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Alchemie der Unsterblichkeit

Alchemie der Unsterblichkeit

Titel: Alchemie der Unsterblichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Pflieger
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behaupten ja auch nicht, dass er der Mörder ist. Kuntz glaubt, dass die Morde nicht von demselben begangen wurden, der die Leichen beseitigt hat. Die Särge waren leer, als sie beerdigt wurden.«
    Eva Kolchin ging zum Kamin und sortierte mit fahrigen Bewegungen das Feuerholz. Der Flurhüter stand langsam auf und folgte seiner Frau. Als er hinter ihr stand, streichelte er ihr liebevoll den Nacken. Sie schüttelte seine Hände unwillig ab. »Woher kamen dann die Ghoule?«
    »Der Mörder muss die Särge später ausgegraben, die Ghoule eingesperrt und wieder begraben haben.«
    Icherios runzelte die Stirn. »Irgendetwas stimmt nicht. Es fühlt sich falsch an.«
    »Belwin lügt nicht!«
    »Der Meister würde auch nicht glauben, dass ein Pfarrer einen Mord begeht, selbst wenn er es mit eigenen Augen sehen würde. Wir sollten uns nicht zu sehr auf ihn verlassen. Zudem wusste Bernsten von der Exhumierung und versuchte sie zu verhindern.«
    »Aber der Meister behauptet doch, dass die Leichen schon vorher verbrannt wurden.«
    »Vielleicht sagt er nicht die Wahrheit.«
    »Warum sollte er?«
    »Um noch mehr Verwirrung zu stiften.«
    »Sein eigener Geist ist zu durcheinander, um sich mit dem Verwirren anderer zu beschäftigen.«
    Das ungute Gefühl, ein wichtiges Detail übersehen zu haben, breitete sich in Icherios aus. »Etwas stimmt nicht.«
    Kolchin schüttelte den Kopf. »Ein mordender Pfarrer. Das ist nicht normal.«
    »Wie könnt ihr Lef nur beschuldigen?« Die hohe Frauenstimme schrillte durch den Raum. Kassandra begann zu weinen. »Er kann sich kaum bücken oder etwas Schweres heben. Wie soll er Leichen schleppen und Gräber ausgraben? Wie soll er Vampire und Werwölfe töten und Ghoule erschaffen?«
    »Vielleicht hatte er Hilfe«, überlegte Kolchin.
    »Das passt nicht zum Mörder. Es sind keine Zwei«, widersprach Icherios.
    »Ein Mörder und jemand, der ihm half.« Der Flurhüter ging zu dem Baby hinüber und beruhigte es.
    Icherios zuckte zweifelnd mit den Schultern. »Das mag sein, aber wir brauchen Gewissheit.«
    Kolchin wandte sich erneut an seine Frau und blickte sie flehend an. »Du musst uns helfen. Nur du kannst uns verraten, ob der Pfarrer der Mörder ist oder nur die Leichen beseitigt hat.«
    Zornig sah sie ihn an. »Gut, aber nur, um Lefs Unschuld zu beweisen. Danach entschuldigst du dich bei ihm.«
    Icherios verstand immer noch nicht, worum es ging.
    Dann bedeutete sie ihm, auf dem Boden vor dem Kamin Platz zu nehmen. Daraufhin holte sie einen Samtbeutel aus einer Kiste hervor. Icherios Finger spielten nervös mit den Fransen des Teppichs.
    »Erzählt niemanden von dem, was Ihr gleich sehen werdet, sonst werden sie mich verbrennen wie sie es mit meiner Großmutter auch getan haben.« Ihre blauen Augen waren weit aufgerissen. Das flackernde Kaminfeuer spiegelte sich in ihnen. Mit dem Beutel in der Hand kniete sie sich vor ihn. Ihr Mann zog einen Stuhl heran und setzte sich in einigem Abstand zu ihnen. Dann stimmte sie einen Gesang in einer fremdartigen Sprache an. Den Beutel schüttelte sie im Rhythmus des Singsangs. Metallisches Klimpern erklang. Icherios hatte von diesem Ritual in einem Buch zur Erkennung von Hexen und Zauberern gelesen. Sie wollte ihm die Zukunft vorhersagen! Das ging zu weit! Irrlichter, Worge, Vampire, Werwölfe und die anderen Kreaturen, denen er begegnet war, waren zumindest real. Für sie bestand die Hoffnung, eine vernünftige, wissenschaftliche Erklärung zu finden. Aber Wahrsagerei! Das konnte er nicht mit sich vereinbaren! »Das ist Zeitverschwendung!«
    Icherios versuchte aufzustehen, doch sie hielt ihn am Arm fest. In ihrer Haltung und Stimme schwang eine ungewohnte Strenge mit. »Sagt das nicht. Meine Großmutter und meine Mutter starben, damit diese alte Kunst nicht verloren geht. Setzt Euch!«
    Zögerlich sank Icherios zurück. Seine Finger verkrampften sich im Teppich.
    »Meistens verraten einem die Münzen mehr über einen selbst als über die Zukunft, was weitaus wichtiger ist. Nichts ist rätselhafter als das eigene Wesen.«
    Sie drückte ihm den hellblauen Beutel in die Hand. »Schüttelt ihn drei Mal, dann legt ihn in die Mitte zwischen uns.«
    Icherios nickte und folgte ihren Anweisungen. Anschließend öffnete Eva den Verschluss, ließ eine Hand hineingleiten, während die andere Icherios’ Finger umklammerte. Sie schloss die Augen und stimmte erneut den Gesang an. Plötzlich sank ihr Kopf nach vorne, das lange, blonde Haar fiel lose über ihre Brust. In fahrigen,

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