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Alasea 04 - Das Buch der Prophezeiung

Alasea 04 - Das Buch der Prophezeiung

Titel: Alasea 04 - Das Buch der Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clemens
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stürzte auf Elena zu.
    Doch es war schon zu spät.
    Aus dem Lavastrom schoss ein gewaltiger Vogel aus flüssigem Gestein, der einen Flammenschweif hinter sich herzog, und flog himmelwärts. Als er die Schwingen ausbreitete, reichten sie von einer Seite der Schlucht bis zur anderen. Aus dem feurigen Gefieder spritzten Lavatropfen und prasselten auf die Zuschauer herum nieder.
    Einer der Zwerge wurde ins Gesicht getroffen, schrie laut auf und fiel hintenüber. Sein Haar fing Feuer, und er war tot, bevor er auf dem Boden aufkam. Nun brach Chaos aus. Alles suchte Deckung. Tol’chuk und Er’ril stürzten auf Elena zu, die immer noch am Klippenrand stand.
    Aber sie erreichten sie nicht, denn sie riss die Arme empor, und eisige Windstöße trieben ihre beiden Beschützer zurück. Tol’chuk rollte sich ab und kam halb erfroren wieder auf die Beine.
    Neben ihm schrie Er’ril: »Elena!«
    Der Feuervogel stieg über den Rand der Schlucht. Tol’chuk sah, wie er Elena mit seinen glühenden Krallen packte und mit ihr davonflog.
    Elena war von Macht durchbebt. Die heißen Krallen des Feuervogels konnten den Kokon aus Kaltfeuer nicht durchdringen. Der Eisbann hatte sich ohne ihr Zutun um sie gelegt, die Hexenmacht schützte ihre Trägerin von selbst, sodass ihr die Lavakrallen nicht einmal die Kleider versengten.
    In ihrem Herzen regte sich eine Spur von Angst, aber in ihren Adern sang die wilde Magik, gewaltige Energien, die sie zu sprengen drohten. Als sich der Vogel in weitem Bogen in den Nachthimmel schwang, sah sie nach oben. Ein erschreckender Anblick bot sich ihr: eine Statue aus glühender Lava, vom Feuer des Erdkerns durchströmt.
    Der Vogel nahm den Kopf zurück und musterte seine Beute. Flammende Augen starrten auf Elena hinab, sichtlich erstaunt darüber, dass sie noch nicht zu Asche verbrannt war. Der Schnabel öffnete sich und entließ einen Feuerstrahl. Wie von selbst zuckten Elenas Arme nach oben und errichteten einen Schild aus reiner Eis Magik, der sie vor den Flammen schützte.
    Wieder hatte sie unwillkürlich reagiert, die Hexe in ihr handelte ohne Vorbedacht. Elena war so randvoll mit Magik, dass sie auf die Kräfte kaum noch Einfluss hatte. Sie war wie das Steuerruder eines Bootes in tobender See. Und das fand sie beängstigender als alles andere. Sie hatte sich noch nie so hilflos gefühlt. Sie kämpfte an gegen den Chor der wilden Magik, den Ruf der Hexe, aber die Stimmen waren zu stark. Sie drohte darin unterzugehen.
    Ihr Widerstand wurde schwächer.
    »Er’ril«, wimmerte sie, da sie wusste, was sie verlieren würde, wenn sie sich ergab. Erinnerungen stiegen in ihr auf: der Tanz auf dem Turm bei Mitternacht, nur sie und er, der Druck seiner starken Arme, sein Geruch, als sie sich an ihn lehnte. Solche Gedanken stärkten das Weib in ihr und halfen ihr, sich als Wesen aus Fleisch und Blut, als Mensch mit menschlichen Wünschen zu sehen. Sie war nicht nur ein Gefäß für wilde Magik und übernatürliche Sinne, sondern eine Frau mit eigenem Herzen und eigenem Willen.
    Elena drängte die Hexe in sich zurück und kämpfte um ihre Seele. Dabei ging ihr ein Licht auf. Plötzlich kannte sie den wahren Namen der Hexe in ihrem Inneren. Dank der ihr übertragenen Macht sah sie jetzt deutlicher, womit sie ihren Körper geteilt hatte. Tante Fila hatte es ihr ja fast gesagt.
    Du wirst zu Cho.
    Jetzt verstand Elena. Nicht nur wilde Magik und ihre eigenen niederen Triebe hatten sie zu überwältigen versucht, sondern auch ein Fünkchen von Chos Geist, der Geist eines Wesens aus der Leere, das nie auf der Welt gewandelt, niemals Fleisch geworden war und nie sein Herz mit einem anderen geteilt hatte.
    Die Erkenntnis half ihr, sich von der Leere zu lösen. Sie konzentrierte sich auf ihren eigenen Körper, ihr eigenes Fleisch und Blut: auf den Schlag ihres Herzens, den dumpfen Schmerz in ihren Beinen, den Hunger in ihren Eingeweiden. Und sie griff noch tiefer. Sie rief sich in Erinnerung, wie dieser äußerlich durch Magik vorzeitig zur Reife gelangte Frauenkörper auf Er’ril reagierte. Sie vergegenwärtigte sich, wie sie errötete, wenn Er’ril sie ansah, wie eine heiße Welle sie durchlief, wenn er in der Nähe war, wie ein dumpfer Schmerz ihr Inneres erschütterte, sooft Er’ril sie berührte.
    In diese Empfindungen hüllte sie sich. Und wie die Eishülle sie vor den Krallen des Feuervogels schützte, so bildete diese Sinnlichkeit einen Schutzwall gegen die Hexe. Sie fand den Weg zurück in ihren eigenen Körper,

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