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Alasea 04 - Das Buch der Prophezeiung

Alasea 04 - Das Buch der Prophezeiung

Titel: Alasea 04 - Das Buch der Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clemens
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entdeckt oder dicht neben sich flüsternde Stimmen gehört.
    Die Schwertkämpferin überlief ein Schauer, aber sie unterdrückte ihn und folgte Kral weiter. »Wohin gehen wir?« fragte sie leise, als fürchte sie, von den Geistern im Raum belauscht zu werden.
    »In den Thronsaal«, antwortete Kral. »Das ist wahrscheinlich der Ort, wo wir mit unserer Suche beginnen sollten.«
    Mikela nickte. Der Gebirgler war jetzt so aufgeregt, dass er immer schneller wurde. Sie verließen die Eingangshalle, stiegen eine weitere Treppe hinauf und wanderten durch ein Labyrinth von Felsengängen. Mikela bemühte sich, die Orientierung zu behalten, für den Fall, dass sie getrennt würden.
    Endlich betraten sie einen breiten Korridor, der vor einem hohen, kunstvoll verzierten Granittor endete. Es war so hoch wie sechs Gebirgler übereinander und stand einen Spaltbreit offen. Kral eilte darauf zu.
    Mikela spürte ein warnendes Kribbeln. »Warte!« rief sie.
    Aber ihre Bitte stieß auf taube Ohren. Der Gebirgler war schon im dahinter liegenden Raum verschwunden. Mikela eilte ihm nach. »Kommt mit!« rief sie den anderen zu. »Ohne ihn können wir dieses steinerne Spiegelbild nie wieder verlassen!«
    Hinter dem Tor lag ein riesiger Saal. Auch hier erhellten seltsam flackernde Irrlichter den Boden aus blankem Granit und das hohe Deckengewölbe. Doch in der Mitte wirbelte eine ölige Finsternis, ein schwarzer Strudel, der alles Licht in seiner Umgebung verschlang. Er starrte ihnen gierig entgegen. Weinen und Wehklagen drangen aus seinem Inneren.
    »Kral!« schrie Tyrus.
    Der Mann aus den Bergen war vor der Finsternis in die Knie gegangen nicht um ihr zu huldigen, sondern in blankem Entsetzen. Verzweifelt suchte er sich mit Händen und Füßen irgendwo festzukrallen, aber die Finsternis zog ihn so unwiderstehlich an wie ein starker Magnet. »Ich kann mich nicht halten!« schrie er. »Das Ding saugt mich aus dem Spiegelbild zurück in die wirkliche Welt!«
    Seine Gefährten rannten auf ihn zu und packten ihn an den Armen. Aber sie hätten ebenso gut versuchen können, ein sinkendes Schiff vor dem Untergang zu bewahren. Kral wurde weiter nach vorn gezogen und zerrte die anderen mit wie Fische an der Angel.
    »Unsere Kraft reicht nicht aus!« sagte Tyrus.
    »Aber wir dürfen ihn nicht verlieren!« fauchte Mikela. »Er ist der Einzige, der uns über die Schwelle und zurück in die Wirklichkeit bringen kann!«
    Krals Füße verschwanden in dem öligen Strudel. »Es ist zu spät!« rief er.
    Mikela warf einen Blick auf die übrigen Gefährten. »Es gibt keinen anderen Weg. Wir bleiben zusammen. Wir gehen dahin, wo Kral hingeht!«
    Sie reichte Ni’lahn ihre freie Hand, und die Nyphai nahm sie. Die anderen setzten die Kette fort. Nur Mogwied zögerte noch und warf einen letzten Blick durch die gespenstische Halle, ehe er Tyrus’ Hand ergriff und Ferndal am Schwanz packte.
    »Haltet euch bereit!« schrie Mikela.
    Die ganze Gruppe wurde nach vorn gerissen und stürzte in das dunkle Nichts. Wieder spürten sie diesen seltsamen Ruck. Die Welt drehte sich Schwindel erregend um sich selbst, dann waren sie hindurch.
    Mikela sah sich um. Der Saal sah genauso aus wie der, den sie eben verlassen hatten. Doch statt vor einem schwarzen Wirbel lagen sie alle vor der monströsen Steinfigur eines geflügelten schwarzen Löwen. Er hatte die Krallen tief in den polierten Steinboden geschlagen, das Maul mit den tödlichen Zähnen war wie in stummem Gebrüll weit aufgerissen.
    Das Greifen Tor.
    Daneben stand ein schlichter Lehnstuhl aus silbergrauem Granit: der Eisthron. Ein stämmiger Zwerg mit weißem Haar saß darauf. Sein Gesicht war so voller Runzeln, dass die Züge kaum noch zu erkennen waren.
    Der Greis starrte mit trüben Augen auf Kral hinab. »Ah, Bruder«, krächzte er. Die rissigen Lippen öffneten sich zu einem breiten Grinsen. »Willkommen daheim. Der Meister der Finsternis erwartet dich schon lange.«
    17
    Zitternd vor Wut kam Kral auf die Beine. Von beiden Seiten rückten Scharen von gepanzerten Zwergen gegen seine Gefährten vor, die noch benommen auf dem Granitboden lagen. Auf den Galerien hoch oben an den Wänden standen Bogenschützen mit aufgelegten Pfeilen. Er hatte die ganze Gruppe geradewegs in einen Hinterhalt geführt.
    Aber die Reue hielt nicht lange vor. Aufflammender Jähzorn brannte alle anderen Gefühle aus seinem Herzen. Der Anblick eines Zwerges auf dem Thron seiner Familie brachte Krals Blut zum Sieden. Ohne Rücksicht auf etwaige

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