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Alera 02 - Zeit der Rache

Alera 02 - Zeit der Rache

Titel: Alera 02 - Zeit der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cayla Kluver
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darüber, dass er mehr hätte tun müssen, um seinem Herrn und Meister in den Arm zu fallen.
    »Dann schritt er die Reihe ab«, sagte Temerson tonlos, »brachte alle Männer dazu, aufzuschreien und hinzustürzen. Er metzelte sie mit einer unsichtbaren Waffe nieder. Bei den meisten ging es schnell. Sie starben praktisch auf der Stelle im Zuge seiner Machtdemonstration. Der Einzige, den er …«
    Temersons braune Augen suchten kurz die des Hauptmannes, und seiner undurchdringlichen Miene zum Trotz wusste Cannan, was der Junge sagen würde.
    »Er erkannte Euren Bruder, Sir. Er hielt Baelic kurz für Euch. Narian korrigierte ihn, sagte, dass er sich irre. Doch die Verwandtschaft war ja offensichtlich, und …«
    »Er ließ sich bei ihm Zeit«, beendete Cannan den Satz mit versteinertem Gesicht. Seine Augen waren allerdings verändert, glühten in einem Zorn, wie ich ihn noch nie gesehen hatte. Sein Bruder war wegen einer unglückseligen familiären Ähnlichkeit schrecklich bestraft worden, wegen Cannans Rang und weil Cannan nicht dort gewesen war, um die Rache selbst über sich ergehen zu lassen. Das Erste und Beherrschende im Blick des Hauptmannes war Zorn, aber dort brannten auch Schuld und Trauer, die kein anderes Ventil fand. Wie vermochte er sich nur derart im Zaum zu halten?
    Ich hatte eine Hand vor den Mund geschlagen und Tränen liefen mir über die Wangen, während ich mit dieser fürchterlichen Nachricht rang.
    »Nicht Baelic«, stieß ich hervor. »Das ist so falsch, nicht Baelic, er kann nicht … er darf nicht …«
    Der Onkel, den ich doch erst seit wenigen Monaten hatte, konnte einfach nicht tot sein. Unmöglich, sich seinen leblosen Körper vorzustellen. Bestimmt konnte nichts sein dauerndes Lächeln, die Liebe zu seiner Familie, seine hoffnungslose Zuneigung zu den Pferden, die Lania so widerstrebend tolerierte, auslöschen. Was würden Lania und die Kinder ohne ihn machen? Es war einfach unfassbar, dass jemand, der so dringend gebraucht wurde, tot sein sollte. Und der Overlord hatte keinen Gedanken darauf verschwendet, keinen einzigen. Ihn scherte weder die Familie, die er zerstört hatte, noch der wundervolle Mann, dem er ungerechtfertigt das Leben genommen hatte.
    Galen, den Baelic wie Steldor als Neffen behandelt hatte, war blass geworden und biss die Zähne zusammen. Er sah zu Cannan hin und bemühte sich, es mit dessen unglaublicher Tapferkeit aufzunehmen. Ich spürte, dass er sich instinktiv am liebsten aus unserem Kreis zurückgezogen hätte, um allein zu sein, aber er widerstand diesem Drang, nahm sich ein Beispiel an Cannan und kämpfte seine Gefühle nieder.
    »Ich – ich lief davon, als es vorbei war«, sagte Temerson, starrte in die Tiefen der Höhle und schien sich am liebsten dort verkriechen zu wollen. »Der Overlord sah es, aber er lachte nur und sagte seinen Soldaten, sie sollten mich laufen lassen, ich sei doch nur ein Kind. Das Nächste, woran ich mich erinnern kann, ist, dass London mich gefunden hat.«
    Als er mit seinem Bericht fertig war, stand Temerson auf, und als niemand Anstalten machte, ihn zurückzuhalten, nahm er Miranna bei der Hand und die beiden wankten zurück in die Ecke der Höhle.
    »Gib ihm etwas für ein Lager«, sagte Cannan mit heiserer Stimme zu Galen und deutete mit dem Kopf in Temersons Richtung. Irgendwie wusste ich, dass er das tat, um den Haushofmeister an unsere gegenwärtigen Lebensumstände zu erinnern, an die Notwendigkeit von Disziplin. Es war eine seltsame Form von Trost.
    Galen nutzte die Gelegenheit, um ein wenig für sich zu sein, doch ich fürchtete mich vor dem Alleinsein. Gesichter kamen mir in den Sinn, jeder einzelne der Ermordeten, und das machte diesen Albtraum noch unerträglicher: Baelic natürlich, Baron Rapheth, Tiersias Vater, Temersons Vater, Lord Garreck, Tadark und all die anderen Elitegardisten. Und die drei, die sich freiwillig zum Verhör ausgeliefert hatten – der unbekümmerte und hingebungsvolle Halias, der stoische und zuverlässige Destari, Londons bester Freund, und der selbst unter schwierigsten Bedingungen stets loyale Casimir. Sie alle würden umsonst leiden, denn keiner von ihnen würde unser Versteck verraten. Und die vielleicht schlimmste Vorstellung war, dass seit der Massenexekution nun schon einige Tage vergangen waren, in denen die Familien diese unbeschreibliche Trauer zu erdulden hatten. Auch konnten inzwischen weitere Gräueltaten begangen worden sein, wie etwa der Tod der Männer, die aus der Reihe der

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