Alcatraz und die dunkle Bibliothek
schleuderte das nächste Stück, das gegen seine Stirn prallte.
»He«, beschwerte sich der Bibliothekar.
Ich warf mit mehr Wucht, und diesmal zuckte der Bibliothekar zusammen, als das Holzstück ziemlich dicht an seinen Augen vorbeiflog.
»Alcatraz?«, fragte Sing nervös. »Bist du sicher, dass das eine gute Idee ist?« Bastille hingegen stand auf und kam zu mir herüber.
Ich warf noch ein Stück.
»Hör auf damit!«, rief der Bibliothekar, machte einen Schritt auf mich zu und hob drohend die Fäuste.
Das fünfte Holzstück traf ihn vor die Brust.
»Alles klar«, schnaubte der Bibliothekar und zog sein Schwert. »Wie gefällt dir das?« Er streckte das Schwert nach vorne, als wolle er mich damit zurücktreiben.
Aber Bastille war schneller. Überrascht sah ich zu, wie sie sich die Schwertklinge schnappte – irgendwie gelang es ihr, sich dabei nicht selbst zu verletzen – und heftig daran zog. Dadurch geriet der Bibliothekar aus dem Gleichgewicht und stolperte auf unsere Zelle zu, die Waffe noch immer fest in der Hand.
Bastille sprang nach vorne, griff zwischen den Stäben hindurch und packte den Bibliothekar an den Haaren. Dann riss sie den Kopf des Mannes nach vorne und knallte ihn gegen das gläserne Gitter.
Das Schwert fiel klirrend zu Boden. Der Körper des bewusstlosen Wächters folgte ihm prompt. Bastille kniete sich hin, griff sich einen Arm und zog ihn so nah wie möglich an das Gitter heran. Dann durchsuchte sie hastig seine Taschen. »Na gut, Smedry, das war gar nicht so schlecht«, gab sie zu.
»Äh … jederzeit wieder«, sagte ich. »Du hast … ihn aber auch ganz schön sauber ausgeschaltet.«
Bastille zuckte mit den Schultern, während sie dem Mann etwas aus der Tasche zog – eine runde Glasscheibe. »Das ist bloß ein Hilfsbibliothekar, ein reiner Handlanger.«
»Und damit kein echter Gegner für einen ausgebildeten Ritter von Crystallia«, nickte Sing. »Aber das war wirklich clever, Alcatraz. Woher wusstest du, dass er die Nerven verlieren und sein Schwert ziehen würde?«
»Na ja, eigentlich wollte ich ihn dazu bringen, etwas nach mir zu werfen.«
Bastille runzelte die Stirn. »Und was hätte das bringen sollen?«
»Ich dachte, mein Talent würde sich einschalten, wenn er versucht, mich zu verletzen.«
Sing rieb sich nachdenklich das Kinn. »Dadurch wäre wahrscheinlich der Gegenstand kaputt gegangen, den er nach dir geworfen hätte. Aber … wie hätte uns das dabei geholfen, hier rauszukommen?«
Ich zögerte. »So weit war ich mit meinem Plan noch nicht gekommen.«
Bastille berührte mit der Glasscheibe das Schloss. Es folgte ein kurzes Klicken, und die Tür öffnete sich.
»So oder so«, sagte sie knapp, »sind wir jetzt frei.« Sie warf mir einen schnellen Seitenblick zu, und ich entdeckte etwas Überraschendes in ihren Augen. Erleichterung, und sogar eine Spur von Dankbarkeit. Das war keine richtige Entschuldigung – aber von Bastille war es fast dasselbe. Ich nahm es als das, was es war.
Sie verließ die Zelle und beugte sich zu dem immer noch bewusstlosen Bibliothekar hinunter. Mit einer schnellen Bewegung nahm sie ihm die Sonnenbrille ab, entfernte das Klebeband – das offenbar reine Show war – und setzte sich die Brille auf. Dann packte sie ihn am Arm und schleifte ihn in die Zelle. Dort tastete sie ihn flüchtig ab und nahm seine Brieftasche und einen Dolch an sich, während Sing und ich in den Gang hinaustraten. Schließlich folgte sie uns, zog die Gittertür hinter sich zu und benutzte die Glasscheibe, um sie wieder zu verschließen.
Grinsend streckte sie mir die Scheibe entgegen. »Wenn du so freundlich wärst?«
Ich grinste ebenfalls, streckte einen Finger aus und berührte das runde Glasstück. Es zerfiel in tausend Scherben.
Bastille wühlte in der gestohlenen Brieftasche. »Nichts, was wir gebrauchen könnten«, stellte sie fest. »Außer vielleicht das hier.« Sie zog eine kleine Karte hervor.
»Ein Bibliotheksausweis?«
»Was denn sonst?«, gab Bastille zurück. Ich nahm ihr die Karte ab und sah sie mir genauer an.
»He, sie sind weg!«, rief Sing. Er spähte soeben in den Raum neben dem Kerker, in dem Grandpa Smedry, Ms. Fletcher und der Dunkle Okulator verschwunden waren.
Bastille und ich gingen zu ihm hinüber. Der Raum war tatsächlich leer, bis auf unsere Sachen, die sorgfältig auf einem Tisch aufgebaut worden waren.
»Dem Ursand sei Dank!«, meinte Bastille erleichtert und warf das Schwert, das sie dem Bibliothekar abgenommen hatte, zur
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