Albtraum
ihrem Kaugummi. „He, Süßer, setz dich irgendwo hin. Bin gleich bei dir.“
Als ob ich mich jemals in so einen Laden setzen, geschweige denn hier essen würde!
Die Lunchzeit war vorüber, und es waren kaum noch Kunden da. John ging zur Kasse und lächelte das Mädchen, das dort offenbar tödlich gelangweilt saß, an. „Hallo. Ist der Besitzer oder Manager zu sprechen?“
Das Mädchen sah ihn von oben bis unten an und nickte. „Buster!“ rief sie. „Hier will einer was von dir!“
Kurz darauf kam ein Mann mit schmutziger Schürze aus der Küche. „Ich bin Buster Boudreaux, der Besitzer. Was kann ich für Sie tun?“
„Ich bin Anwalt in der Kanzlei Reed, Reed und White.“ John reichte ihm eine Visitenkarte. „Ich verwalte den Besitz des verstorbenen Jonathan Starr und suche seine Tochter Julianna. Arbeitet sie hier?“
Der Mann betrachtete die Karte einen Moment und sah dann neugierig zu ihm auf. Offenbar überlegte er, was für ihn dabei herausspringen konnte.
John lächelte. „Miss Starr hat ein ansehnliches Vermögen geerbt, Mr. Boudreaux, und wir versuchen sie ausfindig zu machen. Für Hinweise, die zu ihrem Aufenthaltsort führen, wurde eine großzügige Summe ausgesetzt.“
Mit angewiderter Miene steckte Buster die Visitenkarte ein. „Sie hat hier gearbeitet bis vor vier, fünf Monaten. Aber dann ist sie plötzlich auf und davon.“
„Wissen Sie, wohin sie gegangen ist?“ fragte John und ließ sich seine Aufregung nicht anmerken. Er war ihr so nah, dass er sie fast riechen konnte.
„Tut mir Leid. Sie hat keine neue Adresse hinterlassen. Aber warten Sie, ich frage eines der Mädchen. Lorena!“ rief er und sah an John vorbei. „Komm ’ne Minute her, ja?“
John drehte sich um und sah die wasserstoffblonde Serviererin von vorhin auf sich zukommen.
„Der Typ hier sucht Julianna. Er sagt, sie hat ’ne Menge Geld geerbt. Hast du ’ne Ahnung, wo sie ist?“
„Ich weiß nich’, und es is’ mir auch egal.“ Die Frau schürzte abfällig ihre grell geschminkten Lippen. „Die kleine Prinzessinhielt sich für was Besseres. Dabei war sie nich’ besser als ’ne Nutte, schwanger und ohne Mann.“
Eiskalte Wut stieg in John hoch. Er sah die Frau aus leicht verengten Augen genau an. Er konnte nicht zulassen, dass dieses Miststück so über seine Julianna redete.
„Ich kann Ihnen die Adresse geben, wo sie wohnte, solange sie hier gearbeitet hat.“
„Danke, das wäre hilfreich.“
Der Mann ging in die Küche und kam kurz darauf mit einer Geschäftskarte zurück, auf deren Rückseite er ihre Anschrift notiert hatte. „Sie sagten, es gibt eine Belohnung für den, der hilft, sie aufzuspüren?“
„Allerdings.“ John nahm ihm die Karte ab, und sein Blick wanderte zu der Blondine. „Ich werde dafür sorgen, dass Sie auch noch ein bisschen was abbekommen, Süße. Glauben Sie mir.“
Es war spät geworden, und die Straßen des French Quarter leerten sich allmählich. John stand im Dunkel gegenüber der Bar und sah wartend zu, wie innen ein Licht nach dem anderen ausging.
Endlich wurde seine Geduld belohnt. Zwei Gestalten kamen heraus, ein Mann und die Blondine vom Po’Boys Imbiss mit der großen Klappe. Die zwei verabschiedeten sich und gingen in verschiedene Richtungen davon.
John trat aus dem Dunkel und folgte der Frau. Er hielt Distanz, seine Schritte waren leise.
Sie sah sich nur einmal um, als er sie fast eingeholt hatte. Dann begann sie zu laufen, aber es war zu spät. Er schlug ihr auf den Hinterkopf, und sie stürzte nach vorn, lang ausgestreckt mit dem Gesicht in den Straßenschmutz. Wo sie hingehört, dachte er und umrundete sie angewidert.
Während sie dalag und schluchzend um ihr Leben bettelte, trat er ihr in die Rippen. Dabei wurde sie jedes Mal ein Stück vom Boden hochgehoben. Dann trat er tiefer. Er tötete sie nicht, allerdings wünschte sie, er hätte es getan.
„Das nächste Mal“, sagte er leise, „soll test du ein wenig Respekt vor denen zeigen, die was Besseres sind als du.“
38. KAPITEL
Richard saß Julianna gegenüber am Ecktisch des Cafés. Ihr Kopf war gesenkt, während sie die Speisekarte studierte, und er nutzte die Gelegenheit, ihren Anblick zu genießen. In letzter Zeit waren ihm einige Dinge an seiner jungen Assistentin aufgefallen. Nette Dinge. Ihre taufrische Haut, ihr melodisches Lachen, die Art, wie sie ihn ansah, bewundernd und ehrfürchtig.
Er dachte an Kate und ihr Urteil über Julianna. Manipulativ. Heimlichtuerisch. Er hatte
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