Wald im näheren Umkreis sei im Augenblick sicher.«
    Ni’lahn nickte, ließ die Laute sinken und streckte die Finger, die vom ständigen Spielen ganz steif geworden waren. Mikela bemerkte, dass ihre Nägel abgewetzt und die Fingerkuppen wund gescheuert waren. Ni’lahn suchte in ihren Taschen nach der Taubkrautsalbe.
    »Wie geht es dir?« fragte Mikela. »Werden deine Finger durchhalten, bis wir den Wald durchquert haben?«
    Ni’lahn sah sich mit stumpfem Blick um. »Nicht das Spielen ist es, was mich erschöpft.«
    Mikela verstand sie. So sehr das Lied der Laute die Grim quälte, so sehr belastete der dunkle Wald im Gegenzug auch Ni’lahns eigene Seele. Dies war einst ihre Heimat gewesen. Mikela versuchte sie zu trösten. »Bald hast du es überstanden. Nach meinen Berechnungen müssten wir die andere Seite der Furchthöhen in zwei Tagen erreicht haben.«
    Ni’lahn antwortete nicht. Sie starrte nur stumm nach Norden »Komm. Du brauchst etwas zu essen.« Mikela half ihr beim Aufstehen und führte sie zum Feuer. Kral hatte es inzwischen geschafft, die Flammen ordentlich anzufachen.
    Sobald Ni’lahn neben Mogwied am Feuer saß, kehrte Mikela auf ihren Posten zurück. Immer wenn die Laute aufhörte, ihre Magik zu verströmen, musste jemand den Wald aufmerksam beobachten, um nicht zu übersehen, wenn die Grim aufs Neue vorrückten. In den ersten Tagen hatte jede Unterbrechung der Musik unweigerlich dazu geführt, dass sie sofort mit lautem Geheul angriffen. Doch seit die Gruppe tiefer in den Wald vorgedrungen war, erfolgten die Übergriffe zögerlicher. Entweder waren die Geister hier nicht mehr so zahlreich vertreten, oder der Musik war es inzwischen gelungen, sie weit genug auf Abstand zu halten. Trotzdem war immer noch Vorsicht geboten. Es galt, auf jeden Schatten zu achten, der sich bewegte, und die Ohren zu spitzen, um nicht das leiseste Geräusch zu überhören.
    Mikela nickte Tyrus zu, der auf der anderen Seite des Lagers stand. Die beiden waren für die Dauer dieser Pause als Wachen eingeteilt und mussten so lange immer wieder die Runde um das Lager machen, bis alle weiterzogen.
    Mogwied brachte ihr einen Zinnteller mit gekochten Wurzeln und gebratenen Schnecken. Mikela aß im Stehen und schob sich die kargen Bissen mit den Fingern in den Mund. Die Jagd war auf den Furchthöhen nicht sehr ergiebig. Zwischen den verkrümmten Wurzeln und den verwunschenen Ästen konnten sich nur wenige Tiere halten: magere Kaninchen, Maulwürfe und hier und da ein dürrer Vogel. Wenigstens hatten sie frisches Wasser. Quellen und Bäche gab es genug.
    Mogwied begleitete sie ein paar Schritte, während sie aß. Der dünne Mann beobachtete den Wald mit spürbarer Beklommenheit. »Ich habe gehört, wie du zu Ni’lahn sagtest, wir würden diese verfluchte Gegend in zwei Tagen hinter uns haben. Ist das wahr?«
    »Wenn meine Karten stimmen.«
    Mogwied nagte an seiner Unterlippe und starrte mit schmalen Augen ins Leere. »Und was dann?« Er senkte die Stimme. »Wollen wir wirklich versuchen, uns in Krals alte Heimat in den nördlichen Bergen einzuschleichen? Ich habe ihn sagen hören, da oben würde der Schnee niemals schmelzen, nicht einmal im Sommer. Und wenn uns das Wetter nicht umbringt, dann tun es mit Sicherheit die Zwerge. Wir können sie schließlich nicht mehr überrumpeln. Das Feldlager vor Burg Mryl wird sicher einen Vogel geschickt und unsere Flucht gemeldet haben.«
    Mikela ließ ihn eine Weile reden, ehe sie endlich die Achseln zuckte. »Wer weiß, was uns da oben in den Bergen erwartet? Ich vermute, dass die Zwerge und der Schnee keinesfalls unsere größte Sorge sein werden.«
    Die Bemerkung war nicht dazu angetan, Mogwied zu beruhigen. Sie sah an seinen größer werdenden Augen, wie er sich die künftigen Schrecken ausmalte.
    Mikela seufzte. » Lass dir der Zukunft wegen keine grauen Haare wachsen, Mogwied. Sie kommt, ob du dafür bereit bist oder nicht. Mit der Kälte werden wir schon

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