Aldebaran
Glückseligkeit.«
Konstantinopel sagte Nedim überhaupt nichts. Aber »Das Tor der Glückseligkeit«, das rief viele gute Erinnerungen in ihm wach. Das erste Bier, die erste Zigarette. Das erste Mal bei den Nutten. All das. »Das Tor der Glückseligkeit«. Er hatte noch keinen schöneren Ausdruck für Bumsen gefunden.
»Ja, das Tor der Glückseligkeit.« Er gluckste vor sich hin, als er Lalla anschaute.
»Was ist daran so komisch?«, fragte sie.
»Nichts, nichts … Du, da unten, das wäre eine Katastrophe.«
»Ach ja?«, meinte sie ausweichend und blinkte. Sie bog links in den Chemin du Vallon-de-l’Oriol und begann, nach einem Parkplatz zu suchen.
Nedim schwebte in höheren Sphären. Er würde Lalla mitnehmen und eine Kneipe wie das Habana in Istanbul aufmachen. In der Brunnenstraße, unterhalb der belebten Yüksek Kaldirim Cadesi. Lalla würde anderen Mädchen beibringen, wie es ging. Und dumme Neger wie diesen Dug gab es überall. Er wäre über Nacht Millionär. Für Aysel würde er ein herrliches Haus bauen. Er würde seine Mutter dort mit ihr wohnen lassen. Damit sie auf Aysel aufpasste. Weil er natürlich nicht oft im Dorf sein würde. Vor allem zu Anfang, wenn das Geschäft anlaufen musste. Später würde er sich nach einem Partner umsehen. Oder einem Geschäftsführer. Ob er Lalla das vorschlagen sollte? Geschäftsführerin zu sein? Eine Frau ist oft ehrlicher als ein Mann.
Als Lalla endlich einen Parkplatz fand, war Nedim von dieser Idee abgekommen. Es gab zu viele Unbekannte in seinem Plan. Lalla zum Beispiel. Er war nicht wirklich überzeugt, dass sie mit ihm gehen würde. Ihm war etwas Einfacheres eingefallen. Lallas Wagen und Papiere schnappen und so schnell wie möglich abhauen. Wenn alles glatt ging, konnte er in drei Stunden in Italien sein. Er müsste sich nur noch vergewissern, ob der Wagen voll getankt war.
Aber warten wir erst mal ab, wie dieser Nachmittag sich entwickelt. Lalla, er, Gaby und Diamantis, wenn er wieder auftauchte. Denn, verdammt, wenn sich vorher die Gelegenheit ergab, dieses Mädchen zu bumsen, wollte er sich das nicht entgehen lassen.
»Kommst du?«, fragte sie.
Gaby erwartete sie am Strand des Propheten. Auf der Terrasse einer Bar. Les Flots-Bleus. Sie trank eine Cola. Der Strand war schwarz von Menschen. Auf dem Sand wie im Wasser.
Sie lächelte Nedim zu. »Gehts wieder nach neulich Nacht?«
Diese Frau zog ihn in ihren Bann. Sie schüchterte ihn ein, machte ihn unsicher. Er fühlte sich wehrlos vor ihr, nackt. »Es geht, es geht«, stammelte er und setzte sich neben sie, plötzlich erschöpft.
Sie lächelte ihn weiter an. »Was willst du trinken? Ich zahle«, fügte sie lachend hinzu.
Der Krieg war vorbei, sagte er sich. Alles war wieder in Ordnung. Dank Diamantis. Dieser verrückte Grieche musste Gaby den Kopf verdreht haben. Anders konnte er sich die Dinge nicht erklären. Er hier, mit den beiden Frauen. Er hatte keinen Sou und wusste nicht, wie er aus dieser verfluchten Stadt rauskommen sollte, aber nun gut, es gab Schlimmeres.
»Das Gleiche. Eine Cola.«
»Du kannst gern einen Gin haben, wenn du willst«, spöttelte sie.
»Das ist vielleicht noch etwas früh, oder?« Er sah auf die Uhr.
»Eine Cola also?«
»Nein, warte, ein Bier. Ja, endgültig, ein Bier.«
»Und du?«
Lalla saß gegenüber von Nedim und war dabei, sich die Lippen nachzuziehen.
»Eine Pfefferminzlimo. Kannst du mal halten, Nedim?«, fragte sie. Sie reichte ihm einen kleinen Spiegel. In der Bewegung berührten ihre Knie die von Nedim. Er zitterte leicht.
»He, nicht wackeln!«, rief sie. Sie steckte ihr Schminkzeug wieder weg und sah ihn verschmitzt an. »Gut so?«
»Super«, bestätigte er.
»Musst nicht böse sein wegen neulich Abend«, kam Gaby wieder zur Sache. »Wir machen nur unsere Arbeit. Wenn wir unseren Umsatz nicht schaffen, gehts uns dreckig.«
»Werdet ihr geschlagen?«
»Was glaubst du denn!«, gab Lalla zurück.
Nedim wandte sich an Gaby. »Aber das«, sagte er und zeigte auf die Narbe, die sich unter dem Auge langzog, »die hast du nicht von deinem Job.« Er brannte vor Neugier. Womit hatte eine so schöne Frau es verdient, dermaßen gezeichnet zu sein. Er wettete immer noch auf einen Messerstich.
»Stimmts, die ist nicht neu?« Mit der Frage hielt er Gaby auf Distanz. Zwang sie, einen anderen Ton anzuschlagen. Er spürte wohl, dass sie ihn verachtete. Daher hatte er keine Hemmungen, den Finger in die Wunde zu bohren.
»Ja, das ist eine andere
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