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Alcatraz und die dunkle Bibliothek

Alcatraz und die dunkle Bibliothek

Titel: Alcatraz und die dunkle Bibliothek Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Sanderson
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ab.«
    »Das ist auf jeden Fall besser als dein Talent, Herr Okulator«, schnaubte Bastille. »Würdest du mir erklären, wie du es geschafft hast, den Teppich kaputt zu machen?«
    Ich schielte auf meine Füße. Der Teppich um mich herum war vollkommen aufgelöst und bestand nur noch aus einzelnen Wollfäden.
    »Kommt jetzt, wir müssen weiter«, beendete Bastille das Thema.
    Sing und ich nickten zustimmend, und wir setzten unseren Weg fort, immer an der Wand des muffigen Bibliothekssaals entlang. Diesmal bewegten wir uns schweigend voran; der Anblick der Bibliothekare in Ausbildung hatte uns daran erinnert, wie wichtig es war, nicht entdeckt zu werden. Mir wurde jedoch schnell klar, dass eine Durchsuchung dieses Raums uns wohl kaum zum Sand von Rashid führen würde. Auch wenn es hier viele kleine Nischen gab (diese zahllosen Bücherregale schafften die Atmosphäre eines Großraumbüros für dämonische Bibliophile), schien dies nicht gerade ein Ort zu sein, an dem man mächtige Artefakte aufbewahrt. Ich hielt es für wesentlich wahrscheinlicher, dass sich der Sand in einer verschlossenen Kammer oder in einem Labor befand. Aber nicht in einer riesigen Lagerhalle.
    Schließlich entdeckte ich rechts von uns eine Treppe und winkte die anderen heran. »Wir sollten in den ersten Stock gehen.«
    Bastille hob skeptisch eine Augenbraue. »Wir sind mit diesem Raum aber noch nicht fertig.«
    »Wir haben nicht mehr viel Zeit«, erklärte ich mit Blick auf die Sanduhr, die Grandpa Smedry mir gegeben hatte. »Dieser Raum ist einfach zu groß. Außerdem fühlt sich das hier nicht richtig an.«
    »Wir sollen uns also auf deine Gefühle verlassen, wenn es um das Schicksal der ganzen Welt geht?«, fragte sie sarkastisch.
    »Er ist immerhin unser Okulator, Bastille«, rief Sing ihr in Erinnerung. »Wenn er sagt, wir müssen nach oben, dann gehen wir nach oben. Außerdem hat er wahrscheinlich recht – der Sand wird wohl kaum hier zwischen den Regalen herumliegen. Irgendwo in diesem Gebäude muss es eine Linsenschmiede geben. Und da bewahren sie wahrscheinlich auch den Sand auf.«
    Bastille seufzte, zuckte dann aber mit den Schultern. »Wie auch immer«, brummte sie und schob sich an mir vorbei, um uns zur Treppe zu führen.
    Ehrlich gesagt war ich ein wenig überrascht, dass sie auf mich hörten. Ich folgte Bastille, Sing bildete das Schlusslicht. Die Treppe war aus wuchtigem Stein gefertigt, und sie erinnerte mich stark an etwas, das man in einem mittelalterlichen Schloss erwarten würde. Sie schraubte sich in engen Kreisen in die Höhe und bildete den Kern einer massiven Steinsäule, in die kleine Milchglasfenster eingelassen waren, durch die spärliches Tageslicht nach innen drang.
    Nachdem wir einige Minuten lang nach oben gestiegen waren, ging mir die Puste aus. »Sollten wir nicht langsam im ersten Stock angekommen sein?«
    »Raumkrümmung«, erklärte Bastille von vorne. »Du hast doch nicht wirklich erwartet, dass die Bibliothekare ihr gesamtes Hauptquartier in einem Gebäude unterbringen, das so klein ist, wie das hier von außen aussieht, oder?«
    »Nein, schließlich habe ich die Streckungsaura draußen gesehen. Aber wie weit kann sich diese Treppe denn bitte noch nach oben ausdehnen?«
    »So weit wie nötig«, antwortete Bastille gereizt.
    Seufzend stieg ich weiter. Nach dieser Logik konnte sich die Treppe ja endlos hinziehen. Darüber wollte ich allerdings lieber nicht nachdenken. »Da ihr euch ja für so ›fortschrittlich‹ haltet«, merkte ich an, »sollte man doch meinen, dass die Bibliothekare Fahrstühle in ihren Gebäuden haben.«
    Bastille schnaubte abfällig. »Fahrstühle? Wie primitiv.«
    »Immer noch besser als Treppen.«
    »Von wegen«, protestierte sie. »Es hat die Gesellschaft Jahrhunderte gekostet, bis sie sich vom Fahrstuhl zur Treppe weiterentwickelt hatte.«
    Ich runzelte die Stirn. »Das ergibt doch gar keinen Sinn. Die Treppe hat wesentlich weniger Entwicklungsarbeit gebraucht als der Fahrstuhl.«
    Sie blieb stehen, drehte sich um und warf mir über den Rand ihrer Sonnenbrille hinweg einen unmissverständlichen Blick zu. Genervt musste ich feststellen, dass sie kein bisschen außer Atem war.
    »Sei nicht albern«, sagte sie scharf. »Warum, bitte schön, sollten Fahrstühle denn fortschrittlicher sein als Treppen? Es ist doch ganz offensichtlich, dass Treppen schwieriger zu bauen sind und ihre Nutzung sowohl aufwändiger als auch gesünder ist. Demzufolge hat es auch länger gedauert, sie zu

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