Alcatraz und die letzte Schlacht: Band 4 (German Edition)
mich dort liegen, in einem Netz auf dem Gras festgebunden, gefesselt und geknebelt. Inzwischen war ich verzweifelt. Ich blickte nach oben und sah, dass die mit Bibliothekarssoldaten besetzten Fledermausroboter im Landeanflug auf Tuki Tuki waren. In der ganzen Stadt schrien und brüllten Leute, von Panik ergriffen.
In solchen kritischen Augenblicken warte ich gewöhnlich mit irgendeinem brillanten Plan auf, um alle zu retten. Ich überlegte angestrengt, welche Möglichkeiten ich hatte, aber mir fiel keine ein. Ich war festgebunden, mein Talent verweigerte mir den Dienst, und ich hatte keine Linsen. Gleich würden Tausende von Bibliothekarssoldaten über Tuki Tuki herfallen und es waren noch Stunden bis zum Tagesanbruch.
Warum geriet ich ständig in so prekäre Situationen? Seit sechs Monaten schien ich von einer Katastrophe in die nächste zu stolpern. Ich taugte nicht für den Kampf gegen die Bibliothekare. Alles, was ich konnte, war, mich entführen, einsperren, niederschlagen und teeren zu lassen.
Nicht nur mein Talent ließ mich im Stich, sondern auch mein Köpfchen. Das kommt vor, besonders wenn die eigenen Siege so zufällig sind, wie meine es oft waren. Doch selbst wenn es mir irgendwie gelänge, aus dem Netz herauszukommen, könnte ich nicht Tausende von Bibliothekarssoldaten aufhalten. Tuki Tuki war verloren.
Die Lage war hoffnungslos.
Ein Stück abseits leerten die Bibliothekare die Taschen meiner Jacke. Sie hoben die Übersetzerbrille hoch. Dann zerstörten sie sie mit einem Lichtblitz aus ihrer Waffe.
Mein Erbe war verloren– eines der mächtigsten Linsenpaare, das je hergestellt wurde, aus einem legendären seltenen Sand, den mein Vater mehr als zehn Jahre lang gesucht und gesammelt hatte. Und diese Bibliothekare hatten es zerstört, ohne auch nur zu ahnen, was es bedeutete.
Aber vielleicht war es besser so.
Inzwischen seid ihr wohl ziemlich enttäuscht von mir. Wahrscheinlich schreit ihr: »Kopf hoch, Alcatraz! Du schaffst es, Kleiner!« oder »He, Blödian, hör auf zu lamentieren und unternimm etwas!«.
Falls ihr das tut, muss ich euch daran erinnern, dass ihr ein Buch anschreit. Ich kann euch gar nicht antworten. Redet ihr öfter mit Gegenständen? (Mensch, ihr seid ganz schön schräg drauf.)
Wie auch immer, bisher war mir in solchen Situationen stets in letzter Minute irgendein genialer Plan eingefallen. Doch es ist wirklich schwer, auf Kommando genial zu sein. Manchmal gerät man in eine prekäre Lage, aus der es einfach keinen Ausweg gibt.
Ich lag hilflos da und starrte zum Himmel hinauf. Was hatte ich eigentlich geleistet, seit ich meinem Großvater begegnet war? Ich hatte meinen Vater gerettet und ihm so unwissentlich bei seinem verrückten Vorhaben geholfen, allen Leuten Smedry-Talente zu verleihen. In Nalhalla hatte ich meinem Vater seine Übersetzerbrille wiederbeschafft und dadurch die Gefahr, dass er die Welt zerstörte, weiter vergrößert.
Und nun hatte ich mich hier in Mokia zum König machen lassen. Wozu? Um die Mokianer zum Weiterkämpfen zu überreden, obwohl sie sich längst hätten ergeben sollen? Um zuzusehen, wie Bastille im Kampf fiel?
Als Nächstes zerstörten die Bibliothekare meine Botenlinsen. Dann zogen sie meine Überträgerlinsen und meine einzelne Wahrheitsfinderlinse heraus. Sie verbrannten eine der beiden Überträgerlinsen.
So, dachte ich. Jetzt habe ich es geschafft. Ich bin endgültig gescheitert.
Vom Himmel über mir stießen Fledermausroboter mit Bibliothekaren auf dem Rücken auf die Stadt herab.
Und hinter ihnen tauchte etwas aus der Dunkelheit auf.
Zunächst war es klein, doch es wurde immer größer. Eine Flotte von Luftfahrzeugen, die ich nicht genau erkennen konnte, flog durch die Nacht heran.
Noch mehr Bibliothekare, dachte ich. Klar, was denn sonst? Noch mehr Bibliothekare, die in riesigen Glasvögeln fliegen. Das ist doch völlig logisch. Nanu, diese Bibliothekare sehen ja ganz anders aus. Sie tragen Rüstungen und Schwerter. Seltsam. Man könnte direkt meinen, das wären …
Ich fuhr überrascht hoch. Oder besser gesagt, ich wäre hochgefahren, wenn ich nicht am Boden festgebunden und gefesselt gewesen wäre. Also jedenfalls war ich total überrascht, auch wenn das Seil mich am Boden hielt.
Eine Flotte von zwanzig gläsernen Luftfahrzeugen, auf denen Ritter von Crystallia ritten, stieß aus der Dunkelheit herab und griff die landenden Fledermausroboter an. Kampfgeräusche, Kriegsgeschrei und Beifallsrufe erfüllten die Luft.
Es hatte
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