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Alcatraz und die dunkle Bibliothek

Alcatraz und die dunkle Bibliothek

Titel: Alcatraz und die dunkle Bibliothek Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Sanderson
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Spuren.
    »Niemand hat diesen Raum betreten, zumindest nicht vor kurzem«, erklärte ich. »Es sollte also sicher sein.«
    Bastille legte den Kopf schief, und ein seltsamer Ausdruck huschte über ihr Gesicht. Es schien fast so, als überrasche es sie, dass ich etwas Nützliches tat. Dann öffnete sie leise die Tür und spähte durch den Spalt. Einen Moment später stieß sie sie ganz auf und bedeutete Sing und mir, hineinzugehen.
    In diesem Raum gab es keine Dinosaurierkäfige, sondern wieder einmal Bücherregale. Es war jedoch nicht die vollgestopfte, bedrohlich aufragende Sorte wie im Erdgeschoss. Hier waren die Regale in die Wand eingelassen und verliehen dem Raum eine gemütliche Atmosphäre. Die drei Schreibtische, die als Nächstes ins Auge fielen, waren nicht besetzt, doch auf jedem von ihnen lagen aufgeschlagene Bücher.
    Bastille schloss die Tür hinter uns. Ich sah mich in dem kleinen Zimmer um – es war schön möbliert und wirkte trotz der herumliegenden Bücher aufgeräumt. Ja, das könnte es schon eher sein, dachte ich. An einem Ort wie diesem würde ich etwas Wichtiges aufbewahren.
    »Schnell«, befahl Bastille, »macht euch an die Arbeit.«
    Sing stürzte sich sofort auf einen der Schreibtische, während Bastille in den Ecken stöberte und hinter die Gemälde lugte, die an den Wänden hingen, wohl auf der Suche nach einem versteckten Tresor. Ich sah mich noch einen Moment länger um und ging dann zum nächsten Bücherregal.
    »Smedry«, zischte Bastille am anderen Ende des Raumes.
    Ich sah sie fragend an.
    Sie tippte vielsagend gegen ihre Sonnenbrille. Erst da fiel mir auf, dass ich immer noch die Fährtenspürlinsen trug. Ich vertauschte sie schnell mit den Okulatorenlinsen und trat dann einen Schritt zurück, um mir den Raum noch einmal gründlich anzusehen.
    Kein sichtbares Glühen. Aber die Bücher … die Schrift auf den Buchrücken schien sich zu bewegen, fast so als winde sie sich. Stirnrunzelnd ging ich zu einem Regal und zog einen der Bände heraus. Die Buchstaben wanden sich jetzt nicht mehr, aber ich konnte sie trotzdem nicht lesen.
    Das hier war wie das Buch in Grandpa Smedrys Glastresor. Die Seiten waren voller Gekritzel, als hätte ein Kind sich einen Füller geschnappt und damit in einem Anfall kindlich-künstlerischen Zorns das Papier traktiert. Die Zeilen ließen weder eine Leserichtung noch einen bestimmten Sinn erkennen.
    »Diese Bücher hier – Grandpa Smedry hat so eins in der Tankstelle.«
    »Die Vergessene Sprache«, sagte Sing vom anderen Ende des Raums aus. »Es sieht nicht so aus, als wären die Bibliothekare in ihren Versuchen, sie zu entschlüsseln, wesentlich erfolgreicher als wir. Seht euch mal das hier an.«
    Bastille und ich gingen zu dem Tisch, an dem Sing Platz genommen hatte. Dort lagen Seiten über Seiten voller Gekritzel, immer wieder unterbrochen von Ausstreichungen. Daneben standen verschiedene Buchstabenkombinationen auf Englisch, die offenbar dem Versuch entsprangen, dem Gekrakel einen Sinn abzuringen.
    »Was würde passieren, wenn es ihnen gelänge, sie zu übersetzen?«, wollte ich wissen.
    Sing schnaubte abfällig. »Man kann ihnen nur Glück wünschen. Die Gelehrten versuchen seit Jahrhunderten, das zu schaffen.«
    »Aber warum?«
    »Ist das denn nicht offensichtlich? Diese Texte in der Vergessenen Sprache bergen wichtige Geheimnisse in sich. Wäre das nicht der Fall, wäre die Sprache wohl kaum vergessen worden.«
    Das entlockte mir wieder einmal ein Stirnrunzeln. Irgendetwas stimmte nicht an dieser Theorie. »Ich halte eher das Gegenteil für wahrscheinlich«, fasste ich meine Zweifel in Worte. »Wenn diese Sprache wirklich so wichtig wäre, hätten wir sie doch nicht vergessen, oder?«
    Daraufhin sahen mich die beiden an, als wäre ich verrückt geworden.
    »Es ist so, Alcatraz«, setzte Sing zu einer Erklärung an. »Die Vergessene Sprache ist nicht einfach so in Vergessenheit geraten. Wir wurden gezwungen, sie zu vergessen. Vor ungefähr dreitausend Jahren ist die Fähigkeit, diese Schrift zu lesen, auf der ganzen Welt auf einen Schlag verloren gegangen. Niemand weiß genau, wie es passiert ist, aber die Inkarna – das Volk, von dem diese Texte stammen – hatten offenbar entschieden, dass die Welt ihres Wissens nicht würdig sei. Wir haben alles vergessen, was wir von ihnen gelernt hatten, darunter auch, wie man ihre Sprache spricht und ihre Schrift liest.«
    »Bringen sie euch in der Schule denn gar nichts bei?«, ergänzte Bastille äußerst

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