Alera 02 - Zeit der Rache
aufhielten?
»Vergleichbare Kontrollposten werden auch an den Stadttoren eingerichtet«, fuhr Cannan fort und wandte sich an den Waffenmeister. »Marcail, ich überlasse es Euch, Eure Männer zu informieren und einzuweisen.«
»Jawohl, Sir.«
»Gut. Als Letztes werde ich nun noch stellvertretende Hauptmänner zu persönlichen Leibwächtern aller Mitglieder der Königsfamilie ernennen. Destari, Ihr kehrt auf den Posten als Leibgardist von Königin Alera zurück. Davan und Orsiett, Ihr wacht über König Adrik und Lady Elissia. Euch, Casimir, teile ich dem König zu.«
Steldor, der sich offenbar nicht zu den Mitgliedern der Königsfamilie gerechnet hatte, richtete sich kerzengerade auf und wollte sogleich protestieren.
»Was –?«
»Nein«, unterbrach der Hauptmann ihn und hob warnend einen Finger, ohne auch nur einen Blick auf seinen Sohn zu werfen. Steldor schien verdutzt, ließ sich aber wieder in seinen Stuhl sinken und versuchte nicht einmal mehr zu argumentieren.
»Damit gilt diese Zusammenkunft als beendet«, verkündete Cannan und erhob sich. An Galen und Marcail gewandt fügte er noch hinzu: »Ich erwarte bis zum Ende des heutigen Tages, Eure Berichte zu hören.«
Steldor und ich verließen den Besprechungsraum als Erste. Gefolgt von Destari und Casimir, die bereits ihren neuen Aufgaben nachkamen. Casimir war ein stoischer Charakter, und ich wusste, dass er versuchen würde, im Hintergrund zu bleiben. Trotzdem vermochte ich nicht vorherzusehen, wie Steldor darauf reagieren würde, dass ihm stets ein Schatten folgte. Schon als wir den Thronsaal durchquerten, warf mein Gemahl immer wieder grimmige Blicke über seine Schulter.
Auch wenn er nicht ganz so hochgewachsen war wie sein Kamerad und die meisten anderen Elitegardisten, so war Casimir doch so groß wie mein Gemahl und besaß die muskulöse Gestalt eines Soldaten. Er hatte braunes Haar – nicht so schwarzbraunes wie Steldor, aber dunkleres als Galen – und rauchgraue Augen. Er war auch jünger als Destari, London und Halias, doch ich kannte ihn nicht besonders gut, weil er meist in Cannans Auftrag andere Königreiche bereist hatte.
Ich stieg bereits die ersten Stufen der Prunktreppe hinauf, als ich merkte, dass Steldor an ihrem Fuße stehen geblieben war.
»Ich muss noch ein paar Dinge mit meinem Vater besprechen«, erklärte er, und ich fragte mich, ob er auch die Notwendigkeit eines eigenen Leibwächters noch einmal ansprechen würde.
Das nervöse Flattern meines Magens bei dem Gedanken daran, dass er mich verlassen könnte, erstaunte mich. Ich holte tief Luft, ermahnte mich selbst zur Vernunft, konnte mein anfängliches Unbehagen aber nicht unterdrücken. Daran änderte sich auch nichts, als ich ihm steif zunickte. Er machte einen Schritt auf mich zu und strich mir eine Locke hinters Ohr. Offenbar sah er mir meine Gefühle deutlich an. Ich schloss die Augen, als er mich berührte, und versuchte, etwas von seiner Zuversicht in mich aufzunehmen. Dann war er fort und Casimir mit ihm.
Ich warf Destari einen Blick zu und eilte die restlichen Stufen hinauf, weil ich den mitleidigen Blick seiner tintenblauen Augen nicht ertrug. Ich wollte kein Mitleid. Von niemand. Vielmehr wollte ich, dass alle so taten, als sei nichts geschehen, als sei das eine einzige Scharade. Ich hasste jeden bedauernden Blick, weil er mich schmerzhaft daran erinnerte, dass dieser Schrecken Realität war. Daran, dass meine Schwester sich in Cokyri befand, wo die Hohepriesterin und der erbarmungslose Overlord herrschten. Ihnen war Miranna jetzt auf Gedeih und Verderb ausgeliefert.
Destari blieb an der Tür zum Salon stehen und schien nicht zu wissen, ob er hereinkommen sollte, damit ich nicht allein wäre, und so bat ich ihn näher zu treten. Ich war zwar nicht zum Reden aufgelegt, aber meine Furcht war wohl offensichtlich. Miranna war gegen ihren Willen aus unserem wohlbehüteten und vermeintlich unantastbaren Zuhause verschleppt worden. Wer konnte mir garantieren, dass mir nicht das gleiche widerfuhr? Gab es irgendeinen Ort, der für den Feind unerreichbar war?
Ich zog mich in mein Schlafgemach zurück und ließ Destari im Salon zurück. Dann schloss ich die Tür und die schweren Vorhänge, um das Tageslicht auszusperren. Schließlich ließ ich mich aufs Bett fallen und kroch, ohne mein Kleid auszuziehen, unter die Decken. Dort blieb ich stundenlang und fiel immer wieder in Schlaf. Am liebsten hätte ich die ganze Welt ausgesperrt, um nicht ein Teil dieses Wahnsinns
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