Albertas Schatten
hätte«, sagte sie, »und wenn Sie nicht zufällig etwas über die Beziehung zwischen Martin Heffenreffer und Alberta Ashby gewußt hätten.«
»Sie haben mich falsch verstanden; ich habe nichts von einer Beziehung gesagt. Alles, was ich gesagt habe, war, daß sich Martin Heffenreffer regelmäßig mit jemandem traf und daß es sich dabei um die Person handelte, um die es in Ihrer Anzeige ging. Übrigens habe ich Sie nie nach dem Grund gefragt.«
»Was verstehen Sie unter ›traf‹?« fragte Kate und überging dabei seine letzte Bemerkung – ein für alle Mal, wie sie hoffte.
»Du lieber Himmel! Ich meine damit, daß sie etwas zusammen getrunken und ein intensives Gespräch miteinander geführt haben, und zwar auf die Weise, wie ein Mann und eine Frau es tun, die wirklich verschossen ineinander sind. Ich habe das überhaupt nur behalten, weil Biddy Heffenreffer so viel Aufhebens davon gemacht hat, wie tadellos ihre Ehe sei und daß keiner von beiden weiter als bis zum Kaufmann an der Ecke gehen würde; ich hatte ihr das nicht wirklich geglaubt, und hier war nun der Beweis, daß ich recht hatte.«
»Woher wußten Sie, daß es Alberta Ashby war?«
»Das wußte ich natürlich nicht. Ich bin einfach aus Schadenfreu-de zu Heffenreffer hingegangen. Ich habe der Frau die Hand entge-gengestreckt und gesagt: ›Hallo, ich bin Stan Wyman‹. Natürlich mußte sie meine Hand ergreifen und ihren Namen sagen. Ich gebe zu, daß ich irgendwie im Hinterkopf hatte, das später einmal auszu-nutzen, aber zu meinem Pech habe ich Biddy nicht wiedergesehen; wahrscheinlich hätte ich die ganze Angelegenheit auch längst vergessen, wenn da nicht Ihre Anzeige gewesen wäre.«
»Und meine Anzeige konnte Ihnen zu einem Bibliotheksausweis verhelfen, nicht wahr?« sagte Kate. Stan nickte. Und zu der Art von Intrige, die Ihnen ein hämisches Vergnügen bereitet, dachte Kate, aber sie sprach es nicht aus.
»Was ist jetzt mit dem Ausweis?« fragte Stan und schwenkte sein leeres Glas.
»Holen Sie sich noch einen Drink«, sagte Kate. »Und was den Ausweis angeht, wenden Sie sich an den Dekan und beantragen Sie einen Ausweis für promovierte Gasthörer; ich werde Ihren Antrag dann unterstützen. Hier ist sein Name und seine Adresse.« Im Stillen fügte sie hinzu: möge mir die Universität vergeben.
»Kann ich Ihnen noch etwas bringen?« fragte Stan.
»Nein, danke«, sagte Kate. Als er dann zur Bar gehen wollte, hielt sie ihn einen Moment lang zurück. »Wo haben Sie die beiden gesehen«, fragte sie. »Martin und Alberta .«
»Am Flughafen«, sagte Stan. »Ich wollte meine alte Mutter in Colorado besuchen. Wohin sie wollten, weiß ich nicht. Warten Sie einen Moment«, sagte er und schwenkte sein Glas. Kate hatte das Gefühl, als könnte sie ewig warten.
15
G egen Ende des Semesters gab es einige Ergebnisse, aber keines war wirklich von Bedeutung. Entweder waren sie negativ oder sie entsprachen dem, was Kate ohnehin schon erwartet hatte.
Lillian hatte mit wesentlich weniger Mühe, als Kate erwartet hatte, herausgefunden, daß Martin Heffenreffer im vergangenen Jahr eine Beziehung mit einer jungen Frau hatte, die schwer zu identifi-zieren war; sie war weder Studentin, noch in anderer Weise mit dem Universitätsleben verbunden; auch war sie keine Akademikerin.
Lillian war an diese Informationen gekommen, ohne den geringsten Verdacht zu erregen – Tratsch war eben Tratsch und würde es immer bleiben, und was wären wir denn schon ohne den Tratsch? Alles, was Lillian berichten konnte, war, daß das Gerücht umging, das Mädchen sei die Freundin irgendeines Mafioso gewesen; Kate war bereit, den allgemeinen Eindruck als Faktum gelten zu lassen. Zumindest schien man zu wissen, um welche Art von Frau es sich handelte.
Charlie hatte über einen englischen Kollegen von Mr. Fothingale Nachforschungen über Charlotte Stantons medizinische Vorgeschichte veranlaßt. Leider stellte sich heraus, daß das lächerlich einfach war. Charlotte Stanton hatte sich während ihrer Zeit als College-Rektorin einer Operation an der Gallenblase unterziehen müssen, und die Unterlagen hierüber lagen noch in der Privatklinik vor.
Neben anderen medizinischen Angaben enthielten sie auch den Vermerk, daß sie niemals ein Kind zur Welt gebracht hatte. Damit schien dieser Punkt geklärt.
»Aber sie könnte bei der Beantwortung dieser Frage gelogen haben. Ich meine, vielleicht ist sie einfach nur gefragt worden, oder derjenige, der sie untersucht hat, hat sich
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