Alba und Albion
sahen wir nur Beine. Viele Beine, die hin und her liefen, hörten Metall klirren, es wurden riesige Breitschwerter durch die Luft geschwenkt. Ich hörte das wilde Hundegebell, ich vernahm das Rufen einiger Männer, aber nur zwei davon trugen Kniehosen. Der Rest war mit Strümpfen bekleidet und darüber -
Zum ersten Mal in meinem Leben sah ich einen Mann in diesem … Rock!
Ich war entsetzt!
Nicht, daß sie so zahlreich auf uns einstürmten. Noch nie hatte ich so viele nackte Männerbeine gesehen. Alle schienen mit einem Rock, dem Kilt, bekleidet und wären wir nicht in einer solch brennzlichen Situation gewesen, hätte ich wahrscheinlich lauthals gelacht. Die Angreifenden hatten sich sämtlich eine große Bahn des gleichen Stoffes um die Schulter geworfen, wie ich es schon oft bei Robbie und Seamus beobachtete. Vor ihrem skandalös kurzen, knielangen Rock baumelte vorne bei einigen ein kleine flache Tasche, die aus einem Tierfell zu bestehen schien. Eine der Taschen war enorm groß und ich sah, daß der Besitzer des Fells einmal ein Fuchs gewesen sein mußte. Die muskulösen Beine steckten in dicken, umgestülpten Strümpfen, teilweise in den Farben des Clans, in denen jeder einen Dolch zu haben schien und statt fester Schuhe, wie wir sie an hatten, trugen sie lediglich lederne Sandalen, die nicht sehr wasserdicht aussahen und mit Lederbändern an den Waden befestigt wurden.
„Oh, mein Gott!“
Entsetzt starrte ich auf die Menschenmenge, die sich mit verbissenen Gesichtern bekämpfte. Alisa flüsterte mir leise zu.
„Keine Angst, Susanna. Das ist nur ein kleines Scharmützel. Nichts Großartiges.“
Ich starrte sie ungläubig an. „Nichts Großartiges? Da sausen schwere Klingen über die Köpfe unserer Männer und du sagst, es sie nichts Großartiges?“
Sie kicherte. „Genau. Nur reines Machtgehabe. Du wirst sehen, es kommt keiner zu Schaden.“
Wenn ich jedoch den Schotten betrachtete, der vergeblich versuchte, einen gefährlich knurrenden Stromer abzuschütteln, änderte ich schnell meine Meinung. Verbissen versuchte Stromer, die Tasche zu erhaschen, von der sich der Mann anscheinend nicht trennen konnte oder wollte. Auch ein Tritt in seine Richtung hielt Stromer nicht davon ab. Stattdessen biß der Hund den erstaunten Mann in die Wade, daß das Blut nur so herausquoll. Der Schotte, für den ich nun etwas Mitleid empfand, fiel schreiend in den Dreck und wälzte sich vor Schmerzen, während Stromer nun endgültig in den Besitz der Felltasche kam und selig mit seiner Beute aus dem tobenden Gewühl davontrottete.
Entsetzt schloß ich die Augen und als ich Alisa darauf aufmerksam machte, kicherte sie erneut.
„Auf ihn kann man sich tatsächlich verlassen. Und du wirst sehen, im Nu ist alles wieder vorbei.“
Sie erstarrte plötzlich und drückte meine Schulter. „Oh je! Das ist ja der Clan Campbell“, flüsterte sie mir zitternd zu.
„Woher willst du das wissen?“
„Der Tartan! Ich wußte, irgendwoher kenne ich diese Farben!“
Erneut versuchte ich etwas zu erkennen, doch zu viele Beine standen genau vor unseren Gesichtern und schoben immer mehr von dem Matsch und Schlamm zu uns.
„Ist das schlimm?”, raunte ich zurück.
„Ich weiß nicht recht. Aber ich glaube - ja.“
Nun bekam auch ich ein ungutes Gefühl. Inzwischen wurden Robbie und Seamus von den Angreifern eingekreist und standen Rücken an Rücken dem Feind gegenüber. Von Stromer fehlte jede Spur. Heftig und laut debattierten unsere Männer in ihrer Sprache mit den Clansmännern.
„Kannst du verstehen, was da geredet wird?“
Sie legte den Kopf schief. „Sie sind zu weit weg. Aber ich probier’s.“
Angestrengt horchte sie in ihre Richtung und übersetzte mir, was da oben gestritten wurde.
„Sie wollen Seamus und Robbie mitnehmen. Wahrscheinlich, um sie gegen viel Geld wieder auszulösen. Aber sie weigern sich. Von uns haben sie anscheinend noch nichts mitbekommen. Sei bitte still!“
Eindringlich drückte sie mich am Arm und ich nickte. Eine erneute Attacke auf unser Geschlecht würden wir wahrscheinlich beide nicht verkraften. Ich flüsterte so leise ich konnte und wir zitterten so stark, daß es genauso gut an der Kälte hätte liegen können.
„Hast du Angst?“, fragte ich.
„Ja. Und wie!“
Nach einiger Zeit des Diskutierens setzten sich die Beine in Bewegung und ein Paar nach dem Anderen verschwand zwischen den Bäumen, bis wir fast alleine waren.
Das konnte doch nicht wahr sein!
Wollte uns Robbie hier
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