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Alcatraz und die dunkle Bibliothek

Alcatraz und die dunkle Bibliothek

Titel: Alcatraz und die dunkle Bibliothek Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Sanderson
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wird. Ihr wollt miterleben, wie sie ihre Verbitterung überwindet und ihr klar wird, dass sie ihre Träume niemals hätte aufgeben dürfen.
    Ihr erwartet so etwas, weil ihr zu viele dämliche Geschichten gelesen habt, in denen Leute etwas erreichen, das sie anfangs für unmöglich hielten – tiefgründige und ergreifende Bücher über Lokomotiven, die steile Hügel erklimmen, oder kleine Mädchen, die durch reine Willenskraft einfach alles schaffen.
    Lasst mich hier mal eines klarstellen: Bastille wird niemals ein Okulator werden. Diese Fähigkeiten sind in den Genen verankert, was bedeutet, dass man nur ein Okulator werden kann, wenn die eigenen Vorfahren Okulatoren waren. Bastilles waren keine.
    Die Menschen können großartige Dinge erreichen. Aber es gibt nun einmal Dinge, die man nicht schaffen kann. Ich, zum Beispiel, habe es nie geschafft, mich in ein Eis am Stiel zu verwandeln, obwohl ich es jahrelang versucht habe. Was ich allerdings schaffen könnte, wenn ich das wollte, wäre, mich selbst in den Wahnsinn zu treiben. (Wenn ich dieses zweite Ziel erreiche, könnte ich aber dafür sorgen, dass ich glaube, das erste doch noch geschafft zu haben …)
    Wie dem auch sei, wenn es hier überhaupt eine Lektion zu lernen gibt, ist es folgende: Große Erfolge hängen oft davon ab, ob man zwischen dem Unmöglichen und dem Unvorstellbaren unterscheiden kann. Oder, einfach ausgedrückt, zwischen Eis am Stiel und Wahnsinn.
    Noch Fragen?
    Ich wollte irgendetwas sagen, das Bastille helfen würde. Immerhin hatte ich gerade eine alles verändernde Erkenntnis gehabt, da sollte doch was dabei sein, was sich hier anwenden ließe. Unglücklicherweise war Bastille gerade nicht in der Stimmung für »alles verändernde Erkenntnisse«.
    »Ich brauche dein Mitleid nicht, Smedry«, fauchte sie und schlug meinen Arm beiseite, den ich ihr entgegenstreckte. »Ich bin vollkommen in Ordnung, so wie ich bin. Außerdem gibt es nun wirklich nichts, was du tun könntest, um mir zu helfen.«
    Ich setzte gerade zu einer entsprechenden Antwort an, als ich hörte, wie eine Tür geöffnet wurde. Ich drehte mich um und sah, wie Ms. Fletcher in aller Seelenruhe in den Gang vor unserer Zelle geschlendert kam.
    »Hallo, Smedry«, sagte sie.
    »Ms. Fletcher«, erwiderte ich ausdruckslos. »Oder ›Shasta‹ oder wie auch immer Sie in Wirklichkeit heißen mögen.«
    »Fletcher reicht völlig«, erklärte sie, offenbar in dem Versuch, freundlich zu klingen. Was ihr allerdings nicht so recht gelang. »Ich dachte mir, wir könnten ein wenig plaudern.«
    Ich schüttelte ablehnend den Kopf. »Ich wüsste nicht, worüber ich mit Ihnen reden sollte.«
    »Ach komm schon, Alcatraz. Ich habe mich immer um dich gekümmert, obwohl du mir das Leben ganz schön schwer gemacht hast. Daran erkennst du doch sicher, dass mir dein Wohlergehen am Herzen liegt.«
    »Irgendwie habe ich da so meine Zweifel, Ms. Fletcher.«
    Sie zog eine Augenbraue hoch. »Ist das alles? Ich hatte etwas mit mehr … Biss erwartet, Smedry.«
    »Tja, ich habe mich eben geändert«, erklärte ich. »Wissen Sie, ich hatte gerade eine alles verändernde Erkenntnis und werde von nun an keine schnippischen Bemerkungen mehr machen.«
    »Tatsächlich?«
    »Jawohl«, bestätigte ich.
    Ms. Fletcher legte den Kopf schief, und ein seltsamer Ausdruck huschte über ihr Gesicht.
    »Was denn?«, fragte ich irritiert.
    »Nichts weiter. Du hast mich nur gerade an jemanden erinnert, den ich … früher einmal gekannt habe. Wie dem auch sei, es ist mir egal, welches Spielchen du heute wieder spielst. Es ist an der Zeit, dass wir eine Einigung erzielen.«
    »Einigung?«
    Ms. Fletcher nickte und lehnte sich ein Stück vor. »Wir wollen den alten Mann. Den Verrückten, der heute Morgen bei dir aufgetaucht ist und dich mitgenommen hat.«
    »Sie meinen Grandpa Smedry?«, fragte ich vorsichtig und warf einen schnellen Blick auf Sing, der uns schweigend beobachtete. Offensichtlich überließ er mir bei diesem Gespräch bereitwillig die Führung.
    »Ganz genau«, nickte Ms. Fletcher, »Grandpa Smedry. Sag uns, wo er ist, dann werden wir dich gehen lassen.«
    »Mich gehen lassen? Wohin denn?«
    »Na gehen eben.« Sie wedelte mit der Hand, womit sie wohl nach draußen deuten wollte. »Wir suchen dir eine neue Pflegefamilie, und alles wird wieder so sein, wie es bisher immer war.«
    »Das klingt nicht gerade verlockend«, stellte ich fest.
    »Alcatraz«, sagte Ms. Fletcher ausdruckslos. »Du sitzt in einem Kerker der

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