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Alchemie der Unsterblichkeit

Alchemie der Unsterblichkeit

Titel: Alchemie der Unsterblichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Pflieger
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sind.«
    Kolchin stand auf und holte seinen Mantel aus einem hohen Schrank mit wackeligen Türen. »Lassen Sie nur, ich will es gar nicht wissen, aber ich begleite Sie gern.«
    Icherios atmete erleichtert auf. Der Gedanke, alleine mit den Ghoulen zu sein, behagte ihm nicht sehr. Die Gegenwart des Flurhüters stellte zumindest einen kleinen Trost dar.
    Die Ortschaft lag still und stumm vor ihnen. Es wirkte fast so, als sei sie das angeschlagene Opfer, das nun auf die Ankunft des Jägers wartete. Dunst und Nebelschwaden, die in langen Bändern vom Wald herüberwehten, versuchten das Schloss zu verhüllen. Hin und wieder lichtete sich der Nebel, und man sah eine schwache Sonne gegen das Zwielicht ankämpfen. Bereits nach wenigen Schritten war ihre Kleidung klamm und ihre Haare klebten am Kopf. Kolchins Gesicht erinnerte ohne die wirr abstehenden Haare an ein verängstigtes Frettchen. Ein Karren versperrte die breite Straße zur Festung und zwang sie, die Treppe zu nehmen. Die durch die Feuchtigkeit tückischen Stufen brachten Icherios auf halbem Weg zu Fall, wodurch Maleficium aus seiner Tasche rutschte. Empört piepste das Tier und krabbelte Kolchins Hosenbein empor. »Er scheint mich zu mögen«, grinste der junge Mann. Die restlichen Stufen legten sie schweigend zurück.
    Als sie endlich vor dem Eingang der Leichenhalle standen, wollte keiner von ihnen zuerst eintreten. Kolchin stand zwar der Tür am nächsten, neigte aber den Kopf auffordernd Icherios zu. Dieser wiederum erblasste und verneigte sich in gespielter Demut vor Kolchin. »Ihr seid Amtsmann in diesem Gebiet. Ich möchte Euch Eure wichtige Aufgabe nicht streitig machen.«
    Widerstrebend öffnete Kolchin daraufhin die Tür und trat ein, sorgsam darauf bedacht, seinen Rücken zur Wand auszurichten. In dem Raum lagen nun drei Leichen. Die eine Gestalt unter dem weißen Tuch war Icherios vertraut: Merelle Sgund. Bei den beiden anderen musste es sich um die Ghoule handeln. »Es ist kein Blut an den Tüchern«, murmelte Icherios.
    Kolchin umklammerte das Medaillon mit dem Abbild seiner Familie. Icherios nahm all seinen Mut zusammen, stellte seinen Koffer auf einen Tisch und zog die Laken von den Leichen der Ghoule. Beim Anblick der wächsernen, grauen, kopflosen Leiber lief Kolchin grün an und begann leicht zu schwanken. Angespornt durch diese Reaktion, versuchte Icherios, seine eigene Angst zu verbergen, und hob den ersten Schädel an. Er gehörte zu einem Mann, der bereits tot gewesen sein musste, als er abgetrennt wurde: Es klebte kein Blut am Halsstumpf. Seine Iris und das ehemals weiße Augeninnere leuchteten in düsterem Rot. Der Schleier, der sich normalerweise über die Augen von Toten legte, fehlte. Fasziniert studierte er die schwachen Linien im Augapfel. Sein Gesicht näherte sich dem Schädel, bis sie nur noch wenige Zoll trennten. Plötzlich blinzelte der Ghoul. Mit einem lauten Schrei warf Icherios den Schädel in eine Ecke.
    Kolchin presste sich an die Wand. »Was ist los?«
    Icherios zwang sich zur Ruhe. »Es scheint noch Leben in diesen Dingern zu sein. Es hat mich angezwinkert.«
    Kolchin rezitierte das Vaterunser, während er zurückwich und sich zitternd an die Wand drückte. Icherios wandte sich dem leblosen Körper zu. Zuerst schnitt er die Kleiderfetzen von dem Leib. Dabei entdeckte er getrocknetes Blut und zahlreiche Stichwunden im Oberkörper.
    Kolchin nahm seinen Mut zusammen und trat an Icherios heran. »Sie sind ermordet worden, oder?«
    »Offensichtlich hat das Wesen, das die Ghoule erschuf, sich erst das benötigte Rohmaterial beschaffen müssen.« Icherios hob den Oberkörper an und betrachtete den glatten Halsstumpf.
    »Warum hat er nicht die Leichen genommen, die bereits in den Särgen lagen?«
    Kolchin ging zum Fenster. Das fahle Tageslicht regte seine Gedanken an. »Vielleicht braucht man frische Leichen zur Herstellung dieser Monster.«
    »Seid Ihr sicher, dass es sich nicht um die Opfer der Ritualmorde handelt?«
    »Ich habe diese Menschen nie zuvor gesehen.«
    »Gab es irgendwelche Morde in dieser Gegend, von denen ich nichts weiß?« Icherios legte den Oberkörper zurück.
    »Mir ist nichts bekannt.« Kolchin senkte seine Stimme zu einem Flüstern. »Es gibt Gerüchte über Verliese in der Festung, in denen angeblich Menschen gefangen gehalten werden. Wie Vieh sollen sie von Vampiren geschlachtet werden.«
    Icherios holte tief Luft. Es war so leicht zu vergessen, dass unter der kultivierten Oberfläche des Fürsten von

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