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Alasea 05 - Das Buch der Entscheidung

Alasea 05 - Das Buch der Entscheidung

Titel: Alasea 05 - Das Buch der Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clemens
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Beine. Der Blitz aus dem Buch fuhr himmelwärts, beschrieb einen weiten Bogen und landete schließlich neben ihnen auf dem Weg. Aus Licht und Energie bildete sich die Gestalt einer Frau. Gekleidet in leuchtenden Mondstein, brodelnd von Energien, die nicht von dieser Welt waren, wandte sie sich Elena zu. Hinter ihren Augen wütete das Licht von tausend Sonnen. »Was für ein Frevel ist das?« schrie Cho.
    »Wir wissen es nicht«, antwortete Er’ril mit aller Strenge, die er aufbringen konnte.
    »Deshalb haben wir dich gerufen«, fügte Elena hinzu.
    Cho sah zum Himmel empor, dann heftete sich ihr Blick auf den Baum. »Eine Brücke«, sagte sie. »Eine neue Geistbrücke ist entstanden!«
    Die anderen im Hof stumme Zeugen traten näher.
    »Eine Geistbrücke?« fragte Er’ril.
    Elena löste sich aus seinen Armen. »Vielleicht sollten wir mit Fila sprechen«, schlug sie vor. Er’ril verstand die Bitte: Der Geist von Elenas Tante bildete ebenfalls eine Brücke zwischen den Welten.
    Cho warf noch einen Blick auf den Mond, dann schien sie zu zerfließen, obwohl sie sich nicht von der Stelle rührte. Die Anspannung wich aus ihren Schultern, und als sie sich den beiden wieder zuwandte, wirkte die Bewegung natürlicher, und das Licht der Leere strahlte nicht mehr aus ihren Augen.
    »Kind«, fragte sie herzlich, »wie geht es dir?«
    »Tante Fila …« Elena versagte die Stimme.
    Er’ril legte ihr aufmunternd die Hand auf die Schulter. »Was geschieht mit dem Mond?«
    Die Geistergestalt blickte über den Hof. »Cho hat Recht. Durch die Freisetzung der Geister aus dem Baum wird eine zeitlich begrenzte Verbindung zwischen der Leere und dieser Welt hergestellt. Die Geister bilden wie ich eine Brücke zwischen den beiden Ebenen.« Sie sah die beiden an. »Doch ich bin fest mit der Magik des Blutbuches verbunden, diese Brücke dagegen wird verschwinden, sobald der Geisterstrom aus dem Koa’kona versiegt.«
    »Aber was ist mit dem Mond?« fragte Elena.
    Der Mond hatte sich inzwischen fast zur Gänze blutrot verfärbt und schickte immer mehr feurige Fäden zu ihnen herab.
    Tante Fila runzelte die Stirn und bedeutete Elena, die Hand zu heben. Ihre rubinrote Rose hatte die gleiche Farbe wie der Himmelskörper. »Seit die Brücke besteht, sickert Energie aus der Leere und fließt hierher.«
    »Aber warum?« fragte Elena. »Ich verstehe das nicht.«
    »Mir und Cho geht es nicht anders. Es dürfte nicht sein. Cho ist in Panik. Es ist, als hätte etwas ein riesiges Loch in das Gewebe ihrer Welt gerissen, durch das die Energie nun hierher ausströmt.«
    »Wie groß ist die Gefahr?« fragte Er’ril.
    Tante Filas Geist schüttelte den Kopf. »Wenn diese Energie euch erreicht, könnte sie eure Welt zu Asche verbrennen oder das Gewebe eures Daseins bis zur Unkenntlichkeit verzerren.« Ihr Blick huschte zu dem Baum hinüber. »Die Brücke muss durchtrennt werden.«
    »Aber es ist doch fast vorüber.« Ni’lahn trat vor. »Nur eine Hand voll schwarzer Blüten müssen noch aufgehen.«
    Er’ril sah, dass sie Recht hatte. Nur wenige Blüten waren noch dunkel und leuchteten mit feurigen Kelchen himmelwärts. Aber wenn das Schicksal der Welt davon abhing …
    Er fasste den Stiel seiner Axt fester.
    Elena suchte nach einem Ausweg, um Rodricko nicht in Gefahr bringen zu müssen. »Können wir das Loch in der Leere nicht schließen?« fragte sie.
    »Nein. Dazu müssten wir wissen, wodurch es entstanden ist.«
    »Aber da wir nicht wissen, woher das Loch kommt«, wandte Elena ein, »wissen wir doch auch nicht, ob der Strom aufhört, wenn wir die Brücke durch trennen.«
    Tante Fila zog sichtlich beunruhigt die Augenbrauen zusammen. »Vielleicht hast du Recht. Das muss zuerst geklärt werden. Ich werde Cho danach fragen.« Sie wandte sich ab.
    Elena sah Er’ril an. Er nahm ihre Hand, legte aber die Axt nicht W eg. Ein paar Schritte weiter bemühte sich Merik, Ni’lahn zu trösten. Dahinter sang ein einsamer kleiner Junge für seinen Baum. Mit einem Mal spürte Er’ril im Lied des Jungen, wie das Geschehen auf einen Höhepunkt zudrängte. Alle waren versammelt, alles erbebte unter der angestauten Macht. Er spürte, dass die Welt auf diesen Moment gewartet hatte, seit sie vor langer Zeit das Buch des Blutes gebunden hatten.
    Wie würde es nun weitergehen?
    Nach langem Schweigen drehte sich die Geistergestalt zu ihnen um. In ihren Augen glühten abermals die eisigen Feuer der Leere: Cho war zurückgekehrt. Die leeren Augen richteten sich auf Elena.

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