Alcatraz und die letzte Schlacht: Band 4 (German Edition)
lässt…«
»Ich meinte, warum du glaubst, dass die Talente wie Linsen sind.«
»Ach so. Na ja, viele Talente bewirken etwas Ähnliches wie Linsen. Zum Beispiel Australias Talent und die Tarnlinsen. In Nalhalla habe ich einiges darüber gelesen. Es gibt viele Ähnlichkeiten. Bruchlinsen können anderes Glas zerbrechen, wenn man es durch sie betrachtet. Sie wirken ähnlich wie mein Talent. Und dann sind da noch die Reiselinsen, die eine Person an einen anderen Ort versetzen können, über alle Hindernisse hinweg. Ganz ähnlich wie dein Talent. Ich frage mich, ob es auch Linsen gibt, die ähnliche Kräfte haben wie mein Großvater, also die Dinge verlangsamen und Leute zu spät kommen lassen können.«
»Die gibt es«, sagte Kaz nachdenklich. »Lehrerlinsen. Wenn man die aufsetzt, läuft die Zeit langsamer.«
»Das ist ein komischer Name.«
»Eigentlich nicht. Kennst du irgendetwas, das die Zeit so langsam dahinkriechen lässt wie eine langweilige Unterrichtsstunde in der Schule?«
»Gutes Argument«, sagte ich.
Alles in allem gab es Tausende von bereits bekannten Glassorten. Viele davon, zum Beispiel die Reiselinsen, waren allerdings ziemlich unpraktisch. Entweder waren sie zu gefährlich oder sie brauchten zu viel Energie, um zu funktionieren, oder sie waren aus einem so seltenen Sand, dass es fast unmöglich war, genug für ein komplettes Paar Linsen aufzutreiben.
»Manche Glassorten werden als ›technologisch‹ bezeichnet, weil sie mit Leuchtsand energetisch aufgeladen werden können«, fuhr ich fort. »Aber Okulatoren können alle Glassorten energetisch aufladen. Ich habe das schon gemacht.«
»Ich weiß«, sagte Kaz. »Mit den Krallenglasstiefeln. Du hast erzählt, dass es dir gelungen ist, ihnen eine Extraladung Energie zu verleihen.«
»In Nalhalla habe ich es noch mal gemacht, und zwar mit Transporterglas«, berichtete ich.
»Seltsam«, sagte Kaz. »Aber Al, niemand sonst kann das. Wie kommst du darauf, dass das etwas mit den Inkarna zu tun hat?«
»Nun ja, Neuronen in meinem Gehirn schicken einander elektrochemische Signale und…«
Kaz schnitt mir ungeduldig das Wort ab. »Ich meine, warum glaubst du, dass das etwas mit den Inkarna zu tun hat?«
»Ich habe einfach das Gefühl, dass es so ist«, erwiderte ich. »Auch wegen dem, was Alcatraz der Erste geschrieben hat. Die Inkarna kannten all diese Glassorten, aber sie wollten mehr. Sie wollten deren Kräfte auf Menschen übertragen. Und irgendwie ist es ihnen auch gelungen– sie haben uns Talente verliehen. Sie haben uns gewissermaßen in menschliche Linsen verwandelt.« Ich runzelte die Stirn. »Dass ich Glas energetisch aufladen kann, liegt vielleicht nicht nur daran, dass ich ein Okulator bin. Vielleicht kann ich das, weil ich ein Okulator und ein Smedry bin. Diese Kombination ist selten, oder?«
»Ich kenne nur vier Leute, die beides sind«, sagte Kaz. »Dich, Paps, deinen Vater und Australia.«
»Wurde je erforscht, ob Leute wie wir Glas energetisch aufladen können?«
»Nicht dass ich wüsste«, gab er zu.
»Ich habe recht, Kaz«, sagte ich. »Das spüre ich. Die Inkarna haben irgendetwas mit sich angestellt. Etwas, das mit der Erschaffung der Smedry-Talente endete.«
Kaz nickte langsam.
»Willst du mich nicht fragen, warum ich dieses Gefühl habe?«
»Das hatte ich eigentlich nicht vor.«
»Ich könnte dir nämlich genau erklären, wie das Unbewusste mit dem Bewusstsein interagiert und chemische Indikatoren freisetzt, also Hormone, die emotionale Reaktionen beeinflussen.«
»Dann bin ich froh, dass ich dich nicht gefragt habe«, bemerkte Kaz.
»Schon gut.«
Es mag euch verwunderlich erscheinen, dass ich– ein dreizehnjähriger Junge– etwas über die Inkarna herausgefunden hatte, das die Gelehrten, die das Thema schon seit Jahrhunderten erforschten, noch nicht entdeckt hatten. Aber ich war ihnen gegenüber im Vorteil. Ich war ein Okulator und ein Smedry, der das seltene Bruchtalent besaß. Das war eine ungewöhnliche Kombination. Soweit ich wusste, hatte es seit Jahrtausenden niemanden mehr gegeben, der diese speziellen Kräfte in sich vereinte. Vielleicht war ich sogar der Einzige seit Alcatraz dem Ersten.
Aufgrund dieser ungewöhnlichen Kombination hatte ich ein paar seltsame Dinge getan. (Viele davon habe ich euch in meiner mehrbändigen Autobiografie geschildert.) Ich hatte Dinge gesehen, die andere nicht sehen konnten, und das hatte mich zu Schlussfolgerungen geführt, die sie nicht ziehen konnten. Darüber hinaus
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