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Albertas Schatten

Albertas Schatten

Titel: Albertas Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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wie betäubt in ihrem Sessel. Alberta Ashby das Opfer einer eifersüchtigen Frau und einer besonders attraktiven obendrein?
    Konnte Stan Wyman einfach ein Verrückter sein? Nun ja, wie man so sagte: »Inserieren lohnt sich.« Kate betonte immer, daß Dorothy L. Sayers diesen Satz geprägt hatte. Aber wie viele andere von Sayers Bemerkungen über Dantes ›Inferno‹ war auch diese von amerikanischen Unternehmern gern übernommen worden. Susans Anweisungen eingedenk, nahm Kate die Bettüberdecke ab, ließ ihren Koffer gut sichtbar liegen und verstaute die alkoholischen Getränke im Wandschrank (ebenfalls Susans Ratschlag). Dann verließ sie das Zimmer mit liebevollen Gedanken an Reed, mit dem sie ganz gewiß gern einen Drink zu sich nehmen würde. Auf dem Weg aus dem Hotel hinterließ sie eine Nachricht für den Briefschreiber aus Ohio und teilte ihm mit, daß sie am 29. Dezember zum Frühstück in seine Suite kommen würde. Morgen früh wenigstens würde sie nicht im Morgengrauen aufstehen müssen; wenn sie dann schließlich aufge-standen wäre, wäre sie frei, an der einen oder anderen Veranstaltung teilzunehmen – vielleicht sogar über die Implikationen der Semiotik, zu Ehren der so ungeheuer hilfreichen Susan.

    11

    K ate kam nach Hause und fand Reed und Lillian in ein Gespräch vertieft vor. Mit unendlichem Feingefühl begrüßten sie sie wie einen heimgekehrten Krieger und sorgten für ihre geistige und körperliche Stärkung: mit einem Gespräch und einem Drink. Kate hatte immer wieder festgestellt, daß es ihre Gedanken klärte, wenn sie Reed erzählte, was sich ereignet hatte, und Lillian hatte schließ-
    lich auch ein Recht auf Information. Vorausgesetzt, Holmes hatte eine Frau. Watson hatte natürlich eine, aber da er sie um der Nähe und der Gesellschaft von Holmes willen im Stich gelassen hatte, ist die Frage nach ihrer Rolle in der Detektivarbeit nie aufgekommen.
    Verdammt nochmal, dachte Kate; ich hasse Analogien. Sie erzählte ihnen alles, was sich ereignet hatte, und schilderte besonders diesen abscheulichen Stan Wyman, der mit einem Schlag Alberta Ashby in einem völlig unerwarteten und untypischen Licht erscheinen ließ.
    »Dieser schreckliche Mensch hat wahrscheinlich die ganze Geschichte nur erfunden«, sagte Lillian mit all dem Wissen einer Generation, die über einen reichen Erfahrungsschatz auf diesem Gebiet verfügt. »Er betrachtete es als eine Möglichkeit, dich ihm zu ver-pflichten, damit er zu seinem Bibliotheksausweis kommt und sich in deinen Bekanntenkreis einschleichen kann. Wahrscheinlich wird sich herausstellen, daß er Alberta Ashby nicht von Chris Evert Lloyd unterscheiden kann. Zweifellos tut er das wegen dieser Heffenreffer-Lady«, fügte sie hinzu, als Kate den Mund aufmachen wollte. »Ich an deiner Stelle wäre verdammt vorsichtig und würde nicht in diese Falle gehen. Die scheint mir aus einem Kindermärchen zu stammen; wirklich, ein besonders ehrenwerter Typ. Der Mann macht einen wütend.«
    »Sieht ganz so aus«, stimmte Reed zu. »Vielleicht ist dies eine der weniger nutzbringenden Seiten von privaten Zeitungsanzeigen.
    Jahrelang war das ein sehr beliebter Zeitvertreib. Du erinnerst dich sicher, daß Holmes die Kleinanzeigen stets mit großem Interesse gelesen hat.«
    »Ist denn hier jeder ein Holmes-Fan geworden?« fragte Kate ziemlich plump. »Ich muß schon sagen, dieser alte Knabe ermüdet mich langsam. Für euch beide ist es schön einfach, hier herumzusitzen, über Gott und die Welt zu diskutieren und euch dabei zu amü-
    sieren; aber ihr habt ja keine Ahnung, wie es auf einem solchen Kongreß zugeht. Wenn man nicht gerade wahnsinnig kontaktsüchtig ist und keine freie Minute zwischen all den Verabredungen hat oder ein Vorstellungsgespräch nach dem anderen führt oder auf der Suche nach Sexabenteuern ist, zwingen einen diese Kongresse in ein Wech-selbad von Menschenmassen und der deprimierendsten Art von Einsamkeit; man kommt sich vor wie in einem fremden Land, ohne die richtige Währung in der Tasche und mit dem Hotelzimmer als einzig möglichem Zufluchtsort. Ich gehe jetzt zu Bett und wünsche, nur dann geweckt zu werden, wenn etwas mindestens so Aufregendes passiert, wie das Wiedererscheinen von Holmes persönlich.
    Wenn euch beiden etwas sehr Tiefsinniges einfällt, schreibt es auf einen Zettel, den kann ich dann nach dem Aufwachen lesen.«
    Lillian warf ihrer Tante eine Kußhand zu.
    Am nächsten Tag erwachte Kate wirklich erst sehr spät – wie sie

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