Albspargel
oifach: ’s geit kromme Scheiter ond grade, lange ond kuuze, dicke ond denne, gscheite ond domme. Mae geits et. Dia muascht halt zemapassa.«
»Gescheite und dumme?«
»Mo passat ond mo et passat. Grad wia bei de Leit: Dr oi isst gern Hering, ond dr ander goht gern en d’ Kirch.«
Der eine isst gerne Heringe, der andere geht gern in die Kirche, womit wohl die Spannweite menschlicher Unterschiede abgesteckt wäre.
»Aber wenn d’ lang gnuag suachsch, fendsch ällwl a paar, mo zemapassat. Du brauchschd bloß Geduld.«
Und eine glückliche Hand, dachte ich.
Ich schaute ihr zu, wie sie die einzelnen Scheite aussuchte, beim Beigen mit ihren flinken Kinderaugen schon das nächste im Blick, das passen konnte; wie sie einzelne Hölzer drehte, damit sie zusammengefügt werden konnten, andere wurden ausgewechselt – aufmerksam, geduldig, genau. Und irgendwie ging immer alles auf.
Müsste nicht jeder Politiker zuerst einen Beigkurs bei der alten Mechthild machen?
Dr. Hagenbach empfing mich am übernächsten Abend mit einem Zettel, den er schon am Morgen an seinem Scheibenwischer gefunden hatte. Aus einer Zeitung ausgeschnittene, auf ein Blatt aufgeklebte Großbuchstaben:
Hört auf mit der Schnüffelei, sonst gibt es ein Unglük
.
»Eine Drohung?«, fragte ich naiv, noch ganz erfüllt von der neuen Information der alten Mechthild.
»Der Zettel ist deutlich«, sagte Dr. Hagenbach besorgt.
»Wollen Sie also aufgeben?«, fragte ich unfair.
»Natürlich nicht«, sagte er, mit einem Ruck heldenhaft entschlossen.
Eine Drohung, nach Krimi-Vorbild aus einer Zeitung geschnitten. Die Soko würde feststellen, welches Blatt, welche Ausgabe, welcher Erscheinungsort, welches Datum und so weiter. Spezialisten würden nach Fingerabdrücken suchen. Kluge Köpfe würden sich über den Rechtschreibfehler hermachen und Theorien aufstellen über die Intelligenz des oder der Täter.
Dass dies alles geschehen würde, ging daraus hervor, dass mein Nachfolger den Zettel, nachdem er ihn mir gezeigt hätte, bereits Hohwachter versprochen hatte.
Hohwachter selbst war nicht erreichbar. So bekam ein Polizist den Zettel, den Hagenbach wie ein Profi in eine Plastikhülle gesteckt hatte.
Dies war der kriminalistische Teil des Umgangs mit der Drohung. Wichtiger für uns war natürlich der Inhalt. Die Kommissare hatten uns ja bereits gewarnt, Dr. Hagenbach hatte schon Gefahren für mich gesehen.
Die Brücke baute Dr. Hagenbach: »Auch eine Form der Zusammenarbeit: Wir ziehen die Drohungen auf uns, die den Kriminalisten bei der Ermittlung hilft.«
»Wenn es denn bei einer bleibt«, sagte ich angewidert. Dann weiter: »Wer droht uns?«
»Die Soko wird das rasch und gründlich beantworten«, versicherte mein ehemaliger Kollege.
»Die Soko hat die technischen Mittel dazu«, stellte ich fest. »Das Wichtigste aber besitzen auch wir.«
»Das Wichtigste?«
»Hirn.«
Ich hatte mich wieder gefangen. Mit den Arbeiten zur Windkraftanlage war eine riesige Last von mir genommen – nicht die Last des Gutachtens selbst, natürlich nicht: Diese Arbeit war ich gewohnt und hatte sie gewissermaßen mit links gemacht. Aber die Last der Folgen, die in diesem Fall für mich immer erdrückender wurde.
»Da müssen wir einem ganz schön auf die Pelle gerückt sein«, stellte Dr. Hagenbach fest.
Wir überlegten, zählten zusammen, fanden immer mehr Verdächtige, Anleger, Gegner, Neidhammel, überlegten immer wieder, ob wir die Fachleute nicht alleine ermitteln lassen sollten. Fanden das eigentlich besser. Amelie mischte sich irgendwie ein, Trotz und Neugier stemmten einander hoch. Dr. Hagenbach bekam zunehmend rote Backen, eine Art Trunkenheit machte sich breit. Kurz, wir machten weiter, wenn es auch Unsinn war.
Wir begannen mit den Sympathisanten des Verbrechers, so nannten wir die Leute, die dem Mörder offenbar Schutz gewährt hatten, wir zählten gemeinsam auf und notierten im Laptop: Frau Strauß, wenn sie auch angesichts des neuen Verbrechens offener war. Sie hatte wahrscheinlich die Schuhe in der Kiesgrube gefunden und endgültig verschwinden lassen, auf jeden Fall hatte sie die Schuhe verschwiegen.
Zuvor kam noch Frau Egle, die Oma von Hans Egle, sie hatte sogar den Täter gesehen und ebenfalls verschwiegen. Sie hatte vielleicht Amelies Schuhe in die Kiesgrube gebracht und damit die Spuren gelöscht, die zum wirklichen Tatort geführt hätten. Auch sie war höchst verdächtig, aber natürlich keineswegs als Täterin.
Wir dachten über den Fall
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