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Alasea 04 - Das Buch der Prophezeiung

Alasea 04 - Das Buch der Prophezeiung

Titel: Alasea 04 - Das Buch der Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clemens
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die Augen. Sie wollte laufen wie ein Reh, aber sie wusste nicht wohin zu ihrem Baum oder von ihm weg.
    Das Wiedersehen mit ihrem Liebsten zerriss ihr das Herz, und doch konnte sie nicht anders, sie musste in seine Nähe, und wenn es auch noch so sehr schmerzte.
    Sie drückte die Laute an die Brust und nickte. »Ich … ich muss zu ihm.«
    Noch bevor sie den ersten Schritt tun konnte, kam Ferndal mit hängender Zunge den Hang heraufgesprungen. Er war am Seeufer gewesen. Seine bernsteingelben Augen glühten. Mikela sah ihn fest an, ehe sie sich an die anderen wandte. »Ferndal hat etwas gewittert. Da vorn versteckt sich jemand.«
    »Einer der Geister?« fragte Tyrus.
    »Nein … wenn ich mich nicht irre, ist es ein Mensch.« Mikela wandte sich an Mogwied. Vielleicht verstand er seinen Bruder ja besser?
    Der unscheinbare Mann zuckte die Achseln. »Er wird zu sehr zum Wolf«, murmelte er. »Ich kann seinen Bildern kaum noch folgen.«
    »Was hat ein Mensch hier draußen zu suchen?« brummte Kral. Er zog seine Axt aus dem Gürtel und nahm langsam das Schneepantherfell von der Eisenklinge. »Wenn er inmitten der Grim überleben kann, steht er mit Sicherheit unter dem Bann des Herrn der Dunklen Mächte.«
    »Kral hat Recht«, sagte Merik. Seine Augen waren schmal geworden. »Wir müssen sehr vorsichtig sein.«
    »Warum gehen wir überhaupt weiter?« fragte Mogwied und trat einen Schritt zurück. »Warum machen wir nicht einen weiten Bogen um den Baum? Wozu sich mutwillig in Gefahr begeben?«
    »Vielleicht sollten wir auf den Gestaltwandler hören«, überlegte Tyrus.
    »Um dann einen unbekannten Feind im Rücken zu haben?« fragte Kral. »Ich sage, wir scheuchen ihn aus seinem Versteck.«
    Ni’lahn schluckte hart. »Wie auch immer. Ich muss zu meinem Baum. Notfalls gehe ich allein.«
    Alle sahen sie an.
    Noch bevor jemand etwas sagen konnte, begann ihre Laute leise zu spielen. Sanfte Töne schwebten durch die Luft. Erstaunt nahm Ni’lahn das Instrument auf. Obwohl sie die Saiten nicht berührte, wurden die Klänge voller. Akkorde so strahlend wie der Sommermond entströmten dem Holz, und ringsum begann es stärker zu schneien. Weich wie die fallenden Flocken schwebte die Musik über den See.
    »Bring das verdammte Ding zum Schweigen«, brummte Kral, »bevor es uns noch verrät.« Er wollte nach der Laute greifen, doch Ni’lahn zog sie zurück.
    Seine Warnung war ohnehin zu spät gekommen. Die Musik hatte das andere Seeufer erreicht, und nun fiel aus mehreren kleinen quadratischen Öffnungen im Stamm des dicken Baumes ein warmer gelber Lichtschein.
    Mogwied keuchte erschrocken auf und versteckte sich hinter Kral.
    »Das sind Fenster«, staunte Merik. »Jemand hat sich in deinem Baum häuslich niedergelassen.«
    »Ferndals geheimnisvoller Fremder«, bemerkte Tyrus. Er hatte sein kostbares Familienschwert in der Hand.
    »Er muss die Musik gehört haben«, sagte Mikela. »Jetzt fordert er uns zum Näherkommen auf.«
    Kral kniff misstrauisch die Augen zusammen. »Ich glaube eher, er will uns in eine Falle locken.«
    »Nein«, sagte Ni’lahn. »Das ist keine Falle.« Sie ging auf den Baum zu.
    »Woher willst du das wissen?« fuhr der Gebirgler sie an.
    »Durch die Musik.« Ni’lahn hob die Laute. »Wenn der Wald jauchzt, besteht keine Gefahr.« Ihr Herz sagte ihr, dass das die Wahrheit war. Sie stieg den Hang hinab und schickte sich an, den See zu umrunden.
    Hinter sich hörte sie den Elv’en flüstern: »Ich vertraue Ni’lahn. Diese Wälder mögen krank sein, aber sie waren einst ihre Heimat. Kommt. Lasst uns das Geheimnis lüften.«
    Da Ni’lahn das Ufer des Sees erreichte, stahl sich leise Schwermut in das Lied der Laute. Früher hatte es in diesem Gewässer von Fischen und Kaulquappen nur so gewimmelt. Leuchtkäfer waren durch Äste und Zweige geschwirrt und hatten sich im stillen Wasser gespiegelt, und an den Ufern hatten stets Blumen geblüht. Doch nun war der See eintönig schwarz, und seine Ufer waren mit glitschigen Algen bedeckt. Seine Schönheit war dahin.
    Ni’lahn schaute andächtig zu ihrem Liebsten auf. Nur er allein streckte seine Äste noch über das Wasser. Sie wuchsen kräftig und gerade aus einem Stamm, der so dick war, dass dreißig Männer ihn nicht hätten umspannen können. Aufs Neue strömten ihr die Tränen über die Wangen. Oh mein Geliebter, wie stolz und aufrecht stehst du da, während rings um dich alles in Trübsal versunken und dem Wahnsinn verfallen ist.
    Sie ging weiter auf den

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