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Albertas Schatten

Albertas Schatten

Titel: Albertas Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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eigenen, hoffte sie, auch die Menschen anzusprechen, die auf eine weniger persönlich gehaltene Anzeige vielleicht nicht reagiert hätten. Zweifellos würde sie eine gewisse Anzahl von der-ben oder komischen Zuschriften erhalten, aber das war die Sache ihrer Meinung nach wert. Außerdem hatte sie sich vorgenommen, abzuwarten, ob eine Frau sich melden würde, die 1980 das Referat über Charlotte Stanton in Houston gehalten hatte. Falls nicht, könnte Kate immer noch selbst die Initiative ergreifen; in der Zwischenzeit konnte sich Reichweite und provokative Wirkung der Anzeige er-weisen.
    Für die Wartezeit bis zum Erscheinen ihrer Anzeige und eventueller Ergebnisse plante Kate eine ausführliche Rücksprache mit Charlie.
    Diese fand in Tobys Wohnzimmer statt, wo sich Kate auf dem Heimweg nach einem Tag voller Vorlesungen und Gespräche mit Studenten mit einem Martini stärkte. Toby war in seiner Kanzlei.
    Charlie nippte an einem Bier und sah aufgeregt und wißbegierig aus, während Kate sich hauptsächlich erschöpft fühlte. Kate dachte, sie sollte vielleicht doch Urlaub nehmen und ein Buch schreiben oder irgendeine Detektivarbeit als Vollzeitjob übernehmen. Das waren ihre üblichen Spätnachmittagsgedanken, die sich aber stets bis zum nächsten Morgen in Nichts aufgelöst hatten.
    »Ein Leben mit viel Freizeit sieht von außen immer so verlok-kend aus«, sagte Kate. »Aber ich habe oft festgestellt, daß es das von innen betrachtet viel weniger ist. Mögen Sie Ihr unstrukturiertes Leben? Kein Büro, keine Routine, außer einer selbstauferlegten, und keine Menschen um sich herum? Vermutlich haben Sie sich mehr Freizeit gewünscht und deshalb Dar & Dar so überstürzt verlassen.
    War es so, wie Sie sich es erhofften?«
    »Ich habe die Kanzlei überstürzt verlassen, weil ich nicht länger dort arbeiten wollte, nachdem Toby und ich endgültig beschlossen hatten, zusammenzubleiben; er tat sich schwer, den Leuten dort von unserer Beziehung zu erzählen. Ich dachte, das wäre zum Teil so, weil ich auch im Büro arbeitete; meine Vermutung hat sich später bestätigt. Also habe ich mich einfach zurückgezogen und außer Lillian haben mich alle schon vergessen. Mir war klar, daß mich später auf Geschäftsparties Leute vielleicht wiedererkennen würden, aber ich wollte auch einfach etwas Zeit vergehen lassen (übrigens sind Menschen, die im Büro arbeiten, außerhalb dieses Zusammenhangs oft nicht wiederzuerkennen). So weit ist alles sehr gut gelaufen.

    Schließlich kümmerte sich Toby dort noch immer für mich um die Sinjin-Sache – Sie wissen doch, die beiden Testamente.«
    »Auf Larrys Party für die Kanzleikollegen sind Sie nicht gewesen.«
    »Nein. Ich warte den rechten Zeitpunkt ab, und das war in jedem Fall einer, den ich getrost verstreichen lassen konnte. Natürlich konnte ich nicht wissen, daß Sie dort sein würden. Um Ihre Frage zu beantworten, ich war so sehr damit beschäftigt, mir Gedanken um Charlotte Stanton zu machen, daß ich gar keine Zeit hatte, das Fehlen eines durchstrukturierten Tagesablaufs zu vermissen. Hat man als Schriftsteller keinen Erfolg, dann stelle ich mir ein solches Leben entsetzlich einsam, ja sogar deprimierend vor. Mit Erfolg meine ich eine gewisse Reaktion von außen auf die Bücher, die man geschrieben hat, gerade schreibt oder vorhat zu schreiben. Einer der Vorteile beim Schreiben einer Biographie ist natürlich, daß man losgehen und mit Leuten über die entsprechende Person reden kann.«
    »Und Alberta Ashby gehörte zu den Leuten, zu denen Sie mit diesem Vorsatz gegangen sind.«
    »Ja. Mit einer Einschränkung. Sie werden sich daran erinnern, daß Sinjin sie auch suchte. Daher die ganze Geschichte mit George und so weiter, die Sie ja gelesen haben.«
    »Warum nehmen Sie an, daß Toby sich wegen Ihrer Beziehung unwohl gefühlt hat? Ich möchte gleich hinzufügen, daß das keine Frage ist, die mich etwas angeht; bitte, sagen Sie mir, wenn ich bei Alberta bleiben und mich ansonsten um meine eigenen Angelegenheiten kümmern soll, wenn Sie das wollen.«
    »Er ist ein sehr ruhiger Mensch und spricht nicht gern über sich selbst; zum Teil ist das ein typisches Problem von Männern, zum Teil auch ein Mangel an Übung. Außerdem bin ich jünger als er, und Toby hat immer Männer verachtet, die mit sechzig mit jüngeren Frauen davongelaufen sind. Und, da er mit Leuten wie den Fanslers aufgewachsen ist, hat er Klassenbewußtsein (obgleich er das bis zu seinem letzten Atemzug leugnen

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