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Albertas Schatten

Albertas Schatten

Titel: Albertas Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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Tage nach Oxford fahren. Alberta will mir ein paar Stellen in London und Oxford zeigen, wo sie und Tantchen in ihrer Kindheit die Welt ein Stück vorangebracht haben. Ich denke schon an meine Rückkehr zu Dir, mein Liebster. Ich hoffe so sehr, daß Du wieder anrufst, bevor Du diesen Brief bekommst, damit mein Tag unter einem guten Stern steht, weil…

    7

    K ate hatte die Dokumente, die Charlie ihr gegeben hatte, zu En-de gelesen. Der Privatdetektiv, der sie danach aufsuchte, war ruhig und geschäftsmäßig und entsprach so wenig der Vorstellung irgendeines amerikanischen Schriftstellers vom Privatdetektiv, daß Kate sich einen Moment lang fragte, ob er ein Schwindler sei, der ihr aus Spaß von Toby und Charlie geschickt worden war. So wirken sich literarische Klischees auf unseren Verstand aus, dachte sie. Sie hatte ihn zu sich zum Tee eingeladen. Dieser wurde in einem Service serviert, das sie, als einzige Tochter, von ihrer Mutter geerbt hatte.
    Kates Haushälterin, die die Dinge stets mit beachtlicher Begeisterung in die Hand nahm, wenn sie die Wiederbelebung der Sitten einer früheren Zeit ahnte, hatte Sandwiches mit Brunnenkresse gemacht und dünne, feine Kekse gebacken. Als Kate ihn fragte, ob er Sahne oder Zitrone möge, fühlte sie sich in einen englischen Kriminalroman der zwanziger Jahre versetzt. Der Detektiv, der nicht anders heißen konnte als Mr. Fothingale, bat sie, ihn Richard zu nennen; er nahm Zitrone und Zucker und machte es sich bequem für seine langwierige Geschichte von Frustration und spärlichen Ergeb-nissen. Kate nippte an ihrem Tee mit Zitrone und ohne Zucker und genoß das vorzügliche Sandwich mit Brunnenkresse; sie ermunterte ihn ab und zu mit einem Lächeln und zustimmendem Kopfnicken.
    »Ich habe mit dem angefangen, was Sie aus diesen Unterlagen entnehmen konnten«, sagte er. »Natürlich ohne das Ashby-Tagebuch. Das habe ich gefunden, nachdem ich diesen Auftrag übernommen hatte. Aber das war schon praktisch alles, was ich gefunden habe. Nach Charlies letztem Brief, den Sie dort haben, ist Alberta Ashby verschwunden, und seitdem hat niemand mehr etwas von ihr gehört. Niemand.«
    »War das Tagebuch in dem Haus mit dem Zeltdach?« fragte Ka-te.
    »Ja, es war in der Schublade des Tisches eingeschlossen, an dem sie immer geschrieben hat. Ehrlich gesagt, ich glaube nicht, daß sie es dort gelassen hätte, wenn sie nicht beabsichtigt hätte, zurückzukommen, und meiner Meinung nach war das der deutlichste Beweis dafür, daß sie nicht untergetaucht ist. Natürlich«, sagte er und hob abwehrend die Hand, als Kate zu einem Satz ansetzen wollte, »ist es auch möglich, daß sie es zurückgelassen hat, um uns irrezuführen.

    Sie war so sehr auf die Unantastbarkeit ihrer Privatsphäre bedacht, daß es wahrscheinlicher gewesen wäre, wenn sie es mitgenommen hätte. Aber sie wollte nur für eine Woche fort. Ich nehme an, sie vertraute den Farmersleuten, daß sie nicht in ihren Sachen herumschnüffeln würden; sie hat auch eine Vorsichtsmaßnahme getroffen, indem sie ein stabiles Schloß an der Schublade anbrachte. Ich meine, man hätte wirklich mit einem Brecheisen darangehen müssen, um an ihren Kram zu kommen – wie wir es schließlich auch getan haben.«
    »Ich frage mich«, sagte Kate, »ob sie es nicht an einer völlig un-wahrscheinlichen Stelle versteckt hätte, wo es nie gefunden worden wäre, wenn sie so auf die Wahrung ihrer Geheimnisse bedacht gewesen wäre, wie ich es war.«
    »Daran habe ich auch gedacht. Aber, ich weiß nicht, ob Sie jemals ein Haus dieser Bauweise von innen gesehen haben. Da gibt es einfach nicht so viele Verstecke – das ist nicht wie in einem alten Haus mit Wandtäfelungen und Winkeln und Ecken. Es gibt keinen Stauraum, welcher Art auch immer, und auch nichts, wohinter man etwas verschwinden lassen könnte. Sie hätte es im Kühlschrank oder im Backofen oder in irgendeinem anderen Möbelstück verstecken können, oder in der Scheune – aber das war nicht wirklich ihre Art.
    Nein, eigentlich glaube ich, daß sie das Sicherste getan hat, was sie tun konnte, vorausgesetzt, daß sie beabsichtigte zurückzukommen.«
    Kate nickte.
    »Aber«, fuhr er fort, »was haben wir durch dieses Stückchen Tagebuch erfahren? Eine Menge über ihre Kindheit in Oxford und über ihre Arbeit auf der Farm, aber nichts, was uns weiterbringt. Ich meine, die Tatsache, daß sie gern ein Junge gewesen wäre, führt uns nirgendwohin, wenn Sie es genau betrachten, oder? Ausgenommen den

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