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Albach und Mueller 01 - Russische Seelen

Albach und Mueller 01 - Russische Seelen

Titel: Albach und Mueller 01 - Russische Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bronnenmeyer
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leistete.
    »Hast du dann schon Russisch gelernt?«
    »Bin gerade dabei. Aber Sprachen waren noch nie so mein Spezialgebiet …«
    »Was du nicht sagst«, Renan setzte sich wieder und stellte eine neue Flasche Wasser auf den Tisch. Sie kannte Woodstock schon seit ihrer gemeinsamen Zeit als Kommissarsanwärter, wo sie sich einmal wegen einer misslungenen Ernstfallsimulation in die Haare bekommen hatten. Sie sollten einen betrunkenen Randalierer beruhigen und Renan hatte viel zu früh zur Waffe gegriffen. Als Woodstock sie dann mit einem »Das nächste Mal wird’s besser« aufmuntern wollte, hatte sie ihn dermaßen flott gemacht, dass er fast geweint hatte. Zehn Minuten später tat es ihr schon wieder Leid und am nächsten Tag hatte sie sich kleinlaut vor allen Kollegen bei ihm entschuldigt. Seitdem waren sie fast so etwas wie Freunde geworden.
    »Dobroje utro, dobryi den, spasibo«, zählte Woodstock auf, »poschaluista, piwo …«
    »Wie lange lernst du schon?«
    »Ein halbes Jahr. Weiß kann inzwischen schon alle türkischen Schimpfwörter und Beleidigungen rauf und runter«, er zuckte mit den Achseln, »manchen gibt’s der Herr im Schlaf!«
    »Und ausgerechnet du musst dich mit den Russen herumärgern«, Alfred schob seinen Teller zur Seite, »wie ist denn diese Aufteilung zu Stande gekommen?«
    »Also, eigentlich wollte ich sie sogar. Einerseits stellen sie die größte Herausforderung dar, andererseits kann ich ihre Mentalität irgendwie nachempfinden.«
    »DIE sind aber nicht alle gleich«, sagte Renan scharf und fingerte ein neues Taschentuch aus der Packung.
    »Vielleicht«, Woodstock hob die Hände, »ich habe auf jeden Fall noch nicht viele getroffen, die sich wesentlich vom Klischee unterschieden haben.«
    »Und wie ist das Klischee?«
    »Sie besitzen ein klingonisches Ehrgefühl. Es ist komplett ausgeschlossen, dass man sich wegen eines Problems an die Polizei wendet. Konflikte werden nur untereinander ausgetragen. Die Jungs werden nur als Männer akzeptiert, wenn sie keinerlei Schwächen zeigen. Das ist eine Macho-Kultur, bei der selbst die Türken erblassen.«
    »Und diese Mentalität kannst du also nachempfinden?«, fragte Renan.
    »Ja«, Woodstock blickte an Renan vorbei in Richtung Kantineneingang, »doch.«
    »Was kannst du als Jugendkontaktbeamter denn überhaupt tun?«, Alfred zog eine Zigarette aus seinem Etui.
    »Ich gehe in Schulen, Jugendtreffs, Sportvereine und so weiter. Manchmal finden sich Lehrer oder Sozialarbeiter, die sie zum Diskutieren bringen. Im Großen und Ganzen gibt es drei mögliche Kanäle, über die man sie vielleicht beeinflussen kann …«
    »Die wären?«
    »Die Mädels. Auch bei den Russen sind die Mädchen meistens vernünftiger als die kleinen Chauvis. Es sind fast immer nur die Jungs, die Scheiße bauen. Die Eltern. Durch die eher traditionelle Familienstruktur bei den Aussiedlern haben die Eltern noch etwas mehr zu sagen als bei uns, und die Eltern sind meistens sehr vernünftig und besorgt wegen der steigenden Kriminalität. Und, last but not least, junge russische Männer, die sich in unsere Gesellschaft integriert haben.«
    »Rollenvorbilder«, warf Renan ein.
    »Genau. Wenn ich einen einundzwanzigjährigen Kfz-Mechaniker mit russischem Akzent vor eine Gruppe von fünfzehnjährigen Rotznasen stelle und der erzählt, dass er 1200 Euro verdient und einen BMW fährt, kann das schon den einen oder anderen nachdenklich machen.«
    »Verstehe«, nickte Alfred und blies einen Rauchkringel aus.
    »Es geht darum, bei ihnen kognitive Dissonanzen zu erzeugen«, dozierte Woodstock weiter.
    »Hört, hört«, äffte Renan.
    Die angeregte Diskussion wurde durch eine Angehörige des Kantinenpersonals unterbrochen, die sie aufforderte, ihren Tisch samt Stühlen wieder in den Speisesaal zu tragen, da sie die Kantine in fünfzehn Minuten schließen würden.
    »Weißt du, was mir bei eurem Verdächtigen komisch vorkommt?«, fragte Woodstock über die Schulter, während er gemeinsam mit Alfred den Tisch zurücktrug.
    »Nein«, sagte Alfred mit der Kippe im Mund.
    »Er zeigt die Verhaltensweise von einem Aussiedler, der sein Leben lang im Stahlwerk oder in der Kolchose gebuckelt hat und ohne Arbeit nicht mehr klarkommt. Das bringe ich nicht mit dem KGB und so zusammen.« Sie stellten den Tisch ab.
    »Bisher gibt es ja lediglich einen Hinweis, dass das Opfer beim KGB war, vielleicht ist unser Phantom ja ein Exot oder ihm ist hier stinklangweilig«, Alfred zuckte mit den Achseln.
    »Auf

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