Albtraum
verbringt.
Mochte das sein, wie es wollte, als Emma zu quengeln begann, nahm sie sie zurück. „Sie wissen wie Babys sind“, sagte sie leichthin und erzwang ein Lächeln. „Bei keinem fühlen sie sich so wohl wie bei der Mutter.“
„Richard sagte mir, dass sie adoptiert ist.“
Kate betrachtete Julianna, die wieder dieses wissende Lächeln aufgesetzt hatte. Nein, eher ein selbstzufriedenes Grinsen. Als kenne sie ein süßes Geheimnis, das ihr ein Überlegenheitsgefühl gab.
Kate hätte am liebsten gegiftet, dass sie Emmas Mutter sei, adoptiert oder nicht. Doch sie beherrschte sich, weil diese junge Frau eine von Richards Angestellten war. „Das stimmt“, erwiderte sie ruhig. „Wenn Sie mich bitte entschuldigen. Ich hole die Vorspeisen.“
Im Stillen zählte Kate bis zehn. Für gewöhnlich ließ sie sichvon den oft schmerzlichen Bemerkungen über Emmas Adoption nicht beeindrucken. Die Adoption gehörte untrennbar zu Emma und machte sie zu etwas Besonderem und Einmaligem. Wenn jemand etwas Dummes oder Verletzendes sagte, geschah das oft aus Unkenntnis, und Kate nutzte die Gelegenheit meist zur Aufklärung der Leute.
Aber an dieser jungen Frau kam ihr irgendetwas hinterhältig und verschlagen vor. Juliannas Bemerkungen zeugten nicht von Naivität, sondern von Bösartigkeit. Kate mochte diese Frau kein bisschen. „Wir haben sie nicht irgendwo gefunden, Julianna, sondern sie durch eine angesehene Agentur vermittelt bekommen.“
„Der Grill ist heiß“, verkündete Richard und kam Hände reibend in die Küche. Er ging zu dem Tablett mit Brie, Erdbeeren und Crackern und schnitt sich ein Stück Käse ab.
„Ich sprach gerade mit Kate über Adoptionen. Ich finde es wunderbar, dass Sie Emma adoptieren konnten.“
Er strahlte die junge Frau an, und Kate verschluckte sich fast an einer Erdbeere. Offensichtlich teilte er ihre Einschätzung von Julianna nicht.
„Das finden wir auch“, bestätigte er. „Wir halten es für ein kleines Wunder.“ Er wandte sich an Kate. „Nicht wahr, Schatz?“
Kate lächelte ihn an und liebte ihn in diesem Moment so sehr, dass es ihr den Atem verschlug. „Ja, das tun wir.“
„Warum führst du Julianna nicht durchs Haus, während ich die Steaks brate?“
Das war zwar das Letzte, was sie wollte, sie sah jedoch keine Möglichkeit, es mit Anstand abzulehnen. Während sie von Zimmer zu Zimmer gingen, gewann Kate den sonderbaren Eindruck, dass Julianna sich hier auskannte, mit Grundriss und Einrichtung vertraut war.
Beunruhigt blieb sie ein wenig zurück und beobachtete, was ihr Gast tat. Wie erwartet, übernahm Julianna die Initiative, so dass Kate eine Führung durch ihr eigenes Haus bekam. Ihr wurde unheimlich zu Mute.
„Und das ist Richards Arbeitszimmer“, sagte Julianna leise, ging in den Raum, schloss die Augen und atmete tief durch die Nase ein. „Es riecht nach ihm.“
Kate konnte es nicht fassen. „Wie bitte?“
„Er ist ein wunderbarer Mann“, stellte Julianna fest und wandte sich ihr zu. „Sie haben großes Glück gehabt.“
„Das klingt, als wäre mein Glück bald zu Ende“, erwiderte Kate und ließ es wie einen Scherz klingen.
„Tut mir Leid, so war das nicht gemeint.“ Julianna ließ den Blick durch den Raum schweifen, ehe sie wieder Kate ansah. „Ich würde mir gern das Kinderzimmer anschauen. Ich wette, es ist ein Stück den Flur hinunter.“
„Stimmt. Aber da gibt es nichts Interessantes …“
„Seien Sie nicht albern, Kate. Ich muss mir das Zimmer der zauberhaften kleinen Emma einfach ansehen.“
Sie lächelte die Kleine an. Kate nahm Emma instinktiv auf den anderen Arm, möglichst weit weg von Julianna. „Also schön, hier entlang.“
Vor dem Kinderzimmer angelangt, eilte Julianna begeistert hinein. „Das ist ja ein Traum für ein Mädchen. Alles in Rosa und sehr hübsch.“
Sie ging hinüber zur Kommode und betrachtete neugierig die gerahmten Fotos darauf. Nach einem Moment blickte sie über die Schulter zu Kate. „Es gibt keines von Emma mit ihrem Daddy?“
Kate lief es kalt über den Rücken. „Wir hatten eines“, erklärte sie leise. „Es wurde gestohlen.“
„Gestohlen?“ Julianna legte entsetzt eine Hand an die Brust. „Sie meinen, jemand hat hier im Haus eingebrochen? Wie furchtbar.“
Kate lachte leicht befangen. „Ich sollte wohl besser sagen, vielleicht wurde es gestohlen. Vielleicht haben wir es auch verlegt. Plötzlich war es nicht mehr da.“
„So was passiert mir andauernd. Ich hasse das. Bestimmt
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