Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Aldebaran

Aldebaran

Titel: Aldebaran Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Claude Izzo
Vom Netzwerk:
Gesichtsausdruck, der trotz allem nichts preisgab, jetzt, ja, war sie die schönste Frau, die ihm je begegnet war.
    Er umarmte sie und vergrub sein Gesicht in ihren Haaren. Er fand den Geruch wieder, den er die ganze Nacht auf seinem Kopfkissen eingeatmet hatte. Ein Geruch, der bereits zu ihm gehörte.
    Sie sah ihn nicht mehr an. Ihr Blick war auf die Aldebaran gerichtet. Als könnte sie plötzlich auslaufen.
    Diamantis versuchte zu scherzen: »Du hast meine schmutzigen Sachen als Pfand, sogar meine Unterhose!« Er machte sich hastig los, küsste sie flüchtig auf die Lippen und ging Richtung Kontrollposten. Ohne sich umzusehen.
    Er zeigte dem Wächter seinen Passierschein. Der junge Mann musterte ihn. Sein Blick blieb an Diamantis’ Sonnenbrille hängen. Der violette Fleck lugte darunter hervor.
    Diamantis nahm die Brille ab, damit er ihn gründlich ins Visier nehmen konnte.
    »Hübsch«, grinste er und fügte hinzu: »Ich habe eine Nachricht für Sie.«
    Er reichte ihm einen kleinen weißen Umschlag. Auf einer Karte stand von ungeschickter Hand: »14 Uhr. Ich bin im Flots-Bleus, Strand des Propheten. Bis sieben. Komm. Amina.« Amina. Sein Herz begann zu schlagen. Amina. Er drehte sich um und sah, wie Mariettes Wagen davonfuhr.
    Der Wachmann ließ ihn nicht aus den Augen.
    »Wann hat man Ihnen das gegeben?«
    »Vor knapp einer Stunde.«
    »Eine Frau?«, fragte er neugierig.
    Nur um herauszufinden, ob Amina bis hier heraus gekommen war. Er ärgerte sich schon über sich selbst, weil er sie verpasst hatte.
    »Eine junge Frau. Araberin, oder so ähnlich.« Der Wachmann zwinkerte ihm zu, ganz Komplize. »Verdammt gut aussehend obendrein.«
    Diamantis war enttäuscht. »Danke«, sagte er nachdenklich. »Eine junge Frau?«, hakte er nach. »Wie alt?«
    »Zwanzig, kaum mehr. Ihr Freund schien sie gut zu kennen.«
    »Mein Freund?«
    »Der Türke, Sie wissen schon. Der, der zurückgekommen ist. Dieselbe, mit der er abgezogen ist.«
    Diamantis verstand gar nichts mehr. »Warten Sie, sagen Sie das noch mal, langsam.«

17 Noch weit entfernt vom Tor der Glückseligkeit
    Lalla war ziemlich stolz auf sich. Zwar brachte sie nur Nedim mit, aber der andere, dieser Diamantis, den Gaby unbedingt sehen wollte, würde zwangsläufig aufkreuzen, wenn er ihre Nachricht erhielt. Zumindest hoffte Lalla, dass es so ablaufen würde. Jetzt schlichen sich leichte Zweifel ein. Nedim hatte ihr gesagt, dass Diamantis letzte Nacht nicht zurückgekehrt war.
    »Wenn du mich fragst, der hat sich ne flotte Biene geangelt. Wer weiß, er wird heute Nacht wohl wieder auswärts schlafen. Wir kommen auch ohne ihn aus, oder nicht?«
    Er warf Lalla einen Blick zu. Im Profil sah sie ebenso aufreizend aus wie von vorn. Das kam selten vor. Das Profil war entscheidend bei einer Frau. So viele hatte er gekannt, die, kaum wendeten sie den Kopf, nur noch Adlernase oder Spitzkinn zeigten. Lallas Profil hingegen war perfekt von oben bis unten, und Nedim ließ sich nicht das Geringste davon entgehen. Dieses Mädchen verdiente etwas Besseres als das Schummerlicht der Nachtclubs.
    Vor allem hatten es ihm ihre Beine angetan. Sie trug einen schwarzen, engen, superkurzen Rock. Die Bewegung ihrer Oberschenkel, wenn sie bremste oder auf die Kupplung trat, ließ ihn erschauern. Er brannte vor Lust, seine Hand darauf zu legen. Aber er brachte sich zur Vernunft. Scheiße, bloß weil sie gekommen war, ihn abzuholen, konnte er sich nicht alles herausnehmen. Später vielleicht. Bestimmt sogar. Ja, er würde Lalla rumkriegen. Und dieser Spinner Abdul Aziz mit seinem Domino, das konnte er sich heute Nacht in den Arsch stecken.
    Beim Whisky hatten sie noch drei Partien gespielt. Nedim hatte alle drei verloren.
    »Kannst du nicht mal die Klappe halten?«, hatte Abdul gefragt. Nedim redete zu viel, deshalb konnte er sich nicht konzentrieren. Aber Reden war nun mal Nedims zweite Natur. »Wenn wir nicht miteinander reden, wozu können wir dann sprechen, he?«, hätte Nedim am liebsten geantwortet. Aber er schluckte es runter. Abdul spielte, um zu gewinnen, und Nedim, um zu reden. Zwei getrennte Welten. Deshalb wurde Abdul wunderlich. Er sprach wenig und dachte zu viel.
    »Warum hauen Sie hier nicht ab?« Nedim konnte sich die Frage nicht verkneifen. Sie standen am Anfang der vierten Partie.
    »Darum«, antwortete Abdul.
    »Und was sagt Ihre Frau dazu, dass Sie hier rumhängen?«
    »Du gehst mir auf den Wecker, Nedim! Stell ich dir etwa irgendwelche Fragen?«
    »Das ist es ja … Wenn Sie

Weitere Kostenlose Bücher