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Albspargel

Albspargel

Titel: Albspargel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günther Bentele
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durch Franziska. Die Schuhe konnten von jemand anderem gewesen sein, und Amelie hatte ganz andere Schuhe getragen. Oder es war ja vielleicht gar nicht Amelie, die der Egle von hinten gesehen hatte. Aber es war wohl immer von Amelie Riegelers Schuhen geredet worden. Woher die Finder wissen wollten, dass es Amelies Schuhe waren, war eine interessante Frage.
    »Ich wollte Ihnen das alles einmal sagen, schon seit Sie wieder hier sind. Schon vor dem neuen Mord.«
    Ich fühlte mich auf einmal sehr müde. Da waren die Erinnerungen an Amelie, an jenen glücklichen Nachmittag, als wir im warmen Sonnenschein durch Weingarten schlenderten.
    »Danke«, sagte ich zu Hans Egle mit einer Stimme, die meinen Kollegen aufhorchen ließ.
    Ich sehnte mich plötzlich nach Windmessung und einem präzisen Anemometer. Nach Zahlen, die ich in Tabellen eintragen konnte, nach Strömungsgesetzen und Werten, die bei jeder Messung in ihrer Qualität verlässlich wären.
    »Schluss«, sagte ich wahrscheinlich recht unwirsch zu meinem Kollegen und Nachfolger, als wir wieder alleine waren, »wir hören auf. Wir geben unsere Kenntnisse an die Polizei weiter. Man braucht Fachleute, wenn man Fachfragen klären will. Laienurteile sind nichts wert und wenn doch, sind es Zufälle, Lotteriegewinne. Das gilt auch für Hobbydetektive.«
    Ich war immer lauter und strenger geworden und staunte selbst über die lange Rede. Dabei galt ich im Institut als präzise und wortkarg, was für mich ein und dasselbe ist.
    Natürlich war Dr. Hagenbach enttäuscht. Ich sah ihm an, was er sagen wollte. Aber er schwieg.
    »Wir haben zwar schöne Ergebnisse erzielt«, sagte ich besänftigend, »aber kaum durch unsere Schläue. Gut, ja, es sind Ergebnisse, und sie können sich sehen lassen. Aber Hohwachter und Steinhilber sind die Fachleute mit den Methoden, um unsere Ergebnisse richtig auszuwerten.«
    Ich fühlte mich Amelie plötzlich so nah, dass ich wie gelähmt war – ich war kein Detektiv, und ich wollte auch keiner mehr sein.
    Dr. Hagenbach machte einen letzten Versuch. »Sie kennen das Dorf und kennen die Leute.«
    »Es ist spät geworden, Herr Dr. Hagenbach. Ich darf Sie daran erinnern, dass wir morgen nach Stuttgart müssen.«
    Die Vorbereitungen für die Entscheidung über das Windkraftrad sollten wieder aufgenommen und vorangetrieben werden. Dr. Hagenbach war nun offiziell mein Nachfolger.
    »Wir können Sie selbstverständlich nicht daran hindern, wieder nach Tigerfeld zurückzukehren. Aber Herr Dr. Hagenbach unterliegt nicht mehr Ihren Anweisungen.«
    Und zu meinem Nachfolger: »Herr Dr. Hagenbach wird sich der Windkraft annehmen, sie wird in Tigerfeld seine Tätigkeit ganz ausfüllen.«
    Das war deutlich: Kein Indianer- und Cowboyspiel mehr.
    Und ich? Ich war frei. Ruhestand. Wäre es nicht das Beste, gar nicht erst nach Tigerfeld zurückzukehren?
    Wir waren in meinem Wagen auf der Rückfahrt – ich musste ja zumindest mein Gepäck aus der
Rose
in Pfronstetten holen.
    Dr. Hagenbach, dessen Blick plötzlich etwas Forsches hatte und dessen Haltung jetzt viel straffer schien, meinte mit frischer Stimme: »Windkraft, selbstverständlich, ich schaffe das.« Dann zögerte er. »Aber Ihre Abreise sollten Sie nicht überstürzen.«
    Würde mein Nachfolger den zu erwartenden weiteren Bestechungsversuchen Franziskas standhalten? Kaum. Würde er sich ausschließlich um Windkraft kümmern, wenn ich abreiste? Das Kriminalspiel war verlockend für ihn.
    Und ich? Ich war in den letzten Tagen Amelie so nahe gewesen wie niemals zuvor seit ihrem Tod. Es war sehr schmerzhaft; aber war ich unglücklich? Nein, neben der ungeheuren Last, die plötzlich wieder auf mich herabstürzte, war da auch ein eigentümliches, halb vergessenes Glück, als ich mich auf die Spuren ihres Todes machte. Wollte ich das missen?
    »Das sind die Beobachtungen, die wir mehr oder weniger zufällig in den letzten Wochen in Tigerfeld und Umgebung gemacht haben.«
    Ich hatte meinem Nachfolger das Wort überlassen.
    Hauptkommissar Hohwachter schwieg. Sein Kollege Steinhilber saß wie im Saloon mit filmreif unbewegtem Pokergesicht auf dem Wirtshausstuhl in der
Rose
.
    Dann wurde aufgezählt. Ich beteiligte mich nur wenig. Ich muss gestehen: Dr. Hagenbach verstand es gut, die Dinge in einer klaren Systematik zusammenzufassen und das Wesentliche vom Unwesentlichen zu trennen – so, wie ich das auch von mir verlangt hätte.
    Da waren die Verwandtschaftsbeziehungen der Tigerfelder, die uns ja bis in die Details

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