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Aleph

Aleph

Titel: Aleph Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paulo Coelho
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Anwendung ist streng begrenzt! Der Papst hat erlaubt - nicht befohlen - in Ausnahmefällen Folter anzuwenden. Doch die päpstliche Erlaubnis beschränkt sich nur auf die Ketzer. In diesem so zu unrecht verrufenen Inquisitionsgericht wird die päpstliche Anweisung auf weise, ehrenhafte und besonnene Weise umgesetzt. Nach jeder Denunziation gestehen wir den Sündern stets die Gnade des Sakraments der Beichte zu, bevor das Himmlische Gericht auch noch die letzten Geheimnisse enthüllt. Unsere größte Sorge besteht darin, diese armen Seelen zu retten, und der Inquisitor hat das Recht, ein Verhör anzuberaumen und die notwendigen Methoden festzulegen, die den Schuldigen gestehen lassen. In diesem Zusammenhang wird von Fall zu Fall Folter angewandt, doch nur in der zuvor angesprochenen Form.
    Dennoch beschuldigen uns die Gegner der Göttlichen Herrlichkeit, herzlose Henker zu sein, und übersehen dabei, dass die Inquisition die Folter maßvoll und milde anwendet, ganz anders als die zivilen Gerichte. Folter darf in jedem Verfahren nur ein Mal angewandt werden, daher hoffe ich, dass Du die einzige Gelegenheit, die dir gegeben ist, nicht ungenutzt verstreichen lässt. Wenn Du nicht angemessen handelst, wirst Du das Gericht in Misskredit bringen, und wir werden gezwungen sein, diejenigen freizulassen, die nur auf diese Welt gekommen sind, um den Samen der Sünde auszusäen. Wir sind alle schwach, nur der Herr ist stark. Aber Er macht uns stark, wenn Er uns die Ehre zugesteht, für den Ruhm Seines Namens zu kämpfen.
    Du darfst weder zögern noch irren. Wenn diese Frauen schuldig sind, müssen sie beichten, bevor wir sie der Barmherzigkeit des Herrn überantworten können.
    Und obwohl es das erste Mal ist und Dein Herz von dem erfüllt ist, was Du für Mitgefühl hältst, das aber nichts weiter ist als Schwäche, vergiss nicht, dass auch Jesus nicht gezögert hat, die Händler aus dem Tempel zu verjagen. Der Superior wird es übernehmen, Dir die korrekte Vorgehensweise zu zeigen, damit Du, wenn es in Zukunft an Dir ist, zu handeln, die Peitsche, das Rad, alles, was Dir zur Verfügung steht, benutzt, ohne dass Dein Geist schwach wird. Vergiss nicht, dass es nichts Barmherzigeres gibt als den Tod auf dem Scheiterhaufen. Es ist dies die rechtmäßigste Form der Läuterung. Das Feuer verbrennt das Fleisch, aber es läutert die Seele, die sich dann zur Herrlichkeit Gottes erheben kann.
    Deine Arbeit ist wichtig, wenn die Ordnung erhalten, unser Land die inneren Schwierigkeiten überwinden, die Kirche die durch Frevel bedrohte Macht erhalten und das Wort des Lammes abermals in den Herzen der Menschen widerhallen soll. Manchmal muss man Angst benutzen, damit die Seele ihren Weg findet. Manchmal muss man auf den Krieg zurückgreifen, damit man endlich in Frieden leben kann. Uns kümmert nicht, wie man uns heute beurteilt, denn die Zukunft wird uns richten und unsere Arbeit zu schätzen wissen.
    Und selbst wenn künftige Generationen verkennen, was wir getan haben, und vergessen, weshalb wir gezwungen waren, hart zu sein, damit alle so sanftmütig würden, wie es der Sohn Gottes predigte, so können wir doch darauf vertrauen, dass uns im Himmel die Belohnung erwartet.
    Die Saat des Bösen muss aus der Erde gerissen werden, bevor sie Wurzeln schlägt und wächst. Hilf Deinem Superior, die heilige Pflicht zu erfüllen - ohne Hass gegenüber diesen armen Kreaturen, doch auch ohne Erbarmen für das Böse.
     
    Vergiss nicht, dass es ein weiteres Gericht im Himmel gibt. Vor ihm wirst Du Rechenschaft darüber ablegen, wie Du den Willen Gottes auf Erden erfüllt hast.
     
    F.T.T., O.P.

Glauben, auch wenn alle den Glauben an dich verloren haben
     
    Als ich aufwache, liegt Hilal noch genauso in meinen jLjl Armen wie vor dem Ring aus Licht. Mein Nacken schmerzt von der unbequemen Position.
    »Lass uns aufstehen. Wir müssen etwas erledigen.«
    Hilal dreht sich im Bett auf die andere Seite und murmelt etwas über die Sonne, die in Sibirien zu dieser Jahreszeit verdammt früh aufgehe.
    »Nun komm schon! Wir müssen los. Geh in dein Zimmer, zieh dich an. Wir treffen uns dann unten.«
     
    ***
     
    Der Mann am Empfang gibt mir einen Stadtplan und zeigt mir den Weg. Es sind fünf Minuten zu Fuß. Hilal beschwert sich, weil das Frühstücksbuffet noch nicht geöffnet ist.
    Wir überqueren zwei Straßen, und schon sind wir am Ziel.
    »Aber das ist ja… eine Kirche!«
    Eine Kirche. Genau.
    »Ich hasse es, früh aufzustehen. Und das da mag ich noch

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