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Albach und Mueller 01 - Russische Seelen

Albach und Mueller 01 - Russische Seelen

Titel: Albach und Mueller 01 - Russische Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bronnenmeyer
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geht.«
    »Er ist gefährlich«, zwei blasse Augen sahen Alfred flehend an.
    »Nicht mehr«, sagte der fast euphorisch, »er ist tot, das haben wir euch doch schon am Anfang alles erklärt. Ihr wolltet bloß nicht zuhören! Also noch mal: ich bin von der Mordkommission und muss diesen Mord aufklären, o.k.? Dieser Mann kann dir nichts mehr anhaben, aber du kannst jetzt was für mich tun, indem du mir alles erzählst, was du von ihm weißt.«
    Die beiden sahen sich zwei Minuten lang schweigend an und rauchten. Schließlich begann Konstantin langsam zu sprechen:
    »Fjodor. Verkauft Heroin und Koks. Er ist billiger als die Mafia, aber er ist brutal. Die anderen sagen, er war früher beim KGB, in einer Spezialeinheit. Mehr weiß ich nicht.«
    »Er hat also nichts mit der Mafia zu tun?«
    »Nein, die haben ihn in Ruhe gelassen und uns auch. Wahrscheinlich haben sie auch Angst vor ihm gehabt«, er strich sich eine schweißnasse Haarsträhne aus dem Gesicht.
    »Hat er völlig allein gearbeitet?«, Alfred machte Notizen.
    »Ich weiß nicht. Habe nie jemand anderen gesehen.«
    »Wie lange kennst du ihn schon?«
    »Drei Jahre, vielleicht.«
    »Weißt du etwas über diese Spezialeinheit, der er angeblich angehört hat? Spionage, Terror, Abwehr, was hat er dort gemacht?«
    »Ich habe kein e Ahnung!«
     
    Nikolai traf Jewgenji, als sie beide siebzehn Jahre alt waren und Kadetten in der Offiziersschule Rjasan. Nikolai kam aus einer Kleinstadt im Ural, Jewgenji aus einem weißrussischen Dorf. Beide hatten sich, mehr als ihre Geschwister und Klassenkameraden, in der Schule mit besonders guten Noten und disziplinierter Intelligenz hervorgetan. Wie es sich gehörte, waren beide Mitglieder des kommunistischen Jugendverbandes Komsomol. Dort erhielten sie regelmäßig Besuche von Anwerbern der Roten Armee, die den begabtesten Jungen eine glänzende Zukunft als Offiziere versprachen, wenn sie nach dem Schulabschluss eine entsprechende Zulassungsprüfung bestehen würden. Nikolais Mutter wollte ihn daran hindern, zum Militär zu gehen. Sein Vater war während eines Manövers nahe der mongolischen Grenze als Unteroffizier von einer Landmine zerfetzt worden, zusammen mit sieben Kameraden. Man fand nicht mehr genug sterbliche Überreste, um in der Heimat eine ordnungsgemäße Bestattung durchzuführen. Das gusseiserne Kreuz auf dem Friedhof wachte über hohle Erde und Nikolais Mutter war seitdem schwermütig; sie trug jahraus, jahrein nur noch Schwarz. Ein leeres Grab konnte all die Trauer und den Schmerz nicht aufnehmen und so betete sie seit sieben Jahren täglich in der letzten verbliebenen, schäbigen Kapelle des Dorfes für die Seele ihres Mannes. Nikolai liebte seine Mutter über alles, ließ sich aber von ihr nicht davon abhalten, ebenfalls eine militärische Laufbahn einzuschlagen. Er hatte die Orden und Auszeichnungen seines Vaters immer bewundert, genauso wie die Bilder von ihm mit anderen schneidigen Kerlen in Uniform, die im Wohnzimmer auf der Kommode standen. Außerdem würde er ja nun Offizier werden und wäre solch ordinären Gefahren wie sein Vater überhaupt nicht ausgesetzt. Zwar hätte er mit seinen Leistungen und dem heldenhaften Tod des Vaters problemlos studieren können, doch er fühlte sich nicht geboren für ein Leben im Büro oder Labor. Er brauchte frische Luft und Bewegung. Er träumte von einem aufregenden, mannhaften Leben voller Abenteuer und Gefahren.
    Anfangs schien es tatsächlich so, als hätten die Kadetten das große Los gezogen. Sie erhielten eine hochschulähnliche Ausbildung in Naturwissenschaften, Mathematik und Fremdsprachen. Außerdem natürlich militärischen Unterricht in Topografie, Fallschirmspringen, Sprengstoff- und Sabotagetechniken. Den politischen Unterricht, der sie noch stärker im Geiste des Kommunismus festigen sollte, verfolgten sie interessiert und wunderten sich, warum eine so großartige Sache immer so schlechte Vermittler haben musste. Wie zum Beispiel Major Kutschenko, der ihnen eineinhalb Stunden lang aus den Schriften von Marx, Engels und Lenin vorlas und schließlich beteuerte, wie großartig die heutige Sowjetführung diese Gedanken doch umsetzen würde, wie gut es dem Volk gehe und wie glücklich es lebe. Trotz der schlechten Lehrer glaubten sie an die Sache. Es soll allen Menschen gut gehen, es gibt keine Armen mehr und keine Reichen; alle sind gleich. Ein Arbeiter sollte für sich und seine Familie und nicht für einen Großkapitalisten arbeiten, niemand sollte hungern oder

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