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Albspargel

Albspargel

Titel: Albspargel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günther Bentele
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niedergelegt an einer kahlen Stelle außerhalb meiner Kuhle. Keine Kondome – Mädchen schienen an den nächtlichen Exzessen nicht beteiligt.
    Nicht alles ließ auf Exzesse schließen. Zum Beispiel zeigten die Reste eines Puppenwagens und ein verrostetes Bügeleisen, dass die Kiesgrube immer noch als Abfallgrube diente.
    Dann der Aufschrei von Dr. Hagenbach. »Ein Ausweis, Plastik!« Er kam begeistert angerannt. »Der Ausweis einer Diskothek, der Name des Besitzers ist noch lesbar.«
    Er hatte bereits die Dreckkruste abgerieben, und ich dachte mit Schrecken, wie unprofessionell wir vorgingen: Fingerabdrücke!
    Die Begeisterung meines Kollegen war ungebrochen. »Baltes Sauler«, las er, seine Stimme hörte sich ergriffen an.
    Ich musste bremsen: »Gut, Baltes Sauler. Sauler, das ist ein Name. Es gibt ihn in dieser Gegend. Zum Glück nicht sehr häufig, wie ich weiß. Balthasar Sauler. Immerhin. Er kann uns weiterbringen.«
    »Und wie alt der Besitzer der Karte ist, wissen wir auch nicht«, sagte Dr. Hagenbach kleinlaut.
    »In Tigerfeld heißt niemand Sauler, wenn ich es richtig weiß. Von den Alten auf jeden Fall nicht. Und von den Jungen? Möglich wäre es. Der Anton weiß es. Das ist kein Problem.«
    »Baltes, Balthasar«, wiederholte Dr. Hagenbach, »die Kinder bekommen heutzutage die verrücktesten Namen.«
    »Die nächtlichen Exzesse, wie Sie sagen, müssen mit dem Mord an Fritz ja gar nichts zu tun haben. Und der Besitzer der Karte muss nicht einmal mit den Exzessen zu tun haben«, gab ich noch zu bedenken.
    Das Fahrzeug, dessen Lichter ich auf dem Hauler Weg gesehen hatte, als ich im Regen von Geisingen durch das Annaleu wanderte? Gehörte es zu den Exzessen?
    »Im Regen macht man keine Exzesse«, versicherte Dr. Hagenbach.
    »Im Fahrzeug schon«, knurrte ich.
    Anton Ferner gab wieder nur widerwillig Auskunft. Ich verstand ihn nicht. Er ging mit seinem Wissen um, als wären Stasi und Gestapo gleichzeitig hinter ihm her.
    »Sauler«, sagte er zäh, »Baltes Sauler, den gibt es. Drüben in Kettenacker heißen zwei oder drei Familien Sauler. Ich habe auch den Namen Baltes Sauler schon gehört.«
    »Und?«, bohrte ich weiter. »Weißt du etwas über das Alter dieses Baltes Sauler?«
    Wir, Dr. Hagenbach und ich, waren uns einig geworden, dass die Exzesse mit Alkohol und Drogen sicher nicht von Erwachsenen der umliegenden Dörfer veranstaltet wurden. Auch Obdachlose kamen eher nicht in Frage. Alles schien auf Jugendliche hinzuweisen. Komasaufen?
    Ich wurde genauer: »Kennst du einen Erwachsenen, der Baltes Sauler heißt?«
    Anton versprach zu fragen und sagte am nächsten Tag, dass es in Kettenacker tatsächlich nur einen Jungen namens Baltes Sauler gab; er war achtzehn Jahre alt.
    Nein, Anton wusste nichts über diesen Baltes. Er wusste nicht, mit wem er Umgang hatte. Er kannte in Tigerfeld niemanden, der nächtliche Exzesse mit Drogen und Alkohol beging.
    »Sie schlagen schon ab und zu über die Stränge, die Jungen. Da ist einmal etwas wegen einem Mädchen, dann wieder wegen einem kaputten Auto oder Motorrad, auch Prügeleien und Besäufnisse gibt es. Aber nicht so schlimm und nicht draußen in der Kiesgrube im Annaleu und nicht mit Drogen und Ähnlichem und schon gar nicht mit Mord und Totschlag – nicht in Tigerfeld. Eher Feten im Neuen Eiskeller im Alten Hau.«
    Wir ließen nicht locker: Die Kiesgrube in Tigerfeld als Ort der Exzesse konnte kein Zufall sein. Hatte Baltes Sauler einen Freund in Tigerfeld?
    Anton wurde mehr und mehr zu einem Klotz aus Stein und schwieg.
    Die Zeitungen, musste man zugeben, und die Berichte im Fernsehen waren voll von Alkoholexzessen; es gab sie wirklich – Komasaufen und dergleichen, Drogen, Schüler, die ihre Lehrer samt Mitschülern erschossen. Das alles gab es. Ausländer, Obdachlose oder eingreifende Passanten wurden brutal zusammengeschlagen oder umgebracht. Aber nirgendwo hatte ich je von einem Mord, ja, geradezu einer Hinrichtung gehört, begangen von gewöhnlichen Jugendlichen an einem angesehenen Mitbürger, einfach so.
    »Mordlust?«, schlug Dr. Hagenbach vor.
    »Mordlust allein oder zu zweit, ganz ohne Motiv, ausgerechnet am größten Bauern weit und breit? Und, wenn allein, von einem Achtzehnjährigen aus Kettenacker in Tigerfeld? Das klingt mir alles sehr unwahrscheinlich.«
    Wir einigten uns, dass Baltes Sauler als Mörder wohl ausschied. Freilich würden wir, wie es so schön heißt, auch weiterhin ein Auge auf ihn haben.
    »Schön, dass man Sie wieder einmal

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