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Albspargel

Albspargel

Titel: Albspargel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günther Bentele
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werden: Immerhin galt es die Ehre der Familie, wenn ein Fünfzigjähriger seinem jugendlichen Sohn vorgezogen wurde und jeder im Dorf darüber redete. Aber die Vergewaltigung – ich hielt das alles für völlig ausgeschlossen. Er hatte ja auch wie ich ein Alibi.
    Der Mord an Fritz Pocherd? Ein Sog hatte mich widerstandslos in den Fall Amelie hineingerissen. Wer war im zweiten Mordfall verdächtig? Beim Mord an Amelie handelte ich fast zwanghaft. So sehr mich der Fall Pocherd auch belastete – hier fühlte ich eine seltsame Lethargie.
    Nicht so Dr. Hagenbach. »Meteorologie und Kriminalistik sind beides eigentlich Naturwissenschaften – sie unterscheiden sich nur im Thema«, sagte er einmal.
    Was nicht stimmt, Psychologie, Verhaltensforschung und Soziologie sind keine reinen naturwissenschaftlichen Wissenschaften. Dazu käme noch die Ethik, die er ganz außer Acht gelassen hatte.
    Einen Gedanken brachte Dr. Hagenbach vor, der mich sehr beschäftigte: Wenn Fritz Pocherd der Mörder Amelies war, dann konnte der Mord an ihm ja einen Racheakt für Amelie darstellen. Aber wer hätte Amelie rächen sollen? Ich? Verdächtigten die Kommissare mich immer noch? Bei Steinhilber wurde man ja diesen Eindruck nie ganz los. Ich war außer Hans Egle der Einzige weit und breit, der wirklich wusste, dass ich Fritz nicht umgebracht hatte.
    Wer noch hätte Amelie rächen können? Von ihrer Familie lebten noch der Stiefvater und die Mutter in Trochtelfingen. Das gestörte Verhältnis des Vaters und das recht kühle der Mutter zu Amelie ließ nicht an Rache denken und schon gar nicht an eine so späte. Es gab noch Vettern und Basen in Trochtelfingen und Sigmaringen – sie hatten alle keinen engeren Kontakt zu ihrer Base gehabt. Rache entfiel für mich.
    Die Gegner der Windkraftanlage? Jeder Hinweis fehlte: Neuntöter, Trauerschnäpper, Fledermaus, Hirschkäfer, Segelfalter, Silberdistel, Knabenkraut, Ragwurz und Trockenrasen als Motive schlossen wir gemeinsam aus. Die Liebe zur Landschaft ging wohl nicht bis zum Mord.
    Blieben die Anleger. Hier war zunächst eigentlich jeder verdächtig. Andererseits erklärte mir Hohwachter, wie immer ungewohnt freimütig, dass Nachprüfungen der Soko ergeben hätten, dass mit dem Geld der Anleger kein Missbrauch getrieben worden war. Die Vorgehensweise von Fritz Pocherd war zwar ungewöhnlich, aber die Konten der einzelnen Anleger waren klar getrennt, die Zinsen wurden den Inhabern pünktlich gutgeschrieben. Das Kapital der Anleger lag gewissermaßen geballt auf der Lauer und konnte jederzeit seinem Zweck gemäß eingesetzt werden.
    Aber wussten die das? Hatten sie Fritz Pocherd restlos vertraut?
    Auch bei diesem Verfahren hätte Missbrauch getrieben werden können: Fritz hätte zum Beispiel das ihm anvertraute Geld ja plötzlich durch Investition in riskante Derivate gefährden können. Aber welcher Anleger würde aus bloßer Angst vor Missbrauch den Mann umbringen, dem er sein Geld anvertraut hatte? Vor allem, bevor die letzte große Entscheidung überhaupt gefallen war!
    Fritz war in seiner selbstsicheren und selbstgefälligen Art sicher über das Ziel hinausgeschossen. Aber war das ein Grund für einen Mord?
    Wir ergingen uns in Spekulationen, dass vielleicht ein Einzelner sich betrogen fühlte und Fritz immer mehr misstraute. Jörg Fuchslocher zum Beispiel war ja halb bewusstlos vor Angst, dass die Sache irgendwie schieflaufen könne. Auch mein Freund Anton hatte ja in dieser Richtung vermutet: Zum Schluss sei Jörg womöglich in der eigenen Werkstatt Angestellter Pocherds. Man traute Fritz nach seinem Tod offenbar erst recht alles zu.
    Der Schuster Hans mit seinem Prozess gegen Fritz schied wohl aus. Steinhilber hatte sein Alibi überprüft, außerdem war der Prozess für ihn durchaus noch zu gewinnen gewesen.
    Die nächtlichen Exzesse in der Kiesgrube. Manchmal sahen wir in der Dunkelheit vom Ort aus oder von der B 312 nach Huldstetten immer noch den kleinen Glühpunkt, der unten im Annaleu, im Hauler Weg in der Kiesgrube, das Feuer der nächtlichen Exzesse verriet. Verdächtig? Weil die nächtlichen Exzesse nicht in mein Bild von der Alb passen wollten?
    Der Suizid des Vaters von Ernst Graßner? Was hatte Fritz mit dem Suizid zu tun? Auch das wäre reine Spekulation. Ich bin Wissenschaftler und hasse Spekulationen.
    Die Verwandtschaftsbeziehungen, von denen Frau Strauß gesprochen hatte und die offenbar beide Mordfälle verbanden? Aber wen? Die Täter? Die Opfer? Beide?
    Diese Spur blieb die

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