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Albertas Schatten

Albertas Schatten

Titel: Albertas Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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die Verwalterin ihres literarischen Nachlasses, und es verstand sich von selbst, daß sie ihrerseits einen Teil der Tantiemen an Alberta weitergeben würde. Sinjin war mit der Stanton zusammen in Oxford, und sie blieben auch später Freundinnen, also muß sie alles über Alberta gewußt haben. Fothingale hat sie besucht, von George ganz zu schweigen. Und dann sind da noch die Leute von der Farm.«
    »Ich bezweifle nicht, daß Alberta existiert hat. Aber nimm einmal an, das Tagebuch wurde von jemand anderem geschrieben und ein-geschmuggelt.«
    »Ich glaube, du bist etwas romantisch in bezug auf diese Nachforschungen und übertreibst den Einfluß von Baker Street. Ich bezweifle, daß Charlie oder sonst jemand dieses Tagebuch hätte fälschen können. Charlie hat diese hartnäckige Art des geborenen For-schers – sie gehört zu den Leuten, die Biographien schreiben, indem sie alle Fakten sammeln; ich meine damit nicht, daß sie die Fakten neu arrangieren, um sie interessanter zu machen.«
    »Merkwürdig, daß sie sich mit Toby zusammengetan hat.«
    »Lillian, als nächstes wirst du ihr unterstellen, daß sie Tobys Frau umgebracht hat.«

    »Nur um der Diskussion willen: Kannst du sicher sein, daß sie es nicht getan hat?«
    »Nur um der Diskussion willen: Ich kann es.«
    »Also hast du dir darüber Gedanken gemacht?«
    »Eigentlich nicht. Ich glaube an das Überprüfen aller Dinge, so weit irgend möglich. Nach meiner Erfahrung geht das möglicherweise nicht sehr weit. Die Menschen gehen nun mal nicht durchs Leben und hinterlassen Zeugnisse von allem, was sich ereignet, oder schil-dern sie jemandem in allen Einzelheiten, die unbewußten Motive inbegriffen. Wo war ich stehengeblieben?«
    »Du hast dich gerade aufgeregt, weil ich Charlie verdächtige.«
    »Oh, Lillian, benimm dich. Komm zurück aus der Baker-Street-Atmosphäre in unser Wohnzimmer und sieh zu, daß dein Sinn für die Realität wieder in Ordnung kommt; dann wirst du nämlich feststellen, daß Charlie eine Verschwörung von ungeheuerem Ausmaß hätte in Gang setzen müssen, ganz abgesehen davon, daß sie Toby hätte becircen müssen; in einer Hinsicht wäre das wohl nicht zu schwer, in anderer aber auch nicht gerade leicht. Toby ist kein Dummkopf.«
    »Das könnte der Grund sein, warum er wollte, daß du dir die Sache ansiehst: der leiseste Hauch eines Zweifels, den du entweder erklären oder zerstreuen könntest.«
    »Da ist die Frage, warum diese beiden Frauen ihr Testament in den Vereinigten Staaten gemacht haben und nicht in London. Aber sie haben eine vollständige Kopie davon in London hinterlegt, und da Alberta Amerikanerin ist, ergibt das auch einen gewissen Sinn.
    Und nach Alberta fällt das Geld an George. Du wirst doch nicht unterstellen wollen, daß Charlie mit George unter einer Decke steckt? Aber wenn du heute deinen Tag der blühenden Fantasie hast, dann laß sie ruhig blühen.«
    »Was hast du in den Romanen herausgefunden?« fragte Lillian und überhörte Kates Bemerkung.
    »Nicht viel. Ein kleiner Hinweis hier und da; aber wie das so oft mit diesen Hinweisen ist, meistens haben sie keine Bedeutung. Sie schreibt über Griechenland und erweckt eine Reihe von mythischen und historischen Figuren zum Leben; sie spinnt Geschichten um sie, zum Beispiel um Figuren wie Theseus, Plato, Alexander und Euripi-des. Es sind alles Männer; die weiblichen Charaktere von einiger Bedeutung werden negativ gesehen, wie Ariadne zum Beispiel, die als das schlimmste Monstrum männlicher Vorstellungskraft dargestellt wird, das an Stücken menschlichen Fleisches nagt. Ja, die Männer werden insgesamt idealisiert, eiserne Kämpfer, dennoch liebesfähig, mit einer starken Loyalität füreinander.«
    »Hast du den Eindruck, daß sie nur an Männern interessiert war?«
    »Das kann wohl sein«, sagte Kate. »Aber ich habe fast das Ge-fühl, daß sie an den Frauen verzweifelt ist; daran, daß Frauen immer noch ihr Leben auf Trivialitäten, auf häusliche Tugenden und auf die Bewunderung durch die Männer ausrichten, obgleich sie und einige ihrer Zeitgenossinnen die Fähigkeiten der Frau unter Beweis gestellt haben. Also ordnet sie in ihren Geschichten alle Tugenden den Männern zu und genießt es, die Frauen an den Rand eines bedeutungsvollen Lebens zu verbannen. Wahrscheinlich alles nur Hirngespinste«, fügte Kate ungeduldig hinzu.
    »Mit Sicherheit sagt es uns nicht viel über Alberta.«
    »Nein. Nur, daß die beiden Frauen die Neigung teilten, das Leben des Mannes zu

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