Albtraum
schon, du würdest nicht kommen.“
Er setzte sich ihr gegenüber in die Nische. „Ich wollte auch nicht.“
„Aber du bist hier.“ Sie zog die leere Flasche zurück, nahm das Baby hoch, hielt es an die Schulter und klopfte ihm den Rücken. „Warum?“
„Morbide Neugier.“
„Lustig.“
„Ich lache nicht.“
Einen Moment saß sie wie erstarrt, dann spielte der Hauch eines Lächelns um ihren Mund. „Du warst immer schon brutal ehrlich.“
„Ich habe Durst.“ Er stand auf. „Möchtest du denn noch etwas?“
„Noch einen Kaffee bitte.“
Er ging zum Tresen, holte Kate einen Kaffee, sich selbst eine Cola und kam an den Tisch zurück. Emma hatte ein Bäuerchen gemacht, und Kate legte sie schlafend wieder in die Auto-Babyliege. Sie befestigte den Sicherheitsgurt und breitete eine weiche Decke über die Kleine.
„Sie ist wunderschön“, sagte Luke und stellte die Getränke auf den Tisch. „Glückwunsch.“
„Danke“, erwiderte sie lächelnd. „Sie heißt Emma.“
„Mutterschaft bekommt dir.“ Obwohl er das leichthin sagte, hatte er das Ge fühl, an den Worten zu ersticken. „Richard muss … sich freuen.“ Vermutlich ist er so aufgeblasen vor Stolz, dass er kurz vor dem Platzen steht.
Sie zögerte. „Ja, das tut er natürlich.“
„In deinem ausführlichen Weihnachtsbrief hast du nicht erwähnt, schwanger zu sein.“
„Das war ich auch nicht.“ Nach einer Pause erklärte sie: „Emma ist adoptiert.“
Das verlangte geradezu nach weiterer Erklärung. Er müsste sie fragen, was sie zur Adoption bewogen hatte. Stattdessen sah er ihr nur ruhig in die Augen. „Was willst du, Kate?“
„Dich sehen. Ist das so sonderbar? Wir waren mal die besten Freunde.“
„Vor vielen Jahren. In einem anderen Leben. Wir haben nichts mehr miteinander zu tun.“
„Ich weiß. Ich …“ Sie verstummte und strich die Babydecke glatt. „Ich bedaure das. Du fehlst mir, Luke. Mir fehlt unsere Freundschaft.“
Das ging ihm unter die Haut. „Hör auf damit.“
„Es ist wahr.“ Sie holte zittrig Atem. „Ich wollte dich sehen, weil ich dir erklären wollte, was damals geschehen ist.“
„Ich weiß, was geschehen ist, Kate! Ich war dabei!“ Zornig spannte und entspannte er die Finger. „Hast du das schon vergessen?“
Sie schluckte trocken, senkte jedoch nicht den Blick. „Ich habe gar nichts vergessen, Luke. Nicht einen Augenblick.“
Das schmerzte ihn, da es ungerechtfertigte Hoffnung weckte. Er ärgerte sich, weil sie ihn nach all den Jahren immer noch nicht kalt ließ.
„Was sagst du da?“ fragte er vorwurfsvoll. „Genügt dir Richard plötzlich nicht mehr? Willst du mal mit ’nem anderen ins Bett?“ Zornbebend beugte er sich zu ihr vor. „Willst du die Vergangenheit wiederholen?“
Gekränkt wich sie zurück. „Du weißt es besser. Du kennst mich besser.“
„Tue ich das?“
„Tut mir Leid, Luke.“ In ihren Augen standen Tränen. „Tutmir Leid, dass ich dich verletzt und unsere Freundschaft damit zerstört habe.“
„Mir tut es auch Leid.“ Er stand auf. „Aber genau das hast du getan. Und es ist zu spät, daran noch etwas zu ändern.“
„Warte! Bitte!“ Sie ergriff seine Hand. „Die Nacht … als wir zusammen waren … das war keine List von mir. Ich war niedergeschlagen. Richard hatte mal wieder Schluss mit mir gemacht. Ich hatte mir geschworen, dass es das letzte Mal sei. Ich wollte ihn unter gar keinen Umständen zurücknehmen. Ich glaubte, wir wären fertig miteinander. Ich habe mich dir zugewandt, weil …“
„Du hast mich benutzt, um Richard eifersüchtig zu machen. Um es ihm heimzuzahlen wegen der Blondine – wegen der vielen Blondinen.“ Er schüttelte ihre Hand ab. „Nun, es hat funktioniert. Ich hoffe, du bist glücklich in dem Leben, das du dir geangelt hast.“
„Das war nicht so! Bitte Luke, hör mich zu Ende an!“ Emma begann leise zu wimmern. Luke setzte sich wieder hin und nickte angespannt. „Also sag, was du zu sagen hast, aber beeil dich.“
„Am nächsten Morgen kam Richard zu mir, so wie immer, kleinlaut, mit gesenktem Kopf. Ich sagte ihm, dass wir fertig wären miteinander, dass ich genug hätte. Er bat mich, ihm zu verzeihen. Er flehte mich an, Luke, und er weinte. Er sagte, dass er mich liebe und mich heiraten wolle, damit wir für immer zusammen wären.“
„Und du bist weich geworden.“ Luke schnippte mit den Fingern. „Einfach so.“
„Ich habe ihn geliebt, schon seit vielen Jahren. Ich hatte immer davon geträumt, ihn zu
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