Albtraum
hinterlasse ihm eine Nachricht.“ Er ging zum weißen Schrank. „Mal sehen, wie es Mr. Powers gefällt, selbst gejagt zu werden.“
72. KAPITEL
John sah das Chaos und bebte vor Zorn. Wie konnten sie es wagen, seine heilige Privatsphäre zu verletzen? Wie konnten sie es wagen, seine Sachen anzufassen und zu ruinieren?
Wussten die nicht, mit wem sie es zu tun hatten?
John bahnte sich einen Weg durch den Schutt in seinem Wohnzimmer. Als er die Küche erreichte, blieb er wie angewurzelt stehen. Sie hatten ihm eine Nachricht hinterlassen, in Rot auf die jungfräulich weiße Schrankwand geschrieben. Es sah aus wie eine Wunde.
Wir kriegen dich, Arschloch.
John starrte auf die Worte, und der eigene Pulsschlag dröhnte ihm in den Ohren. Er begann zu zittern, und sein Atem ging in kurzen heftigen Stößen. Er spannte und entspannte die Finger, der letzte Rest von Selbstkontrolle war dahin. Hierfür würden sie zahlen, das schwor er sich. Sie würden leiden.
Und wenn es das Letzte war, was er tat, er würde da für sorgen, dass sie jämmerlich krepierten.
73. KAPITEL
„Guten Morgen“, sagte Kate, als Julianna in der Verbindungstür zu ihrem Zimmer erschien. Es war kurz nach acht, und Julianna hatte die Nacht durchgeschlafen. Kate wusste es, weil sie ungefähr ein Dutzend Mal nach ihr gesehen hatte.
Julianna streifte Kate nur mit einem Blick und senkte ihn befangen. „Morgen.“
Kate hatte Emma die Windeln gewechselt, knöpfte ihr den Pyjama wieder zu und nahm sie hoch. Julianna blieb reglos im Türrahmen stehen. „Wie geht es Ihren Händen“, erkundigte sich Kate.
Julianna streckte sie aus. Sie sahen schrecklich aus, als wäre sie damit in einen Fleischwolf geraten. Sie versuchte die Finger zu beugen und stöhnte auf. „Es tut weh.“
Mit Emma auf ihrer Hüfte ging Kate zum Abfalleimer und entsorgte die benutzte Windel. Die Kleine begann zu quengeln, und Kate nahm sie an die Schulter hoch. Sie winkte Julianna herein. „Kommen Sie. Reden wir.“
Zögernd kam sie zum Doppelbett und setzte sich auf die Kante. „Wo ist Luke?“
„Er holt Kaffee und Brötchen.“ Emma greinte und wand sich auf Kates Armen, so dass sie ihr erneut eine andere Lage verschaffte. „Nach dem Essen ziehen wir aus.“
Julianna schlang die Arme um sich. „Hat er eine andere Bleibe für uns gefunden?“
„Heute Morgen. Ich fürchte nur, keine besonders hübsche. In den meisten Motels muss man aus Sicherheitsgründen zur Anmeldung die Kreditkarte vorlegen. Da Luke uns unter Falschnamen angemeldet hat, musste er ein bisschen herumtelefonieren.“
Julianna sah stirnrunzelnd zu Emma. „Was ist los mit ihr, ich habe noch nie gehört, dass sie so merkwürdige Töne von sich gibt.“
Kate blickte auf die Kleine, die ihr im Arm lag, den Körper leicht zu ihr gedreht. Sie gab wirklich seltsame Laute von sich, eine Mischung aus Wimmern und Greinen. „Sie ist heute ein bisschen unleidlich. Sie hat nicht gut geschlafen. Babys sind manchmal so.“
Es entstand ein sonderbares Schweigen, bis Julianna schließlich sagte: „Ich bin froh, dass ich sie Ihnen gegeben habe und dass es zu spät war für …“
Für eine Abtreibung, dachte Kate schaudernd. „Ich bin auch froh. Sie ist ein ganz bezauberndes kleines Wesen.“
Julianna strich Emma über den Haarflaum, Tränen in den Augen. „Tut mir Leid, dass ich gestern so ausgerastet bin.“
„Sie müssen sich nicht entschuldigen.“
Julianna senkte den Kopf. „Ich weiß nicht, warum ich nie zuvor erkannt habe … Ich muss doch gewusst haben, wie falsch … wie krankhaft …“ Sie hob den gequälten Blick zu Kate. „Ich habe es zugelassen. Mich trifft genauso viel Schuld wie ihn.“
„Das ist nicht wahr.“ Kate ging zu ihr. „Sie waren noch ein Kind, und er war ein erwachsener Mann. Er nutzte Ihre Unschuld, Ihr Vertrauen und Ihre Hilflosigkeit aus. Was er Ihnen angetan hat, war ein Verbrechen, Julianna.“
„Aber warum habe ich ihn nicht aufgehalten?“ Sie ballte die Hände. „Warum habe ich mich nicht gewehrt oder es wenigstens jemand erzählt? Und warum bin ich bei ihm geblieben, als ich älter wurde? Ich denke immer darüber nach, und ich möchte mich vor Scham verkriechen und sterben.“ Julianna schwieg einen Moment und fuhr dann fort: „Tief im Innern … deshalb …“Ihr brach die Stimme, und sie musste sich räuspern, um fortfahren zu können. „Deshalb wurde ich schwanger. Ich wollte eine normale Beziehung wie andere Frauen sie haben.“
Eine normale Beziehung, wie
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