Alejandro Canches 01 - Die siebte Geissel
sagte Bruce. »Danach wird das keine Rolle mehr spielen.«
»Aber sehen Sie denn nicht, daß es jetzt eine Rolle spielt und weiter eine spielen wird, bis es soweit ist? Es gibt einfach zu viele Möglichkeiten, daß Menschen dadurch zu Schaden kommen. Jetzt wird mein eigener Bodyprint zu Millionen anderen in diesen Computer gefüttert. Ich weiß nicht, ob ich mich jemals wieder sicher fühlen werde.« Sie kreuzte die Arme vor der Brust. »Sie hätten sehr viel mehr über das nachdenken sollen, was Sie taten, bevor Sie es taten.«
Ihre Bemerkung traf ihn, und abwehrend erwiderte er: »Wir haben viel nachgedacht. Wir haben an alles Gute gedacht, das damit erreicht werden könnte. Und wer hat Sie so plötzlich zum Wächter über die Moral der Welt bestellt? Es gibt eine Menge Leute - und einige davon können über diese Sache ein solides, informiertes Urteil abgeben -, die denken, daß Bodyprinting die beste Erfindung seit dem Mikroskop ist. Als wir mitten in der Entwicklung steckten, wußten wir alle, daß wir an einer Technologie arbeiteten, die MRIs und CAT-Scans ersetzen würde. Es war ein sehr aufregender Gedanke, daß wir vielleicht den ganzen Körper würden sehen können, voll, dreidimensional. Wir waren wie ein Haufen Jugendlicher mit einem neuen
Spielzeug. Keiner dachte an das Orwellsche Potential. Das war damals nicht unser Job; dafür hatten wir die Politiker. Wir haben einfach gute wissenschaftliche Arbeit geleistet, um die Zukunft der Medizin für jedermann auf der Welt zu verbessern. Keiner von uns ist jemals auf die Idee gekommen, daß das manchen Leuten heimtückisch vorkommen könnte.«
»Nun, Sie hätten aber daran denken sollen! Sie hätten an die Zukunft denken sollen ...«
Er unterbrach sie. »Mein Gott, Janie, wie sind Sie so hart geworden? Ich kann nicht glauben, wie zynisch Sie geworden sind.« Er streckte die Hand durch die Gitterstäbe, als könne er sie berühren. »Versuchen Sie, es gelassen zu betrachten. Es ist nicht so finster, wie Sie anscheinend denken. Ich weiß, Sie sind verletzt, aber es würde Ihnen vielleicht guttun, es etwas leichter zu nehmen. Bei Ihnen hört es sich an, als stände die Apokalypse vor der Tür.«
Sie senkte den Kopf. »So fühlt es sich meistens auch an.«
»Dann tut es mir doppelt leid, daß Sie das durchmachen mußten. Ich wünschte, ich könnte etwas tun, damit Sie anders empfinden. Aber das kann ich nicht.«
Sie blickte wieder zu ihm auf. »Ich weiß, ich weiß.« Sie fing wieder an, auf und ab zu gehen, bewegte sich in der kleinen Zelle wie eine eingesperrte Tigerin, hin und her; sie haßte die Begrenzung durch die Wände und Gitter. »Mir kommt das alles so bedrückend vor. Meine Zukunft scheint trüb, und all diese Veränderungen lassen sie noch trüber aussehen .«
»Dann denken Sie über folgendes nach«, sagte er, »wenn Sie etwas haben wollen, das hoffen läßt.« Seine Stimme klang jetzt erregt. »Erinnern Sie sich, daß ich ein Projekt erwähnt habe, mit dem Ted und ich anfangen wollten, das, was aufgeschoben worden ist?«
Sie nickte.
»Nun, es basiert direkt auf Informationen, die aus dem Bodyprinting entwickelt wurden. Ich arbeitete an einer Methode, anhand des neuralen Prints eines Individuums künstliche neurologische Impulse maßzuschneidern. Dann können Menschen mit neurologischen Schäden schließlich elektrische Implantate bekommen, die ihre Nerven auf eine spezifische Art so stimulieren, daß sie sich normal bewegen können. So eine Art Schrittmacher, aber für spezifische Nerven. Sie brauchen dann nicht mehr auf Fötaltransplantate zu warten.« Sein Ärger wich allmählich seiner Erregung, und er unterstrich seine Worte mit energischen Handbewegungen. »Wir werden dazu in der Lage sein, weil das Printing uns gestattet, das Nervensys- tem auszusondern, so daß die Impulse zeitlich und in der Stärke präzise angepaßt werden können. Im Augenblick kann ich am Computer Gesichtsbewegungen simulieren. Ich habe ein Bakterium, das auf der Grundlage seines Printings einen dreidimensionalen Jig tanzen kann .«
»O mein Gott, Bruce, ich hätte nie gedacht ...«
»Ich auch nicht, bevor wir die Printdaten aus mehreren Jahren auswerten konnten. Da ist mir eines Tages die Idee gekommen. Ich dachte, wie wär’s, wenn wir diese Information nutzen könnten, um so präzise Impulse auszusenden, daß wir eine Art elektronischer Choreographie machen könnten? Wir könnten Leute für spezifische Bewegungen programmieren, so daß sie bestimmte
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