Alasea 05 - Das Buch der Entscheidung
chuk ihn aufhalten konnte, und sprang etliche der Stufen hinab. Dort richtete er sich auf und drohte mit seiner Keule. »Zeige dich, Dämon!«
Lange blieb es still, dann ertönte höhnisches Gelächter.
Tol chuk trat in die Höhle. »Komm zurück, Hun’chua!«
»Du hast also Gäste mitgebracht. Und der Anstand gebietet, solch hohen Besuch nicht allein zu empfangen.« Tol chuk sah in der Tiefe eine Bewegung, einen dunklen Schatten, der durch den Nebel glitt. »Kinder, ihr braucht euch nicht zu verstecken. Kommt spielen!«
Wieder hörte Tol chuk das quietschende Scharren, als schrammten Messer über den Stein genau wie zuvor, als er das Auge betreten hatte. Er sah sich suchend um, aber es schien nicht von unten zu kommen.
Er legte den Kopf in den Nacken. Hun’chua tat es ihm nach.
Die Unebenheiten an der Decke, die er für Tropfstein gehalten hatte, setzten sich in Bewegung. Das durchdringende Kratzen wurde von ihren gepanzerten, spitz zulaufenden Gliederbeinen erzeugt. Jedes der Geschöpfe war so groß wie ein Hund. Und durch die Felsspalten gelangten von außen immer neue Ungeheuer in die Höhle.
»Dämonenbrut«, knurrte Hun’chua.
Eins der Geschöpfe befand sich genau über ihm. Es sah aus wie ein monströses Zwitterwesen aus Krebs und Skorpion, aber es hatte ein riesiges Maul. Nun ließ es sich an den Hinterbeinen herab, klapperte drohend mit den vorderen Scheren und fletschte die Zähne. Aus seinem Maul troff grünliches Öl.
Tol chuk wich zurück. Auch Hun’chua brachte sich in Sicherheit.
»Kommt, meine Kinder!« lockte Vira’ni von unten.
Hinter ihnen gellte der Schrei eines Og’ers aus dem Tunnel. Tol chuk begriff, dass offenbar noch mehr der furchtbaren Kreaturen wie schon einmal durch die offenen Beobachtungsstände und Postenlöcher in den Gang krochen, die Jäger von hinten und von den Seiten her angriffen und auf die Höhle zutrieben.
Nun gab es kein Zurück mehr.
Tol chuk verfluchte sich selbst. Warum hatte er nicht wie eine Spinne gedacht? Für ihn war es unvorstellbar gewesen, dass irgendein Wesen an den glatten Hängen des Nordzahns emporkriechen konnte. Nun hatte die Dämonenbrut die ganze Decke besetzt, und unten löste sich ein schwarzer Schatten aus den Dampfschwaden. Vira’ni hatte das Versteckspiel aufgegeben.
»Komm, Tol chuk. Bring mir das Herz, und ich verzichte darauf, deine schlummernden Stammesbrüder zu töten. Was ist schon ein kleiner Kristall gegen so viele Leben?«
Ein Windstoß fuhr durch die Felsritzen und strich Tol chuk mit eisigen Fingern über das erhitzte Gesicht. Draußen krachte der Donner. Das Unwetter war direkt über ihnen. Der Wind trieb den Dampf auseinander.
Am Rand der Drachenkehle kauerte auf acht Gliederbeinen eine albtraumhafte Gestalt, halb Frau, halb Spinne, und starrte Tol chuk unverwandt an.
Hun’chua wich zurück. Eins der Krebsmonster ließ sich von der Decke fallen. Der Og’er erwies sich als echter Jäger. Er schwang seine Keule und traf die Bestie noch in der Luft. Sie polterte winselnd die Stufen hinab und landete hart auf dem Felsboden.
Vira’ni stieß einen schrillen Schrei aus. »Nein!« Sie drehte sich mit boshaftem Zischen auf ihren Chitinbeinen um und wählte ein Bündel aus einer ganzen Reihe fest verschnürter Kokons.
Damit kehrte sie in ihre alte Stellung zurück und hielt es mit einem ihrer scherenbewehrten Beine in die Höhe. Es war so dick mit Spinnenseide umwickelt, dass Tol chuk nicht gleich erkannte, was es war. Doch dann sah er aus dem Gespinst einen zappelnden Arm hervorragen: ein Og’er Junges, das sich gegen die Fesseln wehrte.
Vira’ni hielt es über den Glutstrom in der Drachenkehle. »Eins von deinen Kindern gegen eins von meinen!«
»Nein!« schrie Tol chuk.
Einen Herzschlag lang bekämpften sie sich mit Blicken dann ließ sie das Junge fallen. Es stürzte mit wild fuchtelndem Ärmchen in die Spalte und landete im flüssigen Gestein. Eine feurige Fontäne spritzte auf. Das Junge war verschwunden.
Tol chuk hatte keinen Laut gehört nur den stummen Schrei in seinem Herzen.
Vira’ni fuhr wieder herum, schnappte sich zwei weitere Bündel und hielt sie über die brodelnde Spalte. »Zum letzten Mal, Tol chuk. Komm zu mir! Und bring mir das Herz!«
»Tu es nicht«, warnte Hun’chua, der bis an das Drachenauge zurückgewichen war. Von den Jägern im Tunnel waren nur noch vereinzelte Schreie zu hören.
»Geh, und hilf den anderen!« befahl Tol chuk dem Anführer seines Clans. »Rette, so viele du
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