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Alasea 05 - Das Buch der Entscheidung

Alasea 05 - Das Buch der Entscheidung

Titel: Alasea 05 - Das Buch der Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clemens
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Ähnlichkeit mit einem Wolf, doch wenn das Holz selbst den Wunsch gehabt hatte, so geformt zu werden, musste der Baum wahnsinnig gewesen sein. Der Wolf hatte Hörner auf dem Kopf, die Hinterbeine glichen Vogelbeinen und endeten in Krallen.
    »Und diesem Ding kannst du Leben einhauchen?« fragte Tyrus. Er war auf einmal nicht mehr sicher, ob er das wirklich mit ansehen wollte.
    »Ja.« Raal begutachtete sein Werk. »Man braucht nur eine gewisse innere Sammlung.«
    Tyrus trat näher, um besser sehen zu können. Auch die anderen Fai ne betrachteten aufmerksam die neue Schöpfung.
    »Und etwas Blut«, murmelte Raal, schnappte sich den nächstbesten der Fai ne und stach ihm die Ahle in die Seite.
    Der Kleine kreischte wie ein verletzter Vogel. Raal hob ihn auf und träufelte sein Blut über die Statue. Wo ein Tropfen den Stein berührte, verwandelte der sich in graue Haut. Die Transformation breitete sich wie tauendes Eis über die ganze Oberfläche der Skulptur aus. Wenig später war der Wolf zu Fleisch geworden.
    Raal schleuderte den Verletzten achtlos von sich. Der Kleine kroch davon und leckte sich die Wunde. Der Wolf auf der Bank regte sich nicht. Er stand da wie eine Statue aus grauem Fleisch.
    Raal beugte sich vor und hauchte ihn an. Er begann am hinteren Ende und arbeitete sich nach vorn vor. Wo sein Atem das Fleisch berührte, zuckte es und wurde lebendig. Die Beine beugten sich, die schmale Brust hob und senkte und der Hals streckte sich. Und als Raal sich wieder aufrichtete, schlug der Wolf große schwarze Augen auf und sah sich damit um.
    »Willkommen, mein Kleiner. Willkommen auf dieser dunklen Welt.« Raal lachte, und die anderen Fai ne stimmten ein.
    Verblüfft sah Tyrus, wie das neue Geschöpf seine Beine ausprobierte, den Kopf warf und alles aufzuspießen suchte, was ihm vor seine winzigen Hörner kam. Dann sprang es vom Tisch und mischte sich unter die anderen. Einige scharten sich um den Neuankömmling und beschnupperten und betasteten ihn.
    Raal fuhr herum. »So entstehen meine Kinder. Aus Blut und Atem.«
    Tyrus war sprachlos. Blut, um den Stein in Fleisch zu verwandeln … Atem, um dem Fleisch Leben einzuhauchen. Ob das die Antwort war? Konnte das Blut der Fai ne den Bann brechen, der seine Gefährten im Stein gefangen hielt? Und würde Raals Atem womöglich gar nicht gebraucht, da sie bereits am Leben waren?
    Er betrachtete die ausgelassen umhertollenden Kreaturen. Wie viel Blut wäre dafür wohl nötig?
    Es gab nur eine Möglichkeit, das herauszufinden.
    Er ging auf die Fai ne auf der Bank zu. Der Verletzte hatte eine Blutspur über den ganzen Tisch gezogen. Sie war schwarz und flimmerte in einem fahlen Grün wie der Bach, der am Haus vorüberfloss. Tyrus beugte sich vor und fasste mit seiner Granithand in das abscheuliche Nass.
    Sobald er es berührte, ging ein Schlag durch seinen ganzen Arm. Seine Beine gaben nach, ein Keuchen entfuhr ihm. Er taumelte zurück und hob die Hand an die Augen. Der Granit war zu hellem Fleisch geworden. Die Verwandlung raste warm und kribbelnd seinen Arm hinauf. Die Hitze erwärmte den Stein. Kleidung und Haut erblühten in den Farben des Lebens.
    Raal starrte ihn erschrocken an.
    Wieder schnappte Tyrus nach Luft. Der Bann wich von ihm, das Kribbeln griff über auf seinen Rumpf und seine Beine. Der zweite Arm erwachte zum Leben, es begann an der Schulter, setzte sich in die Hand hinein fort und endete schließlich im Schwert. Augenblicke später spiegelte sich der Schein des Feuers im blanken Stahl.
    Tyrus richtete sich auf und bewegte seine Glieder. Er fühlte sich leichter, munterer.
    »Der Bann des Magus … Du hast ihn gebrochen!« Ein Aufschrei löste sich aus Raals Kehle. Es war ein unglaublicher Laut, der pure Wahnsinn, eine Mischung aus Grauen und Entzücken. Er wandte sich der Bank zu und schmierte sich etwas von dem Blut auf sein eigenes versteinertes Fleisch. Dann streckte er Tyrus den Finger entgegen: der graue Stein hatte sich nicht verändert.
    »Warum geht es bei mir nicht?« schrie er, und nun hörte Tyrus ganz deutlich die Stimme des Magus. »Warum lässt sich dein Kerker mit diesem Schlüssel öffnen, nicht aber der meine?«
    Tyrus wich zurück.
    Die Fai ne spürten die Erregung ihres Herrn und wurden noch unruhiger. Ihre dünnen Stimmen waren wie ein Echo auf den Schrei ihres Schöpfers. Einige richteten den Blick auf Tyrus. In den schwarzen Augen glomm Misstrauen auf … und Schlimmeres. Blutgier. Tyrus war nicht mehr aus Stein. Sie rochen sein

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