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Alasea 04 - Das Buch der Prophezeiung

Alasea 04 - Das Buch der Prophezeiung

Titel: Alasea 04 - Das Buch der Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clemens
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von einer gelblichen, nach Schwefel stinkenden Rauchwolke schritten zwei Gestalten in den Saal. Ni’lahn erkannte sie beide. Die eine war Hauptmann Brytton, der Anführer der Zwerge, die andere trug die vertrauten Züge von König Ry.
    Doch als der König sprach, zeigte sich sofort, dass nur sein Körper anwesend war, nicht aber er selbst. »Mir scheint, der Ball wird gerade eröffnet«, zischte er mit einer hohen Stimme, die so gar nicht zu seinem markanten Äußeren passte, unter seinem Bart hervor und wies mit weit ausholender Gebärde auf den Saal.
    »Aber wo sind die Spielleute und die Sänger? Wo sind die höfischen Gäste?«
    »Das ist dein Vater!« keuchte Mikela und senkte ihr Schwert.
    »Nein«, sagte Tyrus und hob seine Waffe noch höher. »Nicht mehr.«
    »Unser Prinzlein ist also aufgewacht.« Der dämonenbesessene König breitete die Arme aus. »Komm zu mir, mein Sohn«, rief er und lachte schrill.
    Tyrus spuckte aus. Sein Speichel flog in hohem Bogen auf den Besessenen zu und traf ihn mitten ins Gesicht.
    Die Dämonin wischte ihn nicht einmal ab, sondern ließ den Speichel in den schneeweißen Bart rinnen. »Begrüßt man so seinen Vater?« Sie trat vor. Jetzt verströmte sie eine ölige Schwärze und enthüllte damit ihre wahre Natur. Zwischen den beiden Elv’en Brüdern blieb sie stehen. Aus den Fingerspitzen des Königs ringelten sich schwarze Fühler wie Schlangen aus Ebenholz.
    Ni’lahns innere Magik vibrierte durch die Energien im Raum und erkannte die Kraft. Süße Mutter … nein! Jetzt begriff sie, wovon der gute König Ry besessen war.
    Die schwarzen Schlangen fuhren peitschend auseinander und verbissen sich in die hilflosen Elv’en Zwillinge. Sobald die Schwärze sie berührte, wanden sich die beiden in heftigen Qualen, und ihre Münder öffneten sich zu einem stummen Schrei.
    Tyrus und Mikela wollten zu ihnen, doch schon stürmte ein waffenstarrender Zwergentrupp in den Raum und wehrte sie ab.
    Die Elv’en Zwillinge wälzten sich weiter auf dem Boden. Ihre Haut schrumpelte ein, bis sich die Knochen darunter abzeichneten, die Körper krümmten sich zusammen, die Knochen verdrehten sich. Die Dunkelheit entzog den Brüdern ihre gesamte Lebenskraft. Augenblicke später lagen nur noch leere Hüllen auf dem Steinboden.
    König Rys Gesicht strahlte vor Vergnügen, in seinen Augen funkelte ein schwarzes Licht.
    Mikela zog Tyrus zurück, als die Dämonin auf ihn zutrat. »Ich kenne dieses Wesen. Es ist ein Grim, ein Geist der Furchthöhen.«
    Immer neue Wolken der öliger Schwärze entquollen dem Körper König Rys, die innere Dämonin hatte Blut geleckt und wollte mehr. Bald war ihre wahre Gestalt deutlich zu erkennen
    ein Fetzen Nacht, aus Finsternis und Blutgier gewoben. Ni’lahn wusste, dass sie handeln musste, sollten sie nicht alle
    zugrunde gehen. Sie trat hinter dem breiten Rücken des Gebirglers hervor. »Lass uns vorbei!« rief sie der Erscheinung zu.
    Die drehte sich verächtlich nach ihr um. »Wer gibt hier mit so lieblicher Stimme so harsche Befehle?«
    Ni’lahn ließ sich nicht aufhalten. Sie nahm ihre Laute in beide Hände und berührte mit einem Fingernagel eine Saite. Ein leiser Ton schwebte durch den Raum. Die Wirkung war verheerend.
    Die Gestalt des Königs taumelte zurück, der lebende Schatten schwankte wie unter einem mächtigen Wind. Ein Schrei entrang sich der Finsternis: das vertraute Geheul der Grim.
    »Du weißt, wer ich bin, nicht wahr?« Ni’lahn schlug eine zweite Saite an. »Du kennst die Magik, die dem Holz innewohnt, die Macht des Waldgesangs.«
    Wütend fuhr die Dämonin auf den Zwergenhauptmann los. »Du Narr, du hast eine Nyphai hierher gebracht! Wie konntest du nur?«
    Hauptmann Brytton schüttelte den Kopf. »Ausgeschlossen. Die Nyphai sind alle tot.«
    »Nicht alle! Eine ist noch am Leben!« Ein Finger zeigte auf Ni’lahn. »Du elender Narr!«
    Ni’lahn ging immer weiter. Jetzt griff sie, mit allen Fingern, munter in die Saiten. Akkorde, Melodien hallten von den Wänden wider.
    Abermals heulte der Geist auf.
    »Ich weiß nicht, wer du bist«, sagte Ni’lahn, »aber du dienst dem falschen Herrn. Hast du das Lied des Wahren Tales vergessen?« Ihre Finger tanzten über die Laute, beschworen Erinnerungen an lebendiges Grün und purpurne Blüten, an bunte Lichter und schwirrende Vögelchen herauf.
    »Nein!« Der Geist fuhr aus dem Körper aus, der von ihm besessen war, und wich zurück. König Ry sank, eine leere Hülle, zu Boden.
    »Erinnere dich!«

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