Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alera 01 - Geliebter Feind

Alera 01 - Geliebter Feind

Titel: Alera 01 - Geliebter Feind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cayla Kluver
Vom Netzwerk:
Hemd und die ärmellose braune Tunika eines typischen hytanischen Dorfbewohners, und wenn ich nicht gewusst hätte, dass er Cokyrier sein musste, hätte ich es ihm nicht angesehen. Er hatte nichts an sich, was ihn von all den anderen Männern vom Land unterschied, die man in den Straßen und Läden unseres Reiches sah.
    Ich schlich hinter Miranna und bewegte mich geduckt an der Hecke entlang, um den Mann zwischen den beiden großen Wachleuten besser sehen zu können. Als das Tor geschlossen wurde und Cannan sich anschickte, seine Leute weiterzuführen, erhaschte ich einen deutlicheren Blick auf das Gesicht des Gefangenen und musste nach Luft schnappen, denn es handelte sich nicht um einen Mann, sondern um einen Jungen. Er hielt denKopf sehr gerade, wohl um zu zeigen, dass er keine Angst hatte, doch seine Augen, die hektisch zwischen den Wachen an seiner Seite und Cannan, der vor ihm ging, hin und her glitten, verrieten sein Unbehagen. Er besaß dichtes Haar in verschiedenen Goldtönen, das die Sonne offenbar unregelmäßig ausgebleicht hatte. Es war ungefähr kinnlang, und der etwas kürzere Pony fiel ihm dauernd in die Stirn.
    Miranna war offenbar ebenso erstaunt wie ich und kauerte sich dicht neben mich.
    »Der kann ja nicht älter sein als ich!«, rief sie.
    Meine Augen wanderten über die Soldaten, und alle Gedanken an den jungen Cokyrier waren schlagartig vergessen, als ich den leichten, aber zugleich sicheren Schritt, die muskulöse Gestalt, die beiden Messer mit den Doppelklingen an der Hüfte und das widerspenstige silberne Haar sah, das ihm in die Stirn fiel, wobei die eine oder andere Locke vor den geheimnisvollen, indigofarbenen Augen hing. Es war London, der da an der Spitze des halben Dutzends Soldaten marschierte, als wäre er einer von ihnen.
    »Was macht er denn hier?«, fragte ich laut, aber mehr an mich selbst als an meine Schwester gerichtet.
    »Wer?«, wollte Miranna wissen, denn sie war offensichtlich zu gefesselt vom Anblick des jungen Cokyriers, um irgendetwas anderes zu bemerken.
    »London«, antwortete ich und zeigte in seine Richtung.
    Mirannas Blick folgte der unsichtbaren Linie, die von meinem ausgestreckten Finger zu meinem ehemaligen Leibwächter führte, und Erstaunen breitete sich auch auf ihrem Gesicht aus.
    »Was um alles in der Welt tut er hier?« Sie klang ebenso verwirrt.
    Da wir keine Antwort erhielten, wandten wir unsere Aufmerksamkeit wieder den näher kommenden Soldaten zu. Als ich den Gefangenen erneut musterte, fielen mir zum ersten Mal seine Augen auf. Sie waren stahlblau und verliehen seinem Blick Schärfe und Intensität. Im Kontrast zu seinem strahlend jugendlichen, sonnengebräunten Gesicht blickten seine Augen kalt und feindselig. Sie ließen vermuten, dass er schon einiges von der Welt gesehen hatte und jetzt mit dem Schlimmsten rechnete.
    Ich duckte mich, als der Trupp an uns vorüberzog, und beobachtete, wie auch London auf den Palast zusteuerte, ohne mich zu bemerken. Das löste eine unerwartete Flut von Gefühlen aus, die mich zu überwältigen drohte – Bedauern, Schuld, Trauer, Scham und Liebe zu dem Mann, der da so dicht an mir vorüberging. Der Impuls, einfach auf ihn zuzulaufen, war wieder da, und ich musste den Blick abwenden, während Miranna ihnen nachsah, bis der letzte Soldat hinter den dicken hölzernen Palasttoren verschwunden war.
    »Neugierig, was es mit London auf sich hat?« Destaris tiefe, dröhnende Stimme ließ uns zusammenzucken, und wir fuhren herum, um festzustellen, dass die beiden stellvertretenden Hauptmänner hinter uns kauerten.
    Als ich in einem Baum seltsame schrammende Geräusche hörte, drehte ich den Kopf und sah Tadark aus einer Eiche fallen und unsanft auf seinem Hinterteil landen. Er stöhnte laut auf und wurde von Orsiett ermahnt, der auf ihn zuging.
    »Wolltest du dich da oben mit ein paar Eichhörnchen anfreunden?«, neckte Halias ihn und seine blauen Augen blitzten schelmisch.
    »Nein«, erwiderte Tadark schmollend. »Ich wollte nur besser sehen, was da vor sich ging.«
    »Ah, ich verstehe!« Halias lachte laut. »Du bist kein Leib-, sondern ein Landschaftswächter!«
    »Halias, wir haben das die ganze Zeit über nicht begriffen«, griff Destari den Scherz sogleich auf. »Wir sollen gar nicht die königliche Familie beschützen, sondern das königliche Blattwerk!«
    Tadarks Wangen glühten und er murmelte verbittert: »Lasst mich bloß in Ruhe, ihr habt euch auf meine Kosten schon genug amüsiert.«
    Ich beobachtete

Weitere Kostenlose Bücher