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Alchemie der Unsterblichkeit

Alchemie der Unsterblichkeit

Titel: Alchemie der Unsterblichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Pflieger
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diesem Moment riss sie die Tür auf. »Bitte kommen Sie! Maribelles Zustand hat sich verschlechtert!«
    Icherios verharrte auf der Treppe und drehte sich nicht um. Die Vorstellung, die Geisteskranke zu berühren, erschreckte ihn noch immer. Loretta kam näher, flehte ihn regelrecht an: »Bitte, bitte schaut sie Euch noch einmal an.«
    Icherios zögerte. Die Haustür war so nah. Aber Loretta vertraute ihm. Ruckartig wendete er sich schließlich um und marschierte entschlossen in Maribelles Zimmer. Seine Finger verschränkte er fest ineinander, um das Zittern zu unterdrücken.
    Lorettas Schwester lag in einem sauberen Federbett. Den Raum zierten geblümte Tapeten und weiße Spitzenvorhänge. Auf einem Nachtschränkchen aus Ebenholz befand sich eine wassergefüllte Schüssel, an deren Ränder Leinentücher hingen. Maribelle war schweißgebadet. Von fiebrigen Träumen geplagt, warf sie den Kopf von einer Seite auf die andere. Eine magere Wade ragte unter der Decke hervor. Ein feuchtes Tuch kühlte ihre Stirn. Trotz seines schlechten Gewissens und dem Bewusstsein, einen Fehler zu begehen, weigerte sich Icherios, mehr als einen Schritt in das Zimmer zu treten. Er konnte sich einfach nicht überwinden. »Beruhigt Euch. Eine kurzzeitige Verschlechterung ist ein gutes Zeichen. Ihr Körper scheidet die Miasmen aus. Morgen wird es ihr besser gehen.« Icherios rückte die Brille auf seiner Nase zurecht. »Ich muss mich jetzt entschuldigen. Man erwartet mich.« Mit diesen Worten drehte er sich um und eilte den Gang hinunter.
    Loretta stürzte zur Tür. »Aber ihre Augen!«
    Icherios gab vor, sie nicht zu hören. Vor dem Haus lehnte er sich an die Hauswand und holte tief Luft. Er hasste sich für seine Schwäche. Dann flüchtete er zu dem einzigen Ort, der ihm in dieser gottverlassenen Ortschaft eine Zuflucht versprach: die Wache. Er war erleichtert Lynnart Kolchin dort vorzufinden. Der Amtsmann begrüßte ihn mit einem herzlichen Händedruck. »Es tut mir leid, dass ich Sie gestern alleingelassen habe. Ich hatte keine Ahnung, dass so etwas passieren würde.«
    »Beruhigen Sie sich. Es ist nicht Ihre Schuld.«
    »Der Bürgermeister befahl mir, auf zwei abgelegenen Höfen nach dem Rechten zu sehen. Dort streiten sie ständig um ihre Grenzen. Mehrmals hat es dort schon blutige Auseinandersetzungen gegeben. Kindel bestand darauf, dass ich sofort aufbreche.« Kolchin schüttelte sich. »Sie müssen furchtbare Angst gehabt haben. Ich hätte mir in die Hose gemacht. Leichen sollten nicht herumlaufen. Das ist nicht normal.«
    »Werwölfe und Vampire auch nicht. Dennoch finden Sie sich mit ihnen ab.«
    »Werwölfe leben wenigstens. Ihnen kann man eine aufs Maul hauen, und sie bluten.« Verschwörerisch stieß er ihm in die Seite. »Geben Sie zu. Sie hatten Angst.«
    Icherios wusste, dass es sinnlos war, es zu leugnen. Sein Zusammenbruch auf dem Friedhof hatte mit Sicherheit im Dorf bereits die Runde gemacht.
    »Furchtbare Angst.« Icherios schüttelte sich. »Ich kann mich an das alles nicht gewöhnen.«
    Der Flurhüter nickte mitfühlend. Seine großen, unschuldigen Augen glänzten im Licht der Morgensonne. »Die Menschen sind beunruhigt wegen der Vorkommnisse. Es soll geheime Versammlungen geben.«
    »Sie fürchten sich.«
    »Nicht nur die Menschen. Auch Vampire und Werwölfe sammeln sich. Dadurch wiederum fühlen sich die Menschen bedroht und haben Angst, dass sie alle getötet werden.«
    »Gibt es keine Anstifter, die sie festnehmen könnten?«
    Nur Peyr Teker, ein Mann, der jede Gelegenheit nutzt, um Beachtung zu bekommen. Er ist nicht der schlauste und leicht zu durchschauen.« Kolchin zuckte mit den Schultern. »Aber mir ist lieber, dass er es ist als ein anderer. Die Vampire und Werwölfe sind gerissener. Sie vermuten den Mörder in den Reihen der Menschen. Die meisten würden uns wie gefährliche Tiere abschlachten. Nehme ich einen fest, werden Unruhen ausbrechen.«
    Icherios sank auf einen Stuhl. Er wünschte sich zurück in die sicheren Mauern Karlsruhes. Seine Knochen knackten, als er den Kopf zurücklegte und die Augen schloss. »Ich muss die Ghoule untersuchen. Würden Sie mich begleiten? Vielleicht kennen Sie ja einen von ihnen.«
    »Glauben Sie, dass es einmal Menschen waren?« Kolchin presste die Lippen aufeinander. »Natürlich waren es Menschen, was rede ich denn da. Was geschieht hier nur? Es ist doch nicht normal, dass Menschen andere Menschen anfallen.«
    »Sie wären überrascht, wozu Menschen alles fähig

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