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Albspargel

Albspargel

Titel: Albspargel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günther Bentele
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sie im Dorf über mich dachten, wenn sie es mich auch noch nicht merken ließen. Doch das würde kommen. Ich fühlte mich in der Zange: zumindest Verdächtiger für Kommissar Hohwachter und Hauptverdächtiger der Tigerfelder.
    Aber festgenommen worden war ich noch nicht. Der Verdacht war also noch nicht genügend untermauert. Sie hatten keine Beweise. Der Kommissar hatte die Akte Amelie Riegeler gelesen, er kannte also mein Alibi. Er wusste, dass ich diesen Mord nicht begangen haben konnte. Die Vorverurteilungen des Dorfes nahm er nicht ernst, dazu war er zu sorgfältig und zu gründlich. Immer noch war ich beeindruckt von der raffinierten Weise, wie er mich ausgefragt hatte, ohne dass ich zunächst Verdacht schöpfte, und wie er das ganze Gespräch nicht geführt hatte, um die Fakten zu überprüfen – da hatte ich ihm nichts liefern können –, sondern um sich ein Bild von mir zu machen – eine Meisterleistung!
    Ich zermarterte mir das Gehirn: Was konnte er gegen mich in der Hand haben im Mordfall Pocherd? Wieder machte ich mir Vorwürfe, dass ich nicht umgehend die Polizei verständigt hatte. Andererseits, wer holt bei jedem Dummejungenstreich gleich die Polizei?
    Dennoch, der Sack, den hatte ich fast vergessen.
    Noch etwas war für mich von großer Bedeutung: Wäre der Mord nach Bekanntgabe meines Untersuchungsergebnisses geschehen, hätte ich ihn als Folge dieses Urteils sehen müssen: Wissenschaftliches Handeln hat Folgen, es macht Schicksale. Das war mir erspart geblieben.

Im Institut machte man sich Sorgen. Dass ich verdächtigt würde, darauf konnte zwar keiner von den Kollegen kommen. Aber die aufgeheizte Stimmung um das Windrad, die nun zumindest scheinbar in Mord eskaliert war, machte die Kollegen unruhig.
    Während ich in aller Ruhe – wenigstens sollte es nach außen wie Ruhe aussehen – an meinen Berechnungen arbeitete, kam aus Stuttgart mein Kollege Dr. Heinrich Hagenbach nach Tigerfeld. Er hätte zwar wissen können, dass ich in Pfronstetten abgestiegen war, kannte das Projekt aber doch nur unter dem Namen Tigerfeld, und so fuhr er mit seinem Wagen in das aufgewühlte Dorf und fragte dort am frühen Nachmittag in der
Krone
nach mir. Am Abend fand er mich in der
Rose
in Pfronstetten und berichtete.
    Ein gewaltiges Stimmengewirr hatte ihn überfallen. Er war überrascht, schon um diese Zeit in der Dorfwirtschaft so viele Gäste zu sehen.
    »Dr. Fideler?«
    »Nicht hier«, erwiderte der Wirt und nach einem kurzen Blick auf den Gast: »Sie kommen aus Stuttgart?«
    Dr. Hagenbach stellte sich vor.
    »Sie suchen den Fideler, stimmt’s?«, schrie einer der Bauern, der zunächst an der Theke saß. »Den können Sie gleich wieder mitnehmen. Kaum steht der Fideler da, fällt einer tot um, und unser Geld ist futsch.«
    Mein Kollege, noch sehr jung, erschrak.
    Er antwortete mit roten Backen: »Wenn Sie nicht augenblicklich Ihre bösartigen Unterstellungen lassen, hole ich die Polizei.«
    »So, die Polizei«, rief es von einem der hinteren Tische, »da müssen Sie sich nicht beeilen, die ist schon da, die Polizei.«
    Einer der Bauern war aufgesprungen. »Lasst den Fideler endlich in Ruhe! Blödsinniges Gewäsch.«
    »Das meine ich auch, Anton«, sagte der Wirt. Dann redete er eindringlich zu den anderen: »Wir brauchen das Gutachten des Herrn Dr. Fideler, und wir brauchen es positiv, also bitte!«
    Ich konnte mir vorstellen, wie mein Kollege Dr. Hagenbach von einem zum anderen blickte. Er, von eher geringer Körpergröße, schmächtig und irgendwie dennoch rundlich, wirkte mit seiner randlosen Brille fast wie ein katholischer Geistlicher. Obwohl er nicht katholisch war, schien er diesen Eindruck durch seine Kleidung und auch seine Sprache und Bewegungen zu unterstreichen. Dazu sein Gesicht mit den rosigen Backen. Mir kam immer das Wort Zölibat in den Sinn, wenn ich ihn sah, obwohl ich von seinen sexuellen Anund Absichten keinerlei Kenntnisse hatte.
    Jetzt schob er die Brille in die Stirn. »Ich komme aus Stuttgart vom meteorologischen Institut, wo ich mit Herrn Dr. Fideler seit dem letzten Jahr bestens zusammenarbeite. Ich kenne ihn als glänzenden Windströmungsfachmann, und so kennt ihn ganz Europa. Wenn Sie mir also bitte sagen wollen, was hier los ist.«
    Hier wurde die wohlgesetzte und gut gemeinte Rede unterbrochen.
    »Wir brauchen Ihren Salbader nicht. Wir brauchen endlich Klarheit über das Windrad, in dem unser Geld steckt; denn da wird der wichtigste Mann mir nichts dir nichts

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